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14 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

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Blick in den Innenhof des Hostels. (Foto: EMS/Janke)
11. November 2016

Vom Leben im Hostel

Paula J.

Paula J.

Indien
absolviert ihren Freiwilligendienst in einem Internat
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Und plötzlich bin ich mittendrin im Alltag.

Seit zwei Monaten lebe ich nun schon im Holy Cross Boarding Home for Girls in Nandyal. Ich habe mich eingelebt und meinen Platz hier gefunden. Deshalb dachte ich, es wäre an der Zeit euch meine Einsatzstelle näher vorzustellen.

Circa 80 Mädchen leben hier, im Alter von acht bis 21 Jahren, die meisten kommen aus armen Familien, werden von der Kindernothilfe unterstützt und haben deutsche Pateneltern. Das Hostelgebäude ist U-förmig um einen Innenhof aufgebaut, in direkter  Nachbarschaft befinden sich die Holy Cross High School und Elementary School, alles kirchliche Einrichtungen, genauso wie das Hostel. Der Tag beginnt für die Mädchen sehr früh, um 5 Uhr morgens. Nach dem Aufstehen, Anziehen und Waschen steht als erstes die morning church auf dem Programm, zu der alle in die benachbarte Holy Cross Cathedral gehen. Danach gibt es Frühstück, auch ich stehe nun auf, esse entweder mit den Mädchen im großen Gemeinschaftsraum oder im Haus der Warden Bhagya, wenn sie mal wieder leckere Dosa (Pfannkuchen aus Reismehl) oder andere leckere Sachen für mich gekocht hat.

Nach dem Frühstück findet für die jüngeren Mädchen - die in die Grundschule oder High School gehen - eine study time statt, in der sie ihre Hausaufgaben machen oder lernen können. Ich setze mich mit der englischen Zeitung dazu. Die älteren Mädchen, die ins College gehen, können sich ihre Lernzeiten frei einteilen und nutzen die Zeit bis zum Schulbeginn um sich in aller Ruhe fertigzumachen. Wenn alle dann in der Schule oder im College sind, was gegen 10 Uhr der Fall ist, kehrt Ruhe im Hostel ein. Ich trinke mit Bhagya einen Tee, schaue ob ich ihr im Office helfen kann oder habe Zeit für mich, die ich oft zum Wäsche waschen oder aufräumen nutze. Dann schaue ich, was der Morgen so bringt, helfe im Office, bin mit Bhagya unterwegs und lerne, wie viel Arbeit es ist, ein Hostel zu führen.

Nachmittags habe ich jetzt angefangen, in der Schule mitzuhelfen. Ich gehe in die 6. und 8. Klasse mit, manchmal beobachte ich nur den Unterricht, dann beaufsichtige ich eine Klasse, wenn sie Hausaufgaben machen sollen. Bald soll ich auch anfangen, selbst Englisch zu unterrichten, worauf ich schon sehr gespannt bin. Gegen 5 Uhr, wenn alle Mädchen zurück ins Hostel kommen, wird es laut. Alle wollen mir erzählen, wie ihr Tag war und wollen wissen, was ich gemacht habe. Viel Zeit bleibt jedoch nicht, da jedes Mädchen eine Aufgabe zu erledigen hat, wie etwa den Hof kehren oder die Waschräume putzen. Vor einigen Wochen wurde auch ein kleiner Garten angelegt, in dem nun einige Gemüsesorten wachsen, die natürlich auch gegossen werden müssen. Auch die Kleidung muss gewaschen werden und im Box-Room, in dem die Mädchen ihre persönlichen Sachen aufbewahren, muss oft aufgeräumt werden.

So vergeht die Zeit ziemlich schnell, denn um 18:30 findet schon die Prayer time statt, zu der alle wieder in den Gemeinschaftsraum kommen. Dieser wird hier für fast alles genutzt: Schlafen, Essen, Beten, Lernen und Spielen. Es werden lauthals Lieder gesungen, Bibelstellen vorgelesen und dann wird zusammen gebetet. Danach, mittlerweile ist es schon dunkel geworden, sind alle ziemlich hungrig und warten auf das Abendessen, doch vorher ist noch ein bisschen Zeit, die ich nutze um mit den Mädchen zu spielen. Auch Rapha (6 Jahre), der Sohn von Bhagya, kommt oft dazu und wird als "Hahn im Korb" natürlich von allen geliebt und vergöttert. Nach dem Abendessen findet dann noch einmal eine study time statt, bei der ich vorallem den Schülern, die auf eine "Englisch-Medium-School" gehen (alle Fächer werden hier auf Englisch unterrichtet), helfen kann, da die meisten anderen Mädchen nicht sehr gut Englisch sprechen können und somit bei Fragen nicht helfen können. 

Hier in Indien ist von Montag bis Samstag Schule, so ist bis auf den zweiten Samstag im Monat der Sonntag der einzige freie Tag für die Mädchen. An diesem kann jeder machen was er will. Nachdem alle entweder in der Kirche oder in der Sunday School waren, bekommen viele Besuch von ihren Familien. Andere ruhen sich aus, erzählen oder spielen zusammen. Auch ich nutze diesen Tag, um mit den Mädchen Zeit zu verbringen und besonders mit den Grund- und High School Mädchen, die unter der Woche wenig Zeit haben, zu spielen. Seilspringen ist sehr beliebt oder Federball in einer improvisiertem Form (da keine Schläger vorhanden sind benutzen wir Schultafeln). Manchmal wird auch gebastelt, so sind wir gerade dabei, aus bunten Plastikschnüren Taschen zu "flechten" und Tücher zu bemalen, die bald bei einem Kirchenbasar verkauft werden.

Oftmals ist die Kommunikation sehr schwierig, da die jüngeren Mädchen fast kein Englisch können. Das hält sie jedoch nicht davon ab, wild auf mich in Telugu (ihrer Muttersprache) einzureden und irgendwie schaffen wir es immer uns zu verstehen. Mittlerweile habe ich mir auch das typisch indische Kopfwackeln angewöhnt, dass hier (anstatt des Nickens) für "Ja" steht und erkenne die Gesten für Essen, Trinken und "Komm her", die sich von den deutschen unterscheiden. So kommunizieren wir mit Händen und Füßen, und wie heißt es nicht: "Ein Lächeln sagt mehr als tausend Worte."

Letztens hatte ich die Möglichkeit, an einem Projekt meines Hostels teilzunehmen. Zusammen mit dem "Boys Hostel" und einer kirchlichen Schule in Nandyal wird vier mal im Jahr das sogenannte "Community Outreach Program" veranstaltet. Dies ist ein Aufklärungsprogramm, das in den Dörfern rund um Nandyal stattfindet und Themen wie Kinderarbeit, Kinderehe und HIV/AIDS behandelt. So sind wir an einem Abend in ein Dorf gefahren (den Namen habe ich leider schon wieder vergessen) und mehrere Personen haben einen Vortrag zum Thema Kinderehe gehalten und an die anwesenden Frauen appelliert, dass sie ihre Mädchen nicht verheiraten, bevor deren Ausbildung beendet ist. Gerade in Andhra Pradesh, dem Bundesstaat in dem ich lebe, ist dies ein wichtiges Thema, den hier ist die Rate der Analphabeten besonders hoch und viele Kinder, gerade Mädchen beenden frühzeitig ihre Schulausbildung und besuchen oft nur die Grundschule. Auch bei mir im Hostel habe ich schon mit einem älteren Mädchen über dieses Thema gesprochen, die mir erzählt hat, dass viele Menschen in ihrem Dorf es nicht verstehen, dass sie nach der High School nicht gleich geheiratet hat, sondern nun ins College geht. Gerade auf den Dörfern ist dies ein großes Problem, deswegen finde ich es sehr gut und wichtig, dass es Projekte wie das meines Hostels gibt. So, das war es nun erstmal von mir aus Nandyal, ich hoffe dieser Beitrag hat euch gefallen und ihr wisst nun ein bisschen mehr Bescheid über mein Leben und was ich so den ganzen Tag mache. 

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Morgendliche study time - die meisten Mädchen tragen ihre Schuluniform. (Foto: EMS/Janke)
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Vor einigen Wochen erst gepflanzt, kann nun schon das erste Gemüse geerntet werden. (Foto: EMS/Janke)