
Weltweit erlebt
14 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

Der Wüste geht das Wasser aus?!
Schon am Tag meiner Ankunft habe ich selbst erlebt, wie karg und trocken Jordanien ist. Auf dem Weg vom Flughafen nach Irbid waren am Straßenrand keine üppigen, grünen Wälder zu sehen, sondern vereinzelte Büsche und Bäume umgeben von Stein und Sand. Das ist aber keine Überraschung, denn Jordanien ist eines der zehn regenärmsten und trockensten Länder der Welt. Durch verschiedene innen-und außenpolitische, ökonomische sowie klimatisch bedingte Probleme wird hier Wasser immer knapper.
Jordanien ist größtenteils durch kontinentales Wüstenklima geprägt, das heißt es fällt wenig bis kaum Niederschlag. Nur im Norden Jordaniens liegt eine etwas höhere jährliche Niederschlagsmenge vor, da diese Region von kühlen und feuchten Wintern geprägt ist.
Durch den hohen Zustrom von Flüchtlingen aus dem Irak und Syrien nach Jordanien ist die Bevölkerung nach Angaben der jordanischen Regierung in den letzten Jahren von 6,7 Mio. auf 9,5 Mio. gestiegen. Dadurch hat nicht nur die Bevölkerungszahl drastisch zugenommen, sondern auch die Nachfrage nach (Trink-)wasser wird immer größer. Diese Nachfrage steigt aufgrund der Urbanisierung in Jordanien vor allem in den großen Städten wie Amman. Das Naturschutzgebirt "Al Azraq" ist so gut wie ausgetrocknet, da das Wasser in großen Mengen nach Amman gepumpt wurde und immer noch wird. Viele afrikanische Vögel, die zeitweise in die Region kamen, haben aufgrund des fehlenden Wassers damit aufgehört.
Auch die jordanische Regierung steht in Kritik, da die Infrastruktur im Bereich des Wassers oft als mangelhaft beschrieben wird. Beispielsweise soll es sehr viele undichte und defekte Leitungen geben, wodurch viel sauberes Wasser verloren geht. Hinzu kommt, dass etwa zwei Drittel des jordanischen Wassers in der Landwirtschaft verbraucht werden. Die Landwirtschaft macht aber nur einen sehr geringen Anteil der Wirtschaftsleistung aus. Kritisiert wird, dass durch die Landwirtschaft sauberes Wasser durch Pestizide und Düngemittel verunreinigt wird. Jordanien baut aber trotzdem die Landwirtschaft weiterhin aus, da der Staat unabhängiger von Importen werden will. Anscheinend werden aber 80 Prozent der angebauten Lebensmittel in die Golfstaaten oder nach Europa importiert.
Geopolitisch betrachtet trägt der Nahostkonflikt leider einen großen Teil zur Verschärfung der Wasserknappheit in Jordanien bei. Der Jordan hat eine zentrale Bedeutung für die Wasserversorgung Israels, Syriens, Jordaniens und Palästinas. Seit dem Sechs-Tage-Krieg von 1967 werden etwa 90 Prozent des Jordanwassers nach Israel geleitet. Die restlichen zehn Prozent stehen den übrigen, angrenzenden Staaten zu, welche diese unter sich aufteilen müssen. Auch die Wasserentnahme aus dem See Genezareth wurde durch einen Friedensvertrag von 1994 zwischen Jordanien und Israel geregelt. Hierbei besteht jedoch das Problem, dass Israel mit starken Pumpen das meiste Süßwasser aus den oberen Schichten entnimmt. Mit teuren und energiereichen Entsalzungsanlagen muss Jordanien das salzhaltige Wasser aus den unteren Schichten für den Eigenbedarf nutzbar machen. Interessant ist hierbei auch der tägliche, durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch von Wasser in den vom Konflikt betroffenen Staaten. In Jordanien lag dieser 1994 laut der bpb (Bundeszentrale für politische Bildung) bei etwa 70 Litern, in Palästina bei 45 Litern und in Israel bei 230 Litern pro Kopf.
Die Folgen der Wasserknappheit, beziehungsweise des steigenden Wasserbedarfs sind heute schon drastisch bemerkbar. Etwa 70-90 Prozent des Jordanwassers werden zur Versorgung der Städte und für die Landwirtschaft von Israel und Jordanien entnommen. Bevor der Fluss das Tote Meer überhaupt erreicht führt er nur noch ein Zehntel des natürlichen Wassers. Dadurch sinkt der Wasserspiegel des Toten Meers im Norden stark ab. Er ist in den letzten 40 Jahren schätzungsweise um 80m gesunken. Experten gehen sogar davon aus, dass das Tote Meer in den nächsten fünfzig Jahren austrocknen wird.
Trotz all diesen Gründen habe ich persönlich noch nicht viel von der Problematik mitbekommen. Auffallend sind für mich vor allem die Wassertanks auf und neben den Häusern hier in Irbid. Auch akustisch nicht zu überhören sind die Wasserpumpen, welche einmal die Woche Wasser in die großen Tanks pumpen. Soweit ich es verstanden habe liegt dies daran, dass die öffentlichen Leitungen nur einmal die Woche versorgt sind. Es wird also das Wasser für eine Woche in diesen Kanistern gesammelt und vorrätig gespeichert. Problematisch ist dabei, dass vor allem abgelegene Dörfer und Häuser teilweise mangelhaft mit Wasser versorgt werden.
Elham, unsere Gastmutter, meinte, dass vor allem diese Wasserkanister den Mangel bemerkbar machen. Nicht viel mehr zeigt ihrer Meinung nach, dass Wasser ein knappes Gut ist und soweit ich es richtig verstanden habe, ist dies auch mit ihre einzige Maßnahme um Wasser zu sparen, beziehungsweise zu sammeln. Sie hat uns auch erzählt, dass wenn die wöchentlich aufgefüllten Tanks vor Nachfülltermin leer gehen, man diese gegen Aufpreis privat wieder auffüllen muss.
Wir haben uns auch mit zwei jordanischen Bekannten über diese Problematik unterhalten. Einer der Beiden hat vor kurzem eine Arbeit über den Wassermangel in Jordanien geschrieben und mir die oben genannten Gründe und Probleme nochmal genauer erklärt. Die Beiden meinten, dass in Jordanien allgemein mehr Wasser als in den meisten anderen Laendern gespart wird, beziehungsweise mehr auf einen sparsamen Umgang mit Wasser geachtet wird. Trotzdem ist das nicht ausreichend, da Jordanien im Vergleich eben weniger Wasser zur Verfuegung hat. Uns wurde erzählt, dass viel Wasser wiederverwendet wird und der Lebenskreislauf dadurch verlaengert werden soll. Zum Beispiel wird in vielen Haushalten das Wasser vom Abwasch oder Putzen zum Waessern des Gartens benutzt. Manche Familien versuchen auch durch spezielle Wasserspareinrichtungen ihren Wasserverbrauch zu verringern. Die Familie eines Freundes hat ihr Haus extra mit einem ganzen System ausgestattet, welches darauf ausgerichtet ist, Regenwasser zu sammeln und zu speichern. Dafür befindet sich unter dem Haus noch ein zusaetzlicher Raum, der als Wasserspeicher dient. Dieses Wasser verwendet die Familie dann, um die Pflanzen und Bäume im Garten zu wässern. Die Beiden haben auch betont, dass es für Jordanien ein großes Problem ist, dass fast nur geteilte Wasserquellen vorliegen und kaum Eigene. Es soll schon viele Projekte geben, welche die Bevoelkerung im Umgang mit Wasser sensibilisieren und versuchen das Verhalten nachhaltig weiter zu verbessern. (Nachhaltige) Veränderung braucht aber Zeit!
Mich beschäftigt, auch wenn ich nicht spürbar betroffen bin, die vorliegende Wasserknappheit in letzter Zeit immer mehr. Seitdem ich mich mit diesem Thema auseinander gesetzt habe, wird mir nochmal bewusster, welches Privileg es ist, unbegrenzt sauberes Wasser zur Verfügung zu haben. Und auch welchen großen Einfluss wir als Konsumenten, egal ob in Deutschland oder Jordanien, durch bestimmte Entscheidungen auf unseren virtuellen Wasserverbrauch haben. Ich hoffe, dass ich in Zukunft noch weiter hinterfragen werde, ob ich das importierte Obst aus dem Supermarktregal wirklich aus Bequemlichkeit kaufen soll oder stattdessen doch das nicht ganz so gehypte Gemüse aus der Region wähle.
Vielen Dank fürs Lesen dieses doch etwas sachlicheren Eintrags!
P.S. Ich möchte trotzdem hinzufügen, dass es sich z.T. um von mir im Internet recherchierte Daten und Fakten handelt. Ich kann und möchte für diese keine Garantie der Richtigkeit übernehmen. Auch bei persönlichen Erfahrungen mit der Wasserknappheit möchte ich Euch nochmal darauf hinweisen, dass es sich um subjektive Meinungen handelt und diese nicht zu verallgemeinern sind.

