Weltweit erlebt
14 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)
Ein vertrautes Umfeld
Inzwischen bin ich schon seit einem dreiviertel Jahr am Holy Land Institute und wenn ich über das Gelände gehe, ist alles in einem sehr positiven Sinn bekannt und gewohnt. Mit einem auf mich zustürmenden, gehörlosen Kind bin ich nicht mehr überfordert zu kommunizieren, sondern habe es schon durchgekitzelt und ihm zu verstehen gegeben, dass ich seinen Plan mich auszutricksen, schon im Vornherein durchschaut habe. Die Gebärdennamen aller Kinder habe ich zwar nicht immer sofort parat, aber mit einigen Kindern habe ich eine sehr freundschaftliche Beziehung aufgebaut und höre ihnen gerne zu, wenn sie mir von ihrem Tag erzählen. Obwohl es mich einige Sympathiepunkte gekostet hat, mich auf die Seite von Real Madrid geschlagen zu haben (im Institut ist man überwiegend entweder für Real Madrid oder den FC Barcelona), finde ich es toll mit den Schülern über etwas wie Fußball mich in Gebärdensprache mit ihnen unterhalten zu können.
Meine Fähigkeiten in der Gebärdensprache sind in manchen Bereichen immer noch ausbaubar, aber ich bin auf einem Level angekommen, in dem mir unbekannte Gebärden durch andere Gebärden erklärt werden können. Der taubblinde Junge Hazem mit dem ich fünf Tage die Woche verbringe, kennt mich inzwischen so gut, dass er genau weiß, wie weit er bei mir gehen darf, wobei ihn das nicht daran hindert die Grenzen auszutesten. Während man im Wochenüberblick nur kleine Fortschritte erkennen kann, fallen mir im Rückblick auf die Situation vor einem halben Jahr einige Dinge ein, die sich deutlich verbessert haben und mich motivieren dranzubleiben. Es gelingt mir besser abzuschätzen mit welchen Aufgaben ich Hazem herausfordern kann, ohne ihn dabei zu langweilen, ihn aber auch nicht zu überfordern. Dennoch gibt es immer wieder einige Überraschungen, die den Alltag lebendig halten, und bei denen ich die Hilfe meiner Kollegen sehr zu schätzen weiß. Durch die vielen gemeinsam verbrachten Stunden ist mir Hazem sehr wichtig geworden und selbst nach einem langen Tag trennen sich unsere Wege nicht ohne ein Kuss links und rechts wie das in Jordanien üblich ist.
Und auch wenn das allwöchentliche Kehren der Straßen freitags um das Institut immer noch nicht zu meinen Lieblingsaufgaben zählt, kann ich diesem etwas abgewinnen und genieße die Zeit mit den älteren, gehörlosen Jungs in der Teepause, wenn schlechte Witze und andere Späße gemacht werden. Mit einem von der Arbeit genervten Junge bin ich weniger überfordert als noch zu Beginn, grinse ihn eventuell nur frech an und sage ihm, dass er auch langsam wie eine Schildkröte arbeitet, schiebe dann aber doch sicherheitshalber schnell hinterher, dass wir es bald geschafft haben. Die Pommes Frites, die es nach dieser geschafften Arbeit jede Woche gibt, entschädigen in dem Maße, dass man über Unmut im Nachhinein schmunzeln und lachen kann. Der Ausflug mit den jüngeren Kindern am Nachmittag macht Spaß und durch die hügelige Landschaft in Salt bietet sich einem immer wieder ein toller Ausblick, wenn man nicht gerade einem Kind hinterherrennt, das Quatsch machen dem Genießen der Landschaft vorzieht, wobei dies in einem gewissen Rahmen auch mir viel Freude machen kann. Zudem habe ich mit der Zeit immer mehr Möglichkeiten gefunden meine Freizeit außerhalb des Instituts zu gestalten, von denen ich aber im nächsten Blogeintrag berichten werde.