Weltweit erlebt
14 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)
Sanfter Einstieg in die indische Kultur
Es ist schwer einen Anfang zu finden, so viel ist in dem letzten Monat passiert….
Am naheliegendsten ist es wohl, wenn ich alles der Reihe nach erzähle: Die erste Woche haben alle Indien Freiwilligen gemeinsam verbracht, zuerst in Chennai, dann in Bangalore. In beiden Städten haben wir im Headquarter der CSI (Church of South India) gewohnt und hatten dort unsere ersten sehr guten indischen Mahlzeiten. Es war ein schöner und sanfter Einstieg in die indische Kultur. Zudem unternahmen wir auch gemeinsame Ausflüge, wir besuchten z.B. das Weltkulturerbe Mamallapuram, eine wunderschöne Parklandschaft mit Tempeln aus dem 7./ 8. Jahrhundert, die in riesige Felsblöcke geschlagen wurden.
Am 8. September ging es für mich aber dann richtig los: 12 Stunden Fahrt mit dem Nachtzug in der sleepers class von Bangalore nach Secunderabad – in Begleitung der Leiterin meiner Einsatzstelle, des Wesley Girls‘ Hostels, Mary Paranjyothy.
Indien ist in vielerlei Hinsicht so ganz anders, westliche Maßstäbe soll und darf man nicht anlegen – dies war mir sehr bewusst. Dennoch hatte ich bereits auf dieser Fahrt ein erstes kleines Schockerlebnis. Der Umgang mit Müll ist in Indien ein ganz anderer als in Deutschland. Mary bestellte uns zwei Portionen Linsencurry mit Fladen von den im Zugabteil umhergehenden Verkäufern. Nachdem wir aufgegessen hatten, nahm sie ihre leere Box, ging zum Zugfenster (ohne Glasscheiben, nur zwei Gitterstäbe darin) und warf sie einfach aus dem fahrenden Zug. Ich muss sie wohl etwas ungläubig angeschaut haben, denn sie erklärte mir dann, dass man in Indien wenn man auf Reisen ist, auf diesem Weg seinen Müll entsorgt: einfach aus dem Zug, der Riksha oder dem Auto werfen. Es hat mich daraufhin große Überwindung gekostet meinen Müll auf diese Weise zu beseitigen, aber wie heißt es so schön: „When in Rome, do as the Romans do!“
Erschöpft von der langen Reise und gesundheitlich durch eine Erkältung etwas angeschlagen, kam ich am 09.09. in der Früh schließlich im Hostel an. Dort wurde ich von einer Gruppe von Schülerinnen, die sich gerade für die Schule fertig machten, von Mary spontan vorgestellt und sehr freundlich von ihnen begrüßt. Beim abendlichen Prayer stellte ich mich dann allen 180 Mädchen, die im Hostel wohnen, vor und wurde herzlich willkommen geheißen. Schon am nächsten Tag begrüßten sie mich begeistert mit „Good morning sister“ oder „Good morning Akka“ (Akka bedeutet Schwester in Telugu).
Die Mädchen sind zwischen 6 und 21 Jahre alt und besuchen die angegliederte Schule oder das College. Die Mädchen leben dort nur während der Schulzeit, in den Ferien besuchen sie ihre Familien. Einen richtigen „Alltag“ habe ich seitdem noch nicht erlebt, jeder Tag verläuft anders und bringt viele neue Eindrücke und Überraschungen mit sich. In den ersten Tagen war ich sehr damit beschäftigt noch einige Formalitäten zu erledigen, Besuche im Foreign Registration Office und bei der Polizei gestalteten sich sehr zeitaufwändig – allein das Ausfüllen und Ausdrucken von Online-Formularen wurde durch eine unstete Internetverbindung und einen Stromausfall zu einer kleinen Herausforderung. Zu den erforderlichen Behördengängen wurde ich entweder von der Hostelleiterin Mary oder aber von einem der älteren Mädchen der Abschlussklasse begleitet. Generell werde ich auf allen Gängen und Einkäufen derzeit noch begleitet, worüber ich aber auch ganz froh bin, da ich es mir alleine noch nicht zutraue die sechsspurige Straße vor dem Hostel zu überqueren!
An manchen Tagen helfe ich im Office bei Büroarbeiten. So standen in der letzten Woche die Vorbereitungen an zu einer Fortbildung für child care worker von verschiedenen Hostels und Heimen aus ganz Südindien an, die im nahegelegenen Diözesen-Büro stattgefunden hat. Eine meiner Aufgaben besteht auch darin, mit den jüngeren Mädchen (1.-5. Klasse) nach Schulschluss um 15.30 Uhr eine Stunde Tuition zu machen. Mit einigen von ihnen spiele ich Klavier; es gibt ein Keyboard, das meine Vorgängerin Frederike angeschafft hat – meine eigenen ersten Klavierhefte, die ich mitgebracht habe, leisten mir nun gute Dienste. Bastelarbeiten, wie das Flechten von Armbändern, sind ein großer ‚Ankommer‘, so dass mein mitgebrachtes Material wohl bald zur Neige geht und ich mich um Nachschub kümmern muss…
Nach den ersten 3 Wochen kann ich sagen ich, dass ich mich im Hostel gut eingelebt habe, auch wenn es noch Zeit brauchen wird, sich hier richtig heimisch zu fühlen. Jeder Tag ist anders, es bleibt alles sehr spannend - wann sich wohl eine gewisse ‚Alltagsroutine‘ einstellen wird?!
Viele Grüße aus Secunderabad,
Kathi