Weltweit erlebt
14 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)
Aus der Perspektive eines Stewards
Ende des vergangenen Jahres fand das General Meeting meiner Entsendeorgansation, der „Evangelischen Mission in Solidarität“ (EMS), in Stellenbosch statt. Stellenbosch ist eine Stadt im Western Cape Südafrikas, in der Nähe Kapstadts. Bekannt ist diese Gegend für ihren exzellenten Wein und ihre internationale Universität. So kam es, dass sich Vertreter aller Mitgliedskirchen der EMS-Gemeinschaft in Mitten von wunderschönen Weinbergen trafen. Die Mitgliedskirchen befinden sich auf der ganzen Welt verteilt, von Indonesien über Südkorea bis Ghana. Alle zwei Jahre findet das General Meeting statt. Früher wurde es ausschließlich in Deutschland abgehalten. Seit dem vergangenen Jahr rotiert der Ort des Treffens durch die Länder der Mitgliedskirchen. Grob zusammengefasst ist das Ziel dieser Konferenz, Bilanz aus den vergangenen zwei Jahren zu ziehen und die kommenden Jahre zu planen.
Meine Rolle auf dieser internationalen Konferenz war die eines Stewards. Gemeinsam mit zwei anderen jungen Erwachsenen aus Südafrika habe ich diese Tätigkeit ausgeübt. Unsere Aufgabe war es, der Hauptorganisation der Konferenz wo wir konnten unter die Arme zu greifen, sodass der Ablauf so reibungslos und planmäßig wie möglich ablaufen konnte. Wir haben Dokumente und Tischvorlagen ausgedruckt und verteilt, bei den Wahlvorbereitungen geholfen, das Mikrofon bei Diskussionen weitergegeben und weitere kleine Aufgaben erledigt. Außerdem waren wir Ansprechpersonen für die Delegierten bei Fragen und kleineren Problem. Zusätzlich habe ich mich mit um die Technik gekümmert. So war ich den ganzen Tag auf den Beinen und habe versucht, zu helfen wo es ging. Im Rahmen dieses ehrenamtlichen Jobs als Hilfskraft habe ich auch einige der inhaltlichen Themen der Konferenz mitbekommen. Das war sehr interessant für mich.
Die Vorstellung der neuen Youth Policy und die anschließende heiße Diskussion waren besonders spannend für mich. In dieser Schrift sind die Aufgaben, Ziele, Rechte und Pflichten der Jugend in der EMS-Gemeinschaft niedergeschrieben. Schlussendlich wurde sie auch einstimmig angenommen. Ein weiterer Tagesordnungspunkt, neben vielen finanziellen Bilanzen, war die Vorstellung des EMS-Kids Projekts. Das Thema lautet „Friends around the world“. In diesem Projekt feiern Kinder auf der ganzen Welt den gleichen Kindergottesdienst und tauschen sich untereinander aus. Durch den kleinen vorlauten Vogel ‚Pipit‘ und den großen Elefanten ‚Emso‘ werden den Kindern verschiedene Bibelgeschichten und ihre Bedeutung näher gebracht. Danach können sie Briefe schreiben, etwas Malen oder anderweitig ihren Assoziationen freien Lauf lassen. Die Ergebnisse werden dann an eine andere Kinderkirche, die an dem Projekt teilnimmt, geschickt. Diese tolle Idee mitsamt Material habe ich auch noch vor in die Sonntagsschule Elims zu bringen.
Mein persönliches Highlight der Konferenz war der Gastvortrag von Dr. Frank Chikane. Dieser Mann ist eine sehr berühmte Person in Südafrika und ich bin sehr stolz, ihn getroffen zu haben. Für alle, denen dieser Name nicht so viel sagt, möchte ich schnell paar Hintergrundinformationen geben. Dr. Frank Chikane wurde 1951 in Bushbuckridge geboren. Als Sohn eines Pastors wuchs er unter armen Verhältnissen auf. Schon früh engagierte er sich im politischen Leben und führte Aktionen gegen die Apartheid-Regierung an. Aufgrund dieser Tätigkeiten wurde er von der Universität geworfen. Er arbeitete als Prediger und wurde schließlich zum Pastor ordiniert. Frank Chikane wurde mehrfach vom Apartheid-Regime inhaftiert und sogar gefoltert. Er gehört zu den Initiatoren des „Kairos Document“, einem theologischen Papier, das internationales Aufsehen im Kampf gegen die Apartheid fand. Im Jahre 1989 wurde durch die Vergiftung seiner Unterwäsche ein Attentat auf Frank Chikane verübt. Er vergibt den Attentätern und spricht sich gegen die Inhaftierung derer aus, die versucht haben, ihn umzubringen. Später wäscht einer der Attentäter öffentlich die Füße Frank Chikanes als Zeichen der Reue. Er war Generaldirektor des Büros des Vizepräsidenten und wurde 1994 als Mitglied des ‚National Executive Commitee‘ des ANC gewählt. Heute spricht er sich gegen die Korruption der Regierung des ANC unter Jacob Zuma aus.
Als Steward habe ich Herrn Chikane gemeinsam mit dem neuen Bischof der Moravian Church of South Africa am Flughafen in Empfang genommen. Nachdem ich den Lebenslauf des Mannes gelesen hatte, war ich beeindruckt und eingeschüchtert. Nichtsdestotrotz war ich sehr gespannt, ihn persönlich zu treffen. Auf dem Weg vom Flughafen zum Tagungsort ist Frank Chikane mit mir über meinen Freiwilligendienst in Südafrika ins Gespräch gekommen. Ich fand es sehr bemerkenswert, dass er sich für mich interessiert hat und mich ernst genommen hat, obwohl ich nur ein Steward war. Es entwickelte sich schließlich so, dass ich seine persönliche Ansprechperson geworden bin. So habe ich ihn ins Hotelzimmer eingecheckt und kurz vor Beginn des Vortrages seine PowerPoint Präsentation auf seinen Wunsch ein klein wenig visuell bearbeitet. Sein Vortrag unter dem Thema „Public Theology“ war sehr interessant. Die Zuhörerschaft klebte nur so an seinen Lippen und war von seinem Vortrag begeistert. Für mich war es toll, diesen Mann persönlich erlebt zu haben. Ich bin noch nie jemandem persönlich begegnet, der eine solche Ausstrahlung und offene Art hat wie er.
In der EMS-Gemeinschaft steht der kulturelle Austausch und gegenseitiges Lernen voneinander im Mittelpunkt. Ganz nach diesem Motto fand ein „Cultural-Evening“ gegen Ende des General Meetings statt. An diesem Abend hat die Gastgeberkirche, die „Moravian Curch of South Africa“, sich und ihre Kultur präsentiert. Es wurde ein traditionelles Braai (Barbeque) abgehalten. Dazu hat eine Brassband gespielt. Des Weiteren hat eine einheimische Musik und Tanzgruppe gespielt und getanzt. Auf den Klang der Marimbaphone haben sich Kinder und Jugendlichen in traditioneller Kleidung und Körperbemalung bewegt. Es herrschte ein ausgelassene Stimmung und die Delegierten haben sich von der Rhythmik der Marimbaphone zum Tanzen mitreißen lassen. So wurde bis spät in dem Abend gefeiert und so manches Glas guten einheimischen Weines geleert. Insgesamt war es für mich eine tolle Erfahrung, an dieser internationalen Konferenz teil zu nehmen/geben. Ich habe interessante Menschen getroffen und über spannende Themen diskutiert. Außerdem habe ich nun ein Gesamtbild meiner Organisation und ihrer Themenfelder bekommen, in der ich als Nord-Süd-Freiwilliger doch nur ein sehr kleiner Teil bin. Ich habe gelernt, dass, wenn Menschen aus vielen unterschiedlichen Kulturen zusammentreffen, durchaus Missverständnisse aufkommen. Insgesamt aber kommt es zu einer tollen Vielfalt und einem lebendigen interkulturellen Austausch.