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Das ist die Statue von König Sejong, welcher wegen seinen Bemühungen hoch angesehen ist. So beobachtete ich die Frau im Bild wie Sie sich mehrfach vor der Figur verbeugte. (Foto: EMS/Zobel)
Das ist die Statue von König Sejong, welcher wegen seinen Bemühungen hoch angesehen ist. So beobachtete ich die Frau im Bild wie Sie sich mehrfach vor der Figur verbeugte. (Foto: EMS/Zobel)
29. Oktober 2022

"Hangeul" - Das andere Alphabet

Christine

Christine

Südkorea
Kirchliche Jugend- und Gemeindearbeit
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Oder meine Beobachtungen rund um Sprache hier

„저는 한국어를 저금에 말할 수 있어요“ – „Ich kann ein bisschen Koreanisch sprechen“, das ist neben meinem Namen einer der ersten Sätze, die ich sage, wenn ich mich neuen Menschen hier in Seoul vorstelle. Auf die Frage, woher ich denn Koreanisch kann, erkläre ich dann, dass ich gerade in einer Koreanisch-Academy Unterricht habe. Und leider endet dann auch langsam meine Fähigkeit, das Gespräch auf Koreanisch weiterzuführen, bis jetzt zumindest.

Die Landessprache zu lernen, ist auf jeden Fall ein großer Teil meines Freiwilligendienstes und ist mir persönlich auch sehr wichtig. Ich bin der Meinung, dass man nur dann wirklich tiefer in eine Kultur eintauchen kann, wenn man sich mit ihrer Sprache auseinandergesetzt hat. Außerdem denke ich, dass ich als Gast die Verantwortung habe, mich verständigen zu können. Ich kann nicht einfach erwarten, dass alle Leute, mit denen ich in Kontakt komme, Deutsch oder Englisch sprechen. Bis ich dieses Ziel erreicht habe, dauert es noch etwas - und deswegen freue ich mich gerade über jedes Restaurant, dessen Speisekarte übersetzt ist.

Und das ist durchaus oft der Fall. Genauso sind auch alle Straßenschilder, soweit ich beobachten konnte, sowohl in „Hangeul“ (dem koreanischen Alphabet) als auch den lateinischen Buchstaben geschrieben. Das gleiche gilt auch für die U-Bahn. Dort werden sogar die Stationen oft in Englisch und Koreanisch angesagt, übrigens auch teilweise in Japanisch und Chinesisch. Wenn man durch die Straßen in Seoul geht, sieht man, natürlich je nach Viertel, oft leuchtende Geschäftsschilder, viele auch in lateinischen Buchstaben. Wie viel Englisch man aber wirklich lesen kann, hängt auch davon ab in, welchem Teil von Seoul man ist. So soll der Anteil von Ausländer:Innen, zum Beispiel in Itaewon und Hongdae viel größer sein. Das sieht man auch an den Geschäften, wurde mir erklärt. Dafür bin ich in meinem U-Bahnabteil auf dem Weg zu meinen Koreanischstunden eigentlich immer die Einzige, die vom Äußerlichen her keine südostasiatischen Wurzeln hat. Das fiel mir am Anfang schon ziemlich auf. Ein bisschen hatte ich das Gefühl, nicht so ganz dazuzugehören. Als ob jeder wüsste, dass ich hier neu bin und nicht so richtig weiß, wie alles funktioniert.

Doch soll es in diesem Blogeintrag um die koreanische Sprache gehen. Und obwohl ich gerade erklärt habe, wie viele Dinge in Seoul übersetzt werden, würde ich allen raten, die eine längere Zeit in Südkorea verbringen, „Hangeul“, das koreanische Alphabeth, zu lernen. Das ist eins meiner absoluten Lieblingsdinge der koreanischen Sprache und auf jeden Fall der einfachste Teil. Und das sage ich jetzt nicht einfach nur so. Das koreanische Alphabet ist dafür bekannt, sehr logisch und verständlich aufgebaut zu sein. Man soll in der Lage sein, es in nur einem Tag zu lernen.

„한글“ (Hangeul) oder damals  „훈민정음“ (Hun-min-dscheong-eum) wurde 1443 von König Sejeong erstellt, um es allen Koreanern zu ermöglichen, sich auch schriftlich auszudrücken. Auch wenn Koreanisch als Sprache unabhängig vom Chinesischen gesprochen wurde, gab es keine eigenen Schriftzeichen, weswegen chinesische Schriftzeichen benutzt wurden. Diese sind zum einen sehr viel komplizierter, zum anderen war es schwierig, die koreanischen Grammatikstrukturen mit einem fremden Schriftsystem darzustellen. Die Folge war, dass ein Großteil der damaligen koreanischen Bürger:Innen nicht Lesen oder Schreiben konnte. Bis König Sejeong es zu seiner Aufgabe machte, dies zu ändern und ein simples und gut verständliches Alphabet für die koreanische Sprache zu entwickeln.

한글 ist also noch ein relativ junges Sprachsystem. Es ist außerdem das einzige Sprachsystem, dessen Entstehungsdetails, also wie, wann und durch wen es erstellt wurde, in einem Buch vollständig schriftlich festgehalten wurden, welches deswegen zum UNESCO Weltkulturerbe zählt. Dieses Buch ist im „National Hangul Museum“ ausgestellt. Der Eintritt ist kostenlos und meiner Erfahrung nach auf jeden Fall einen Besuch wert!

Aber genug nur geredet. Ich kann euch ja schlicht zeigen, wie einfach das Ganze ist.

„Herzlich willkommen zu meiner kleinen 한글 – Stunde!“

Zu den Basics: Generell gilt, dass ein Schriftzeichenblock jeweils eine Silbe darstellt, diese ist wie folgt aufgebaut: Konsonant – Vokal – Konsonant. Vokale sind die vertikalen oder horizontalen Striche und Konsonanten die anderen Formen neben oder darunter/darüber. Jeder Vokal oder Konsonant steht für einen Laut. Hier sind die Vokale:

ㅏ=A, ㅜ=U, ㅗ=O (wie in Ofen), ㅓ=O (wie in och), ㅣ=i, ㅐ/ㅔ= E/Ä

Und wenn man denen jeweils einen zweiten kleineren Strich hinzufügt, wird jedem Vokal einfach ein J vorangestellt: ㅑ=JA, ㅠ=JU, ㅛ=JO (wie in Jodeln), ㅕ=JO (wie in Joschua) ㅒ/ㅖ=JE/JÄ

Logisch, oder? Wo wir gerade dabei sind, können wir ja gleich noch ein paar Konsonanten lernen:

ㅎ=H, ㄴ=N, ㄱ=G,ㅋ=K ㅅ=S, ㅍ=P, ㄹ=L/R ㅈ=dsch, ㅁ=M,

So, und jetzt kann man schon anfangen, damit zu schreiben oder etwas vorzulesen. Da 한글 Laute abbildet, kann man damit mehr oder weniger gut auch andere Sprachen darstellen. So gibt es viele Leihwörter aus dem Englischen, die einfach nur ein bisschen „koreanischer“ ausgesprochen werden. Zum Beispiel 콜라 (Cola) 프린터 (Printer) 팬 (Pen) 카메라 (Camera).

Man sieht also hier, dass Korea genauso wie auch Deutschland in der Sprache vom Englischen beeinflusst wird. Englisch wird hier auch in der Schule als erste Fremdsprache gelernt, danach kommt oft entweder Spanisch, Chinesisch oder Japanisch. Lustigerweise war es vor ca. 50 Jahren gar nicht so unüblich, Deutsch als zweite Fremdsprache zu lernen. So sagte mir letztens ein lieber Herr im Waschsalon alle bestimmten deutschen Artikel auf, nach dem ich ihm erklärte, dass ich aus Deutschland komme. Da ich noch nicht so viel Smalltalk mit unterschiedlichen koreanischen Personen hatte, war das eine wirklich schöne Begegnung.

Denn sonst steht da eine Sprachbarriere im Weg. Einer der Pastoren, welcher mit mir an meinem zweiten Tag zusammen unterwegs war, erklärte mir, dass Englisch zu sprechen durchaus schwierig für manche Koreaner:Innen ist. Auch wenn es in der Schule gelernt wird, fehlt es manchen einfach an der Übung des Redens. Was ich sehr gut nachvollziehen kann. Ich habe auch immer wieder Schwierigkeiten, wirklich Koreanisch zu reden, weil ich Angst habe, Fehler zu machen oder dann doch nicht verstanden zu werden. Auf der anderen Seite habe ich schon verschiedene Personen kennen gelernt, mit denen es kein Problem war, auf Englisch zu kommunizieren. Ob das Jugendliche aus einer Kirche, Studierende oder Pastor:Innen waren, die extra für mich Gesagtes übersetzten oder mit denen dann zusammen überlegt wurde, wie man etwas am besten erklären kann.

Und mir wurde auch schon mit Papago (Übersetzungsapp) von einem Kellner gezeigt, dass das Restaurant auf zwei Stockwerke verteilt ist und ich nicht unten warten muss, bis ein Platz frei wird.

Und damit verabschiede ich mich für dieses Mal wieder von euch.
안녕히 계세요. Bleibt wohl behütet!

Christine

 

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Das sind die Originalbuchstaben von damals, welche sich aber bis in die heutige Zeit etwas verändert haben. Allerdings sieht man bei den Konsonanten, wenn man von oben nach unten liest, die systematische Erstellung. (Foto: EMS/Zobel)
Das sind die Originalbuchstaben von damals, welche sich aber bis in die heutige Zeit etwas verändert haben. Allerdings sieht man bei den Konsonanten, wenn man von oben nach unten liest, die systematische Erstellung. (Foto: EMS/Zobel)
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Das ist eine Doppelseite aus dem "Hun-min-dscheong-eum", dem Buch, dass "Hangeul" und dessen Entstehung erklärt. (Foto: EMS/Zobel)
Das ist eine Doppelseite aus dem "Hun-min-dscheong-eum", dem Buch, dass "Hangeul" und dessen Entstehung erklärt. (Foto: EMS/Zobel)

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