Weltweit erlebt
ÖFP

Weltweit erlebt

10 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

info_outline
Im Gebirge in der Umgebung gibt es viele Reisfelder (Foto: EMS/Maier)
Im Gebirge in der Umgebung gibt es viele Reisfelder
22. November 2019

Ankommen in einer neuen Gesellschaft

Marie

Marie

Indonesien
arbeitet in der Kinder- und Jugendarbeit mit
zur Übersichtsseite

Hallo zusammen,

ich habe mich nun nach zwei Monaten hier inzwischen gut eingelebt und mich an vieles, was anfangs ungewohnt war, nun gewöhnt. Ich habe meinen Platz und meine Aufgaben im Kindergarten gefunden und kann den anderen Lehrerinnen unter die Arme greifen. Der Kindergarten hier ist etwas anders als ich es von Deutschland kenne, hier ist es mehr wie in der Schule mit Lehrplan und größtenteils Frontalunterricht. Ich kann dann den Kindern bei verschiedenen Aufgaben helfen und bewerte oftmals danach ihre Ergebnisse. Da ich mich inzwischen schon durch einfache Sätze auch auf Indonesisch verständigen kann, ist es gut möglich, dass in nächster Zeit neue Aufgaben auf mich zukommen. Das wird voraussichtlich so aussehen, dass ich noch in zwei weiteren Kindergärten arbeiten werde und dafür nur an zwei Tagen in dem bisherigen sein werde. Zudem darf ich im Synodenbüro der Kirche mithelfen und werde dort dann auch die Möglichkeit haben den Mitarbeitern Englischunterricht zu geben. Auch bei der Sunday School für Kinder werde ich mithelfen dürfen. Das ist allerdings alles noch im Planungsstand und etwas unsicher, aber ich freue mich schon auf die neuen Herausforderungen. Darüber hinaus mache ich hier in meiner Freizeit sehr gerne Sport. Beispielsweise gehe ich morgens gerne joggen und lerne so neue Winkel von Mamasa kennen und werde mit vielen schönen Aussichten auf Reisfelder und traditionelle Häuser belohnt. Zudem treffe ich mich oft nachmittags mit Freunden zum Sport.

So durfte ich schon viele Menschen kennenlernen, Kontakte knüpfen und mir ein Bild von dem Dorf Mamasa und dessen Bewohnern schaffen. Trotz unserer unterschiedlichen Herkunft haben wir viele gemeinsame Interessen. Sehr gerne treffe ich mich abends mit Freunden und freue mich dabei immer, wenn ich neue Leute kennenlernen kann. Ich bin froh, ein paar Leute gefunden zu haben, mit welchen ich mich unterhalten kann. So fällt es mir auch leichter, mich in die sehr familiäre Dorfgemeinschaft zu integrieren. Sonntags gehen wir dann gemeinsam in den Jugendgottesdienst, denn sonntags den Gottesdienst zu besuchen wird hier in Mamasa sehr wichtig. Es fällt mir zwar noch schwer der Predigt auf Indonesisch zu folgen, aber durch die gute Musik und die Atmosphäre gefällt mir der Gottesdienst trotzdem gut. An einigen Abenden werden sogenannte Worships gemacht, dabei lädt eine Familie andere Leute aus der Gemeinde nach Hause ein und veranstaltet dort einen Gottesdienst mit anschließendem Essen. Oftmals gibt es für Worships einen bestimmten Anlass, wie beispielsweise die Einweihung eines neuen Hauses oder eines Autos oder wenn jemand die Uni beendet hat.

Durch den Aufenthalt hier wurde mir bewusst, wie stark das Umfeld in dem man aufwächst und die dortigen Medien einen selbst als Person und die eigene Meinung prägen. Dies wurde mir durch den kulturellen Unterschied und die Prägung der Gesellschaft hier in Mamasa deutlich, da ich es als außenstehende Person betrachten kann und ich finde es spannend, die unterschiedlichen Sichtweisen kennenzulernen. Ein Beispiel dafür ist die gesellschaftliche Prägung des Schönheitsideals. Während ich mich in der Sonne gerne bräunen lasse, mögen die Menschen in Mamasa helle Haut viel lieber und schützen sich in der Hitze mit langen Klamotten vor der Sonne. Frauen versuchen sich das Gesicht heller zu schminken, indem sie weißes Makeup benutzen oder Hautprodukte wie Seifen und Cremes einsetzen, welche versprechen die Haut aufzuhellen. Teilweise werden risikoreiche Operationen mit diesem Ziel vollzogen, wobei es bei einer Bekannten meiner Gastfamilie ziemlich schief gegangen ist und die Haut geschädigt wurde. Für die Menschen hier ist es sehr ungewöhnlich jemanden mit natürlich heller Haut, blauen Augen und blonden Haaren zu sehen. Wenn ich Bilder von Freunden und Familie zu Hause zeige, kommen sie aus dem Staunen nicht mehr raus, was für helle Haare und spitze Nasen die Leute bei uns doch haben. Manchmal bekomme ich mit, wie Männer Kommentare über mich machen oder versuchen ein Gespräch mit mir anzufangen, da es sehr gut angesehen ist, mit einer weißen Frau gesehen zu werden. Oftmals wollen fremde Leute Bilder mit mir machen um diese dann auf sozialen Netzwerken hochzuladen und zu zeigen, dass sie eine „Weiße“ gesehen haben. Ich finde es etwas schade, dass viele Menschen, die nicht viel außerhalb von Mamasa kennen, ihr Bild der westlichen Gesellschaft so stark aus westlichen Medien beziehen, was oftmals gerade bei Mädchen hier das falsche Bild darstellt, dass helle Haare und europäische Gesichter schöner seien als ihre eigenen.

Auch beim Essen gibt es einige Zerrbilder: so wurde ich gefragt ob ich schon Reis essen kann, da viele denken Europäer essen nur Brot und vertragen keinen Reis. Oftmals werde ich vor der sehr scharfen Lomboksoße gewarnt, da befürchtet wird, ich bekomme davon Magenschmerzen. Umso irritierter sind dann die Gesichter, wenn ich mir doch gerne viel Lombok untermische. Was mich auch sehr gewundert hat ist, dass meine Gastschwester vor ein paar Wochen gefragt wurde, was sie den ganzen Tag mit ihrer „Weißen“ zu Hause denn macht. Denn viele können sich nicht vorstellen, dass ich hier selbstständig einen Alltag haben kann, obwohl ich doch Europäer bin. Diese Erfahrungen kann ich natürlich nicht auf die gesamte Gesellschaft in Indonesien beziehen, denn Indonesien ist sehr groß und vielfältig. Aber die Erfahrungen zeigen, wie sehr die sozialen Medien unser Denken beeinflussen. Sicherlich hat dieser Prozess auch bei mir und meinem Umfeld in Deutschland stattgefunden, doch da ich das nicht objektiv betrachten konnte, war mir das bislang noch nicht so stark bewusst.
Ich hoffe, in den nächsten Wochen kann ich mich noch etwas stärker in die Gesellschaft integrieren, damit wir so gegenseitige Vorurteile abbauen können. Denn auch, wenn Vieles anders und ungewohnt ist, ist es für mich nicht schwierig sondern schön hier zu wohnen und in der Gesellschaft aufgenommen zu werden.

Grüße aus dem warmen Indonesien,

Marie

info_outline
Ich mit den anderen Lehrerinnen bei einem Ausflug des Kindergartens (Foto: EMS/Maier)
Ich mit den anderen Lehrerinnen bei einem Ausflug des Kindergartens
info_outline
Freunde aus der Kirche (Foto: EMS/Maier)
Freunde aus der Kirche