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10 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

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Die Husseini Moschee in der Innenstadt von Amman. Für Ramadan ist hier alles mit Lichtern geschmückt. (Foto: ems/Schnotz)
Die Husseini Moschee in der Innenstadt von Amman. Für Ramadan ist hier alles mit Lichtern geschmückt. (Foto: ems/Schnotz)
06. Juni 2019

Ramadan Mubarak رمضان مبارك

Lisa

Lisa

Jordanien
arbeitet in der Theodor-Schneller-Schule mit
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Ramadan und Eid al Fitr in Jordanien

Pünktlich mit den Prüfungsvorbereitungen hat der Ramadan am 6. Mai begonnen. In der Woche zuvor waren noch Osterferien und somit hatte gerade erst die Fastenzeit der Christen und Christinnen geendet.

Der Ramadan ist der Fastenmonat des Islam und die meisten Muslime und Musliminnen fasten in dieser Zeit von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, indem sie auf Essen, Trinken, Rauchen und Geschlechtsverkehr verzichten. Der Verzicht auf diese Dinge wird oft auch „äußeres“ Fasten genannt. Im Ramadan zu fasten hat aber auch eine innere Dimension. Der Fastende oder die Fastende soll im Ramadan noch stärker darauf achten sich vollständig von Sünde freizumachen. Dazu gehört nichts Schlechtes zu reden und Verwerfliches nicht bewusst anzusehen.
Während dem Ramadan nehmen die Muslime so nur zwei Mahlzeiten am Tag zu sich. Das abendliche Fastenbrechen wird Iftar (Frühstück) genannt und traditionell bricht man das Fasten mit dem Verzehr einer Dattel.
Bevor die Sonne wieder aufgeht stehen viele MuslimInnen nochmal auf, oder sie bleiben bis dahin wach, und nehmen das Suhoor zu sich. Das ist meistens eine sehr kleine Mahlzeit bei der vor allem viel Wasser getrunken wird, um den Tag ohne Essen und Trinken zu überstehen.
Im Ramadan zu Fasten gehört zu den fünf Säulen des Islam und verpflichtet zum Fasten sind alle Menschen, die gesund sind und somit ohne Risiko fasten können. Ausgenommen sind dabei Schwangere, Stillende, Kinder, ältere Menschen und menstruierende Menschen. Menschen deren Gesundheit sich wohl nicht so schnell bessern wird, sollen an jedem Fastentag einen Bedürftigen speisen. Ansonsten besteht auch die Möglichkeit nicht gefastete Tage zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen.
Im Ramadan ist es vielen Muslimen und Musliminnen sehr wichtig Gutes zu tun. In vielen Moscheen gibt es daher Programme, die Speisungen für Bedürftige anbieten. In Amman gab es beispielsweise mehrere Zelte in denen Menschen zusammenkommen konnten um gemeinsam das Fasten zu brechen. Wohltätige Initiativen gibt es nicht nur in muslimisch geprägten Ländern sondern beispielsweise auch in Österreich. Dort gibt es die Initiative „Fasten.Teilen.Helfen“, mit der muslimische Jugendliche während des Ramadan die Arbeit in Seniorenheimen unterstützen, Grünflächen zum Beispiel auf Friedhöfen pflegen oder handwerkliche Dienste anbieten.

Der Fastenmonat Ramadan ist der neunte Monat im Islam und richtet sich nach dem Mondkalender, jedes Jahr verschiebt er sich um zehn Tage nach vorne. Der Anfang des Ramadan ist der Neumond, dieser muss in Jordanien von Mufti Mohammad Khalaileh gesichtet werden, sobald das bestätigt ist beginnt der Ramadan, genauso verläuft es auch zum Ende vom Ramadan. Dieses Jahr gab es dabei einige Verwirrung, da manche Muftis in Saudi-Arabien den Neumond bereits gesichtet hatten, andere aber nicht. So kommt es sehr selten vor, dass in allen Ländern zur gleichen Zeit der Ramadan endet.
Traditionell endet der Fastenonat mit dem Eid al Fitr (Zuckerfest). Dieses beginnt am Abend, an dem der Neumond gesichtet wurde und dauert drei Tage. Dabei wird sehr viel gegessen, viele treffen sich mit der ganzen Familie und brechen das letzte Fasten gemeinsam.

Zu Beginn von Ramadan war es in Jordanien noch sehr angenehmes Wetter und abends war es mir häufig noch sehr kalt, das hat sich jetzt innerhalb des Monats sehr verändert und wir hatten zwischendurch auch über 40 Grad. Für mich war es da immer wieder beeindruckend zu sehen, wie die meisten Menschen hier dennoch gefastet und normal weitergearbeitet haben, beispielsweise auf Baustellen, bei denen ich Männer beobachten konnte die den ganzen Tag nur schwere Steine tragen mussten. Allerdings schließen tagsüber auch viele Verkäufer ihre Läden und öffnen sie nur kurz vor Maghreb (Sonnenuntergang) für etwa drei Stunden. Da war dann meistens sehr viel los auf den Märkten, da gefühlt alle auf einmal draußen waren, um noch die letzten Besorgungen für Iftar zu machen.
In Jordanien ist der Sonnenuntergang während Ramadan dieses Jahr immer zwischen 19:30 und 19:40 gewesen und in dieser Zeit war es so still wie ich es hier in Jordanien bisher nur in der Wüste erlebt habe. Auch auf den Schnellstraßen fährt nur vereinzelt mal ein Auto vorbei. Es gibt kein lautes Hupen, da die meisten Menschen genau in diesem Moment Zuhause bei ihrer Familie sitzen und gemeinsam essen. Doch nur eine Stunde später ist schon wieder mehr los. Viele Läden öffnen erst jetzt und bleiben bis spät in die Nacht geöffnet. So kommt es, dass ich nachts um zwei Uhr im angrenzendem Wohngebiet auf einmal mit dem Bus im Stau stehe, um mich herum sehr viele Menschen mit sehr vielen Einkaufstüten.
Bus fahren in der Nacht während Ramadan finde ich aber sehr schön, endlich darf wieder getrunken, gegessen und geraucht werden. Ich hatte oft das Gefühl, dass die Stimmung dann geradezu ausgelassen ist. Tagsüber ist Essen und Trinken in Jordanien auch per Gesetz verboten und laut meinen Kolleginnen in der Schule erwarten einen Strafen wenn man sich dem Verbot widersetzt. Dennoch habe ich immer wieder Touristen und Touristinnen in Amman gesehen, die auch auf der Straße getrunken haben. Konsequenzen davon habe ich nie mitbekommen.

5 Dinge, die im Ramadan besonders sind

Qatayef قطايف

Diese Süßigkeit wird anscheinend vor allem während Ramadan gegessen. Bestehend aus einem runden Teigfladen, wird Atayef mit Nüssen, Rosinen, Sahne oder Käse gefüllt und dann in der Hälfte gefaltet und verschlossen. Diese halbrunde Paket wird dann frittiert und danach in warmem Zuckersirup eingelegt. An den Fett- und Zuckergehalt dieser Süßigkeit konnte ich mich bisher noch nicht gewöhnen und habe nie mehr als eines geschafft. Wenn man die letzten beiden Zubereitungsschritte allerdings weglässt und Atayef so ist, schmeckt es ähnlich wie ein gefüllter Pfannkuchen, auch sehr lecker.

Ruhe zur Maghreb-Zeit

Maghreb wird der Ruf des Muezzin zum Sonnenuntergang genannt und ist für die fasteneden MuslimInnen das Signal zum Essen. Wenn ich zum Iftar eingeladen wurde, waren wir mit Kochen meistens nie genau pünktlich zu Maghreb fertig, daher wurde erstmal noch weitergekocht aber alle haben nebenher schon mal einen halben Liter Wasser getrunken bevor wir uns zum Essen hingesetzt haben.

Müde Schüler und Schülerinnen

Pünktlich zu Ramadan hat in der Schule auch unsere Examensphase angefangen. Die SchülerInnen müssen dafür nur für das anstehende Examen kommen und können spätstens nach einer Stunde schon wieder nach Hause. Dennoch kamen sehr viele SchülerInnen zu spät und wären während des Examens dann fast eingeschlafen. Gerade die älteren Schüler und SchülerInnen legen sich zwischen Iftar (19:30) und Suhoor (04:00) nicht mehr schlafen, sondern bleiben wach, gehen einkaufen, treffen sich mit Freunden etc. Dennoch waren die SchülerInenn laut meinen KollegInnen nicht schlecht vorbereitet für die Klausuren und haben die erwarteten Leistungen bringen können.

Freundlichkeit

Sowohl meine Arabisch Lehrerin als auch ein paar weitere Frauen haben mich vor Beginn von Ramadan gewarnt, dass die Männer in dieser Zeit meistens besonders übergriffig werden würden und sich schon mal für alles entschuldigt, was mir wohl während dieses Monats passieren wird. Ich habe allerdings nichts dergleichen bemerkt. Natürlich wurde ich auch weiterhin angesprochen, aber kein Mann wurde mir gegenüber übergriffig und es ist mir nicht stärker aufgefallen, als in der Zeit vor Ramadan. Stattdessen hatte ich eher das Gefühl als wären die Menschen besonders freundlich und würden einander noch mehr respektieren. Als ich beispielsweise am Abend vor Beginn von Ramadan im Bus saß, haben sich die Menschen im Bus gegenseitig Gesundheit gewünscht und einen gesegeneten Ramadan. Letzte Woche hat mich ein Taxifahrer zu einer Taxifahrt eingeladen, die immerhin 5JD (6 €) gekostet hätte und wollte mein Geld partout nicht annehmen, denn ich wäre sein Gast und würde noch dazu etwas Gutes tun, da ich als Freiwillige ja kein Geld verdiene, also würde er mir so etwas zurückgeben meinte er. Vielen Dank nochmal an Khalil.

Jetzt ist Ramadan schon vorüber. In Jordanien wird gerade das Zuckerfest gefeiert und bald wird wohl auch die Ramadandekoration wieder abgehängt werden.
Vor Beginn von Ramadan war ich noch sehr unsicher und wusste gar nicht was mich erwarten würde, kannte Ramadan bisher nur von syrischen Freunden in Deutschland, mit Fastenbrechen um 22:00 und mit wenig Atmosphäre, weil es doch nie ein Gemeinschaftsgefühl gab, wie ich es in Jordanien zu jeder Zeit an jedem Ort erlebt habe. Gefühlt „alle“ sitzen im selben Boot und fasten den ganzen Tag. „Man weiß was der andere durchmacht und ist deswegen noch respektvoller“, meinte mein Kollege Murad dazu.
An dieser Stelle möchte ich mich auch nochmal bedanken, für all die lieben Einladungen zu Iftar die ich während Ramadan bekommen habe. Danke, dass ihr mich für einen Abend beziehungsweise eine Nacht einfach mitgenommen habt und mir so viel gezeigt und erklärt habt. Und natürlich: Vielen Dank für das Essen.

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Die jordanische Polizei hat die Schüler und Schülerinnen der Schneller-Schule zu einem gemeinsamen Iftar eingeladen und den Abend zusammen gefeiert (Foto: ems/Polizei Rusayfa)
Die jordanische Polizei hat die Schüler und Schülerinnen der Schneller-Schule zu einem gemeinsamen Iftar eingeladen und den Abend zusammen gefeiert (Foto: ems/Polizei Rusayfa)
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Bei meinem Kollegen zuhause. Hier wird mir gezeigt, wie das Qatayef zusammengedrückt werden muss. Am Ende sieht es dann so aus wie auf dem linken Bild. (Bild: ems/Adawi)
Bei meinem Kollegen zuhause. Hier wird mir gezeigt, wie das Qatayef zusammengedrückt werden muss. Am Ende sieht es dann so aus wie auf dem linken Bild. (Bild: ems/Adawi)