Weltweit erlebt
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Weltweit erlebt

14 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

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Payyambalam Beach ist nur 10 Minuten zu Fuß von meiner Einsatzstelle entfernt. (Foto:EMS/Tschirsch)
10. Oktober 2017

Abenteuer beginnen wo Pläne enden

Vera

Vera

Indien
wirkt in einem Mädchenheim mit
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Sightseeing, Excel und Theater

Meine erste Reise alleine in Indien verbrachte ich sieben Stunden im Bus nach Mysore. Vom 27.09. bis zum 02.10 verbrachte ich meine Zeit mit Karine, David und Laura dort, wo gerade das Dussehra-Festival gefeiert wurde. Wir schauten uns jeden Tag ein wenig in der Stadt um, die wegen des Festes ganz schön überlaufen war. Wir klapperten die typischen Sehenswürdigkeiten ab wie den Tempel auf dem Chamundi Hill oder den Mysore Palace. Wir übernachteten in Boarding Home der CSI. Tagsüber aßen wir unterwegs und probierten einheimische Gerichte aus. Auf dem lokalen Markt trafen wir Adil, bei dessen Stand sich schon seit Jahren regelmäßig junge Freiwillige treffen, quatschen und zusammen Chai trinken. Mich hat überrascht wie viel Freiwillige momentan in Mysore leben. Es sind ca. 25 von unterschiedlichen Organisationen. Adil, der Öle und Farbpulver verkauft, hat einige gute Geheimtipps auf Lager. Er half uns gute Restaurants zu finden und empfahl uns Geschäfte und Orte. Am Ende des Festivals gab es eine große zweistündige Parade, die wir uns mit Sowmini, einer Mitarbeiterin der CSI, angeschaut haben. Sowmini lernten wir beim Orientierungs-Programm in Bangalore kennen. Und da ihre Familie in Mysore lebt, verbrachte sie während Dussehra ein paar Tage in ihrer Heimat.
Es tat gut, nach den ersten Wochen in der Einsatzstelle die anderen zu treffen, um sich persönlich gegenseitig zu berichten wie es so läuft. Und natürlich war es schön, mal wieder für längere Zeit in meiner Muttersprache zu sprechen.
Seit letzter Woche bin ich also wieder zurück in Kannur. Die Tage hier vergehen komischerweise langsamer und auch schneller als auf Reisen. Insgesamt bin ich zwar weniger unterwegs und mein Alltag ist allgemein entschleunigter als in Mysore. Trotzdem wundere ich mich jeden Abend, dass schon wieder ein Tag um ist. Das liegt sicher daran, dass ich hier keine konkrete Aufgabe habe, sondern jeden Tag neu entscheiden kann was ich machen möchte. Jeder Tag hier ist ein kleines Abenteuer. Ich erzähle euch mal von meinem Alltag:
Ich stehe um 7:45 Uhr auf, pünktlich für's Frühstück um 8. (ja, auch sonntags) In der Woche und manchmal auch samstags machen sich die Kinder danach fertig für die Schule. Entweder warte ich draußen zusammen mit den Kleineren auf ihren Schulbus oder ich begleite die Älteren zur Schule, um morgens schon ein bisschen zu laufen. Es ist allerdings nur ein 2-Minuten-Fußweg dorthin. Zwischen 15 und 17 Uhr kommen die Mädchen aus der Schule. Bis dahin lese ich sehr viel und gehe spazieren (meistens zum Strand). Ich helfe meiner Chefin am Computer (Excel-Tabellen ausfüllen und Briefe schreiben) und fahre mit ihr in die Stadt, um einzukaufen oder Ämter und die Bank ab zu klappern. Ich bin froh, dass ich mit ihr unterwegs sein kann. So sehe ich gleich viel mehr von der Stadt und komme in Kontakt mit Einheimischen. Mit den Mädchen mache ich oft Fotos, singe und versuche ihnen Theater-Spiele beizubringen. Die Sprachbarriere macht es mir schwer, ihnen komplexere Sachen zu erklären. Dafür klappen nonverbale Übungen umso besser. Die Kinder haben zum Glück sehr viel Spaß daran, kleine Szenen zu spielen und Emotionen zu verkörpern. Ich find's super, dass ich hier mein Hobby so gut weitergeben kann.
Damit das noch besser klappt und, weil ich es mir von vorne rein als Ziel gesetzt habe, lerne ich täglich Malayalam. Mit einem Wörterbuch, der Zeitung und der Hilfe der Menschen hier lerne ich jeden Tag neue Wörter. Mittlerweile kann ich sogar schon relativ viele Wörter lesen. Um 19 Uhr beten und singen wir gemeinsam bevor die Mädchen dann für die Schule lernen und es Abendessen gibt. Ich helfe den Mädchen so gut ich kann beim Englisch-Lernen. Um 21 Uhr verschwinde ich meist auf mein Zimmer, um noch Yoga zu machen. Um 10 ist dann eh Nachtruhe angesagt, was für mich entweder lesen oder Serien schauen heißt. Meine Internet-Verbindung ist hier nämlich (leider/zum Glück) so gut, dass es für meine tägliche „Netflix-Dosis“ reicht. :D
Sonntags früh laufen wir zur Kirche. Der Weg dauert 20 Minuten und der Gottesdienst meist 2 Stunden. Es ist längst nicht so langweilig wie befürchtet. Es wird viel gesungen und Musik gespielt. Außerdem macht es Spaß, dem Pastor zu zuhören, um vielleicht mal ein Wort auf Malayalam raus zuhören, das ich schon kenne. Ich kann den Kopf frei kriegen und Menschen aus der Gemeinde kennenlernen.
Ich schätze es sehr in Kannur die einzige Freiwillige der Stadt zu sein. Ich glaube das hilft mir, besser in die Sprache und das Leben der Einheimischen einzutauchen. Aber es stimmt schon: Jeder Ort und jede Einsatzstelle hat seine Vor- und Nachteile. Aber genau das macht auch hier, in Südindien, den Facettenreichtum aus und das Land umso interessanter.

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Der Mysore Palace wird jeden Tag während des Festivals beleuchtet. (Foto:EMS/Tschirsch)
Der Mysore Palace wird jeden Tag während des Festivals beleuchtet. (Foto:EMS/Tschirsch)
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Die Straße vor meiner Einsatzstelle: Viel Verkehr und viele Kühe. (Foto:EMS/Tschirsch)
Die Straße vor meiner Einsatzstelle: Viel Verkehr und viele Kühe. (Foto:EMS/Tschirsch)