Weltweit erlebt
ÖFP

Weltweit erlebt

10 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

info_outline
Meine Gruppe, die Sonstraaltjies (Foto: EMS/Berens)
17. Februar 2017

Mein Arbeitsmarathon

Johanna

Johanna

Südafrika
arbeitet in einer Einrichtung für Menschen mit Behinderung mit
zur Übersichtsseite

"Sie haben ihr Ziel erreicht"

Im Elim Home gibt es 50 Kinder, die in fünf verschiedene Gruppen unterteilt sind. Seit November letzten Jahres arbeite ich nun schon in der Gruppe der Sonstraaltjies (Afrikaans: "Sonnenstrahlen"). In dieser Gruppe befinden sich insgesamt neun Kinder, fünf Mädchen und vier Jungen. Sie sind im Alter von 7-22 Jahren und sitzen allesamt im Rollstuhl. In diesem Artikel möchte ich einen Überblick darüber geben, was meine beiden Mitarbeiterinnen und ich den ganzen Tag mit den Kindern anstellen. Daher folgt an dieser Stelle mein zeitlich gegliederter Tagesablauf:

08.00 Uhr: Seit sieben Uhr sind meine Mitarbeiterinnen schon damit beschäftigt, die Kinder aus den Betten zu holen, ihnen die Zähne zu putzen, sie zu waschen und anzuziehen. Ich komme dazu und übernehme für gewöhnlich auch 2-3 Kinder. Da es im Bad morgens meistens drunter und drüber geht, weil dort auch noch Kinder aus anderen Gruppen gebadet werden, bin ich bereits das erste Mal geschafft.

08:30 Uhr: Zeit zu frühstücken! Frisch gebadet und fertig für den Tag, sind die Kinder nun bereit für das Frühstück. Natürlich können sie nicht alleine essen. Somit ist es unsere Aufgabe, sie zu füttern. Jedes Kind bekommt seine eigene Schale, in der sich meist ein Haferflockenbrei oder ein anderes Getreidegemisch befindet - der Zucker darf darin aber auch nicht fehlen! Teilweise haben die Kinder Probleme zu schlucken, weshalb hier besonders viel Feingefühl und Geduld erforderlich ist.

09.00- 10.00 Uhr: Abwechselnd gehen meine Mitarbeiterinnen und ich nun in eine halbstündige Frühstückspause. Endlich mal Zeit zum durchatmen, bevor es dann mit voller Kraft wieder an die Arbeit geht.

10:15 Uhr: Nachdem die Kinder eine Viertelstunde zuvor warmes Wasser zum Trinken bekommen haben, entsteht jetzt ein Freiraum für Aktivitäten. Einmal in der Woche machen wir mit den Kindern einen Spaziergang. Leider können wir zu dritt natürlich nicht alle mitnehmen. An anderen Tagen stehen stimulierende Maßnahmen auf dem Plan. Dabei fördern wir zum Beispiel den Geschmackssinn, indem wir den Kindern verschiedene Gewürze auf die Zunge geben. Ähnliches ist auch für die Augen, die Ohren und das Tastgefühl vorgesehen. Regelmäßig werden die Kinder zur Physiotherapie gebracht, bei der eine Mitarbeiterin in einem extra Raum verschiedene Übungen mit ihnen macht, um ihre Gelenke zu lockern. Auch meine Mitarbeiterinnen und ich führen eine Art "passive" Physiotherapie durch. Um die Kinder aus ihren Rollstühlen zu holen und zudem ihren Rücken zu stärken, werden sie in verschiedene andere Positionen gebracht. Dazu nutzen wir den sogenannten "Sidelyer", auf den das Kind mit einem rechtwinklig angezogenen Bein auf die Seite gelegt wird. Neben dem "Sidelyer" gibt es auch einige andere unterstützende Vorrichtungen, wie beispielsweise den "Standing Frame", ein Rahmen, der dem Kind beim Stehen hilft. Ohne Frage müssen die Mädchen regelmäßig auch neu frisiert werden, was ich zu gerne übernehme.

11.45 Uhr: Die Kinder sind vor 15 Minuten frisch gewickelt worden und warten nun auf ihr Mittagessen. Diejenigen, die etwas länger zum Essen brauchen, werden jetzt schon gefüttert, der Rest bekommt das Essen um 12.00 Uhr.

12.30 - 14.30 Uhr Puh, endlich wieder Zeit zum Luft holen - für die Kinder und die Pflegerinnen! Nach dem Mittagessen werden die Kinder für den Mittagsschlaf in die Betten gebracht und wir Arbeiterinnen können abwechselnd in die einstündige Mittagspause gehen. In dieser Zeit wird auch die Kleidung für den nächsten Tag herausgelegt und die Schlafanzüge für die Nacht vorbereitet. Gegen 14:00 Uhr werden die Kinder dann wieder aus den Betten geholt und es kann weitergehen.

14:45 Uhr: Auf einen kurzen Snack für die Kinder, der aus warmem Wasser und meist Obst, Pudding oder Joghurt besteht, folgt wieder etwas freie Zeit für die schon oben genannten Aktivitäten. Selbstverständlich ist hier auch Platz für eigene Ideen.

15:15 Uhr: Es wird wieder anstrengend! Da ich schon früher als meine Kolleginnen Feierabend mache, beginne ich nun, drei Kinder für die Nacht bereit zu machen. Sie werden wieder gewaschen und bekommen ihre Schlafanzüge angezogen. Diesmal habe ich allerdings etwas mehr Ruhe im Badezimmer, da die anderen Kinder erst später an der Reihe sind. Trotzdem kann es im Sommer bei 30 Grad auch etwas ungemütlich werden, aber die Kinder scheint es zum Glück nicht zu stören!

16:00 Uhr: Feierabend! Ich bin fertig mit dem Umziehen der Kinder und wenn ich in ihre zufriedenen Gesichter blicke, weiß ich: Ich habe mein Tagesziel erreicht. Für meine Kolleginnen und die Kinder geht der Tag noch bis 19:00 Uhr weiter. Dann werden die Kinder in ihre Betten gebracht und können sich ausruhen, damit sie am nächsten Tag wieder fit für das volle Programm sind.

Zu Beginn des neuen Jahres, mussten alle Mitarbeiterinnen in eine neue Gruppe wechseln. Nur ich durfte in meiner Gruppe bleiben. Aus diesem Grund wurde es zu meiner Aufgabe, meinen neuen Kolleginnen das Tagesprogramm Stück für Stück näher zu bringen. Dies war für mich eine gute Erfahrung. Denn als ich angefangen habe, in dieser Gruppe zu arbeiten, konnte ich viel von den erfahrenen Mitarbeiterinnen lernen und sie konnten mir viel erklären. Dieses angeeignete Wissen gab mir nun die Möglichkeit, den neuen Kolleginnen zu helfen, sich besser zurechtzufinden. Ich konnte ihnen sagen, was als nächstes zu tun ist oder ihnen erklären, wie man die Kinder in die verschiedenen Positionen für die "passive" Physiotherapie bringt und einiges mehr. Es ist ein sehr bereicherndes und schönes Gefühl, dass man immer wieder voneinander und miteinander lernen kann. Auch von den Kindern kann ich immerzu lernen. Zum Beispiel, dass es möglich ist, in der unmöglichsten Situation trotzdem noch ein herzliches Lachen über die Lippen zu bringen. Und obwohl ein geregelter Tagesablauf besteht, ist mit ihnen nie ein Tag wie der andere. Als ich vor kurzem nach einer zweiwöchigen Verschnaufpause wieder an der Arbeit erschienen bin und mich meine Mädchen mit strahlenden Gesichtern begrüßt haben, ist mir dann auch bewusst geworden, dass es so langsam immer schwieriger werden wird, mich wieder zu verabschieden.

Bis zum nächsten Mal, Johanna

info_outline
Der "Sidelyer" (Foto: EMS/ Berens)
info_outline
An der Arbeit (Foto: EMS/Berens)