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10 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

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Ein Standard-Essen im 100% vegetarischen Hashem Restaurant in Amman (Foto: EMS/Thier)
Ein Standard-Essen im 100% vegetarischen Hashem Restaurant in Amman (Foto: EMS/Thier)
28. Februar 2019

„But that’s chicken. Not meat!”

Felix

Felix

Jordanien
arbeitet in der Theodor-Schneller-Schule mit
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Ein Satz, den ich in Jordanien, vor allem in der Küche des Internats, sehr oft zu hören bekomme, wenn ich erzähle, dass ich Vegetarier bin. Der Verzicht auf Fleisch in der Ernährung ist in Jordanien im Vergleich zu Deutschland nicht besonders verbreitet und meistens erwartet mich ein überraschtes Gesicht meines Gegenübers, wenn ich erzähle, dass ich kein Fleisch, keinen Fisch und auch kein Hühnchen esse. Fleisch besitzt hier einen sehr hohen Stellenwert und ist deshalb in vielen jordanischen oder auch arabischen Gerichten ein Hauptbestandteil.

Wie ich trotzdem mit meiner fleischlosen Ernährung in Jordanien über die Runden komme und dass es eigentlich viel einfacher ist als zuerst erwartet, erfahrt ihr in meinen folgenden Erzählungen.

In der Zeit vor meiner Ausreise habe ich mir viele Sorgen um meine Ernährung in meinem Freiwilligendienst in Jordanien gemacht. Gerade von den Erzählungen einiger Vorfreiwilliger aus Jordanien, mit denen ich mich viel auf den EMS-Seminaren austauschen konnte, wurde ich sehr verunsichert. Ihren Erfahrungen nach könne es sehr schwierig werden, in Jordanien weiterhin vegetarisch zu leben und es sei bei anderen Vorfreiwilligen in Jordanien öfters vorgekommen, dass sie wieder angefangen haben Fleisch zu essen. Auch negative Sichtweisen und Ablehnung gegenüber einer solchen Ernährungsweise, von denen mir erzählt wurde, steigerten meine Ängste.

Genau in den ersten Tagen mussten diese Sorgen auch noch bestätigt werden. Eine der ersten Fragen die Samer, der Internatsleiter an der TSS, uns stellte war, ob wir irgendwelche Einschränkungen beim Essen besäßen. Als ich ihm erzählte, dass ich weder Fleisch noch Fisch oder Huhn esse, schaute er mich etwas verdutzt an und meinte ironisch: „Bei mir ist man nur willkommen, wenn man auch Fleisch mag“. Natürlich war das witzig gemeint, steigerte meine Unsicherheit trotzdem enorm und ich machte mir sehr viele Gedanken, wie es mir mit dem Essen im Internat ergehen wird…

Wie schon erwähnt basieren viele der traditionellen jordanischen Gerichte auf Fleischbasis. Das Nationalgericht Jordaniens ist Mansaf, eine Mischung aus Reis, Lamm und Joghurt, abstammend aus beduinischer Küche. Auch für mich ein sehr leckeres Essen, bloß eben ohne das Lamm. Allerdings fühlte ich mich bis jetzt immer schlecht, wenn wir eingeladen waren, extra für uns Fleisch gekauft wurde, und ich auf dieses verzichtete.

Naja, jedenfalls musste ich es ja einfach versuchen, aber mir war vor der Ausreise bewusst, dass ich meine Ernährungsweise vielleicht aufgeben werden muss. Wie man es so schön sagt: „Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.“

Viele Menschen können es meistens nicht direkt nachvollziehen, wenn ich ihnen erzähle, dass ich kein Fleisch esse. Wie ich es am Anfang schon geschrieben habe, wird mir dann oft Hühnchen oder Fisch angeboten, weil beides hier nicht unter Definition Fleisch fällt. Oder es wird davon ausgegangen, dass ich komplett auf tierische Produkte verzichte. Die Leute sind daraufhin verzweifelt, da sie denken ich könne ja überhaupt nichts mehr essen und ich muss ihnen erklären, dass ich Vegetarier und nicht Veganer bin und somit Milch, Käse, Eier usw. esse.

Als ein Freund, ein paar Monate nachdem wir mit ihm und seiner Familie essen waren, uns zu sich nach Hause eingeladen hatte, gab es Mansaf. Er konnte sich noch daran erinnern, dass ich Vegetarier war. Als ich es ihm noch einmal versicherte, meinte er, dass er gedacht hätte, dass ich schon längst wieder zum Fleischesser übergewandert sei, bei den ganzen leckeren Fleischgerichten in Jordanien.

Um aber endlich auf den Punkt zu kommen: Es ist viel einfacher vegetarisch zu essen als ich gedacht hätte und es gibt so viel gutes vegetarisches Essen, dass ich es nicht schwierig finde, auf die jordanischen Fleischgerichte verzichten zu müssen.

Das Essen im Internat, wo ich jeden Mittag und Abend unter der Woche bei den Kindern esse, ist sehr Reis-lastig. Dazu gibt es meistens Salat, Labane (eine Art Joghurt, den man zum Reis isst) und Hühnchen, die als Ganzes dabei liegen und ich somit ohne Probleme auf diese verzichten kann, oder verschiedene Arten von Gulasch, bei dem es möglich ist das Fleisch im Topf zu lassen. Und falls es mal eine Mahlzeit gibt, bei der es gar unmöglich ist, das Fleisch „auszusortieren“ (kommt wirklich selten vor), dann gehe ich schnell zur Küche und bekomme Brot und Käse.

Zudem wird, dass ich Vegetarier bin, überall sehr gut akzeptiert, auch in meiner Internatsfamily. Adham warnt mich mittlerweile sogar immer vor, wenn es Essen gibt, bei dem ich das Fleisch nicht einfach so weglassen kann. Die Kinder fragen zwar öfters mal nach, aber wenn ich ihnen erkläre, dass und warum ich kein Fleisch esse, stört es sie überhaupt nicht, auch wenn es für sie natürlich ungewöhnlich ist.

Allgemein gibt es unzählige vegetarische Gerichte hier in Jordanien, die man in fast jedem Restaurant bestellen kann. Angefangen bei den Mezze, ein fester Bestandteil der klassischen levantinischen Küche. Das sind kalte und warme Vorspeisen, bestehend aus verschiedenen Salaten und Gemüsepürees (z.B. Hummus, Ful, ein Bohnenmus oder Mutabal, ein Auberginen-Püree). Bis hin zu „Waraq Dawali“, mit Reis gefüllte Weinblätter, Bamia, ein Okra-Eintopf, und last but not least, meiner Meinung nach die Krönung des jordanischen Essens, Falafel!!!

Falafel gibt es überall: Meist in den „berühmten“ Falafel Sandwiches, die an fast jedem Straßenstand zu kaufen sind, aber auch einzeln, wie sie z.B. im Hashem Restaurant in Amman, zusammen mit Brot, Hummus und anderen Dips serviert werden. Das Hashem ist übrigens ein komplett vegetarisches Restaurant!

Zusammenfassend ist die Auswahl an Essen für Vegetarier zwar eingeschränkt, allerdings gibt es trotzdem noch unzählige andere Speisen, die vegetarisch und überall zu finden sind.

Für alle vegetarischen Nachfreiwilligen an der TSS oder in Jordanien: Wer sich nicht an kleinen Fleischstückchen stört oder ein Problem hat, dass das Essen zusammen mit Fleisch gekocht wird, muss sich keine Sorgen über das „Vegetarisch-Sein“ in Jordanien machen! Ihr solltet euch viel lieber auf die unglaublich leckeren vegetarischen Gerichte freuen!

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Die typischen Zutaten eines Falafal-Sandwiches: Pommes, Hummus, verschiedene Salate & Soßen und natürlich Falafel! (Foto: EMS/Thier)
Die typischen Zutaten eines Falafal-Sandwiches: Pommes, Hummus, verschiedene Salate & Soßen und natürlich Falafel! (Foto: EMS/Thier)
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Mezze (Foto: EMS/Thier)
Mezze (Foto: EMS/Thier)