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Der Blick vom "Namsan", wörtlich dem "Südberg" (Foto: EMS/Zobel)
Der Blick vom "Namsan", wörtlich dem "Südberg" (Foto: EMS/Zobel)
12. Oktober 2022

Auf ins Großstadtleben

Christine

Christine

Südkorea
Kirchliche Jugend- und Gemeindearbeit
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Oder was meine erste Woche in sich hatte

Hallo und 안녕하세요 jetzt endlich aus Korea!

Ich sitze gerade in meiner ersten temporären Bleibe im 12. Stock und kann mit jedem Blick aus dem Fenster erkennen, dass ich mitten in einer Millionenstadt lebe. Und das für die nächsten 10 Monate!
Die letzte Woche war vor allem vom Einleben und Gewöhnen an das Großstadtleben geprägt. Ich fahre jetzt erfolgreich U-Bahn fast überallhin. Mein bester Freund ist dabei KakaoMap. Das ist quasi Google Maps, allerdings funktioniert es hier in Korea viel besser. Die Routine, die mich den ersten Monat begleiten wird, ist mein koreanischer Sprachkurs in meiner „Hakwon“ (Sprachschule). Jeden Tag von 10 – 13 Uhr lerne ich dort mit 12 anderen Menschen aus der ganzen Welt koreanisch. Eine Sache, für die ich dankbar bin und auf die ich mich auch sehr gefreut habe. Denn ich kann es gar nicht erwarten, mich besser in der Landessprache verständigen zu können. Der Unterricht ist fast komplett auf Koreanisch und fühlt sich doch sehr nach Schule an, so richtig mit Hausaufgaben und Vokabellernen.
Sonst muss ich zugeben, dass die anderen Veranstaltungen, denen ich jetzt in der 1. Woche beigewohnt habe, sehr zufällig zustande kamen, und daher eine bunte Mischung darstellten. Das besondere Profil meines ökumenischen Freiwilligenjahres wurde dabei schon direkt deutlich. Von letztem Montag bis zum Donnerstag fand hier in Seoul der „Woman Leadership Roundtable“ statt. Ich war bei dessen offiziellem Dinner sowie dem Abschlussgottesdienst dabei. Und sah mich zwischen ca. 40 weiblichen religiösen Anführern aus Ländern wie Malaysia, Libanon, Jamaika, Indien, Taiwan, Kuba, Schweiz, USA, Zimbabwe, Korea etc… Reis, Fleisch und Brokkoli essen. Ich war ziemlich beeindruckt von der schieren Masse an Verantwortung, die in diesem Raum getragen wurde. Die Konferenz ist die erste Station auf dem Weg, eine internationale Community zu bilden, die sich untereinander unterstützt. Ziel ist es, den patriarchalen Strukturen in den Gesellschaften, aber auch den verschiedenen Glaubensgemeinschaften, gemeinsam wirksamer entgegenzutreten. Passend dazu beschäftigte sich die Predigt des Abschlussgottesdienstes mit der Geschichte von Hagar und Sarah, die zwei Frauen von Abraham, welche sich nach der Geburt von Ismael gegenseitig als Konkurrenten statt Mitstreiterinnen ansehen. Die Auslegung vermittelte eine klare Botschaft: Auch wenn es Situationen gibt, in denen Frauen von den äußeren Bedienungen dazu gezwungen werden, z.B. um die gleiche Position zu „kämpfen“, sollten sie sich trotzdem immer als Schwestern ansehen und behandeln. Unsere gebündelte Stärke sollte dazu verwendet werden, das System zu verändern und nicht innerhalb des Systems gegeneinander zu arbeiten. Was mich besonders berührt hat, war die Ausdauer und Gleichzeitig die Verzweiflung, mit welcher von einigen der Frauen in den Fürbitten um Veränderung und Verbesserung gebetet wurde. Denn trotz ihrer schwierigen Situation legten sie den Zeitplan für eine Veränderung in Gottes Hände. Es war schade, dass ich nicht bei den Erzählungen über die einzelnen Situationen dieser Frauen dabei sein konnte und nur einen sehr kleinen Einblick in die Problematik bekam.
Doch das war nicht alles. Am Samstag besuchte ich mit meinem Bruder, der gerade in Seoul ein Auslandsemester absolviert, den Namsan-Tower für einen fantastischen Ausblick über Seoul. Dort oben fanden wir auch lustigerweise große Oktoberfest-Aufsteller und Stände, die dementsprechend Bier verkauften. Danach ging es mit Songhee, meiner Mentorin, auf eine koreanische Hochzeit. Diese sind sehr effektiv organisiert. Innerhalb einer Stunde wird die Zeremonie in einer Wedding-Hall abgehalten, da das nächste Brautpaar schon wartet. Dann werden schnell professionelle Photos gemacht, während die Gäste schon mal zum Essen gehen. Das Brautpaar und die jeweiligen Eltern
laufen dann einmal alle Tische ab, um sich alle Beglückwünschungen anzuhören. Und auch wenn sich das jetzt alles sehr strikt und durchgetaktet anhört, war die Zeremonie doch ein magischer Moment. Das habe sogar ich gespürt, obwohl ich das Brautpaar nicht persönlich kannte.
Genauso magisch war der Anblick des Feuerwerks am gleichen Abend von der Dachterrasse meiner Wohnung, in die ich ab dem 19.10. ziehe. Nach drei Jahren Coronapause wurde wieder das „Bulkkotnori“(Feuerwerk) – Festival abgehalten. Meine zukünftige Wohnung ist Teil eines Kirchengebäudes. In Korea sind Kirche, Gemeindehaus und Pfarrwohnungen meistens alle im gleichen Gebäude. Und so kamen nach und nach immer mehr Mitarbeiter der Kirche hoch auf das Dach, um seit langem wieder das Lichterspiel der Raketen zu genießen. Sie alle begrüßten mich herzlich bei sich in der Kirche zu diesem Anlass.
Das ist auf jeden Fall etwas, an dem ich noch arbeiten muss: Mir die ganzen verschieden Namen zu merken und besser mit Stäbchen essen zu können, damit ich auch an Unterhaltungen während der Mahlzeiten teilhaben kann. Aber das hier ist ja erst der Anfang. Ich habe noch viel Zeit zum Lernen (39 Wochen, um genau zu sein) und freue mich jetzt schon darauf, was das alles sein wird.
Also bis später dann!
안녕히 계세요 (Bleiben Sie wohl behütet)
Christine Zobel

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"Bulkkotnori" - "bul" ist Feuer und "kkot" ist Blume, auf jeden Fall poetischer als Feuerwerk (Foto: EMS/Zobel)
"Bulkkotnori" - "bul" ist Feuer und "kkot" ist Blume, auf jeden Fall poetischer als Feuerwerk (Foto: EMS/Zobel)
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Dieses Foto zeigt das Hin und Her des Wetters hier in Seoul. Man hat fast das Gefühl es ist April. (Foto: EMS/Zobel)
Dieses Foto zeigt das Hin und Her des Wetters hier in Seoul. Man hat fast das Gefühl es ist April. (Foto: EMS/Zobel)

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