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10 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

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Eine Straße bei Regen: es hat sich eine große Pfütze gebildet, durch welche jetzt Autos, Busse und FußgängerInnen hindurch müssen. (Foto: EMS/Janke)
Eine Straße bei Regen: es hat sich eine große Pfütze gebildet, durch welche jetzt Autos, Busse und FußgängerInnen hindurch müssen. (Foto: EMS/Janke)
19. März 2019

Von viel Regen und kalten Tagen

Anna

Anna

Jordanien
wirkt an einer integrativen Blindenschule mit
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Der Winter in Jordanien war für mich eine ganz neue Erfahrung. Im Oktober habe ich mich noch gefreut: auf kühlere Tage, auf das Tragen von Jacke und Schal, auf meine Lieblingsjahreszeit, den Herbst. Dieser war dann aber unerwartet kurz und innerhalb weniger Wochen sanken die Temperaturen und es begann immer öfter zu regnen. Spätestens als ich mir eine dicke Bettdecke aus dem Schrank holen musste war mir klar: es wird Winter und es wird kalt werden.

Natürlich wurde ich von ehemaligen Jordanienfreiwilligen vorgewarnt und habe Winterjacke, Schal, Mütze und Handschuhe mitgenommen. Im Vorfeld habe ich mich mit dem Winter hier aber nicht intensiv beschäftigt. Wenn man sich die Temperaturen einmal anschaut, sieht es auch gar nicht so dramatisch aus. In Deutschland bin ich Temperaturen unter null Grad Celsius und Schnee gewöhnt, in Jordanien und vor allem in Irbid ist Schnee eher eine Seltenheit. Deswegen war ich nach den heißen Temperaturen in August und September auf den Winter gespannt und voller Vorfreude.

Da Jordanien im Übergangsbereich zwischen dem winterfeuchten Mittelmeerklima und dem trockenen Wüstenklima liegt, können die Klimaverhältnisse innerhalb des Landes variieren. In Irbid, im Nordwesten des Landes, gibt es warme, trockene Sommer und feuchte, milde Winter. Die Temperaturen sind nicht so extrem wie im Osten und Süden des Landes, dort herrscht Wüstenklima mit extremeren Temperaturen und Temperaturschwankungen. Die Regenzeit, vor allem im Norden Jordaniens, liegt zwischen November und März. In den Monaten Juni bis August fällt kein Niederschlag.

Der Wetterumschwung hat sich besonders anhand des immer häufiger werdenden Regens gezeigt, dem Anfang der Regenzeit. Dieser kam oft sehr plötzlich und stark, worauf die jordanische Infrastruktur nicht ausgelegt ist. Ein Abflusssystem gibt es auf vielen Straßen nicht, weshalb sich Straßen mit Steigung gerne in kleine Flüsse verwandeln. In anderen Straßen steht das Wasser in Löchern oder Unebenheiten, sodass sich große Pfützen bilden. Da ich oft zu Fuß unterwegs bin, fand ich es am Anfang amüsant, den Pfützen auszuweichen und zu versuchen, keine nassen Schuhe zu bekommen. Nachdem ich dann aber Autos mit den Wassermassen kämpfen gesehen habe und selbst bei Regen in einem Auto saß, habe ich schnell die Gefahr des Regens gesehen. Vor allem, da der heftige Regen letztes Jahr in Jordanien zu mehreren, auch tödlichen, Unfällen geführt hat. Der einzige positive Nebeneffekt des Regens war die Tatsache, dass bei besonders schweren und langen Regenfällen mehrere Male die Schule im ganzen Land ausgefallen ist. Das bedeutete dann oft einen freien Tag für mich.

Der Regen war aber nicht mein Hauptproblem im Winter. Die meiste Zeit außerhalb der Schule halte ich mich in meiner Wohnung auf. Ich wohne im Erdgeschoss des Hauses, welches aufgrund der umliegenden Häuser sehr im Schatten steht. Im Sommer habe ich das sehr genossen, da es in der Wohnung immer ein bisschen kälter ist als draußen. Im Winter fand es nicht mehr so angenehm, in meine Wohnung zu kommen und gar nicht die Jacke ausziehen zu wollen, weil es im Zimmer genauso kalt ist wie draußen. Außerdem ist der einzige Heizkörper, den ich und Annabelle besitzen, ein kleiner Gasofen. Dieser wärmt aber nur, wenn man direkt davor sitzt. Die Flamme ist außerdem auf Höhe der Beine, weshalb ich oftmals das Gefühl hatte, meine Beine würden in Feuer stehen, mein Oberkörper war aber noch eiskalt. Trotzdem war ich sehr froh über den Gasofen, ich habe ihn an kalten Tagen sehr zu schätzen gelernt. Aber auch im Schulgebäude begann es kühler zu werden. Heizen ist teuer, weshalb die Heizung nur an den kalten Tagen und auch nur für wenige Stunden angeschaltet wurde. Auch hier haben die Gasöfen, welche in jedem Klassenzimmer stehen, eine wichtige Rolle gespielt.

Eine weitere Umstellung für mich war das Wasser. Aus dem Wasserhahn kommt in meiner Wohnung nur kaltes Wasser. Für mich war es am Anfang schon eine Überwindung, morgens frierend im Badezimmer zu stehen, den eigenen Atem sehen zu können und sich mit eiskaltem Wasser das Gesicht zu waschen. Auch das Duschen wurde zu einer eher kalten Angelegenheit. Ich habe zwar einen Durchlauferhitzer, dieser ist im Winter aber gerne mal nicht angesprungen und sorgt an guten Tagen auch nur für lauwarmes Wasser. Mittlerweile bin ich also sehr gut im schnellen Duschen, das kalte Wasser ist aber immer noch eine Überwindung für mich.

Jetzt ist es März, es wird wieder wärmer und ich habe den Winter größtenteils überstanden. Es war aber nicht alles negativ, wie gesagt, eigentlich habe ich mich sehr auf den Winter gefreut. Ich fand es gemütlich von der Schule nach Hause zu kommen und in mein Bett unter meine zwei Bettdecken zu schlüpfen. Ich habe Bettflaschen und Skiunterwäsche sehr zu schätzen gelernt. Außerdem hat der Winter auch etwas sehr Schönes gebracht: Vegetation. Durch den ganzen Regen hat es ungefähr im Dezember angefangen, dass überall Gras und Blumen gewachsen sind. Die sandigen, kargen Hügel im Norden Jordaniens sind mittlerweile grün und übersäht von Kakteen, Blumen und Bäumen. Das gefällt mir sehr und ich freue mich über jede einzige Blume, die ich in Irbid und Umgebung sehe.

Alles in allem haben die letzten Monate mir vor allem gezeigt, wie gut ich es in Deutschland habe. Ich habe Zugang zu warmem Wasser, Heizungen und einer Infrastruktur, die dafür sorgt, dass Regen abfließen kann. Aber ich habe es diesen Winter auch geschafft, ohne diese Privilegien auszukommen. Vielleicht musste ich mir zwei Kleidungsstücke mehr anziehen oder unter mehreren Decken schlafen, aber eigentlich hat es mir auch ein bisschen Spaß gemacht. Trotzdem freue ich mich schon auf den Sommer und auf wärmere Tage.

Quellen:

- Informationen zum jordanischen Wetter: www.beste-reisezeit.org/pages/asien/jordanien.php

- Klimadiagramm: www.iten-online.ch/klima/asien/jordanien/images/amman.gif

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Klimadiagramm von Amman, das Klima von Irbid ist sehr ähnlich. (Foto: EMS/Janke)
Klimadiagramm von Amman, das Klima von Irbid ist sehr ähnlich. (Foto: EMS/Janke)
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Jerash, eine Stadt im Nordwesten des Landes, im Februar. Ich war ganz begeistert von den vielen gelben Blumen. (Foto: EMS/Janke)
Jerash, eine Stadt im Nordwesten des Landes, im Februar. Ich war ganz begeistert von den vielen gelben Blumen. (Foto: EMS/Janke)