Weltweit erlebt
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Weltweit erlebt

10 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

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Das Praktizieren der Integration von unseren einzelnen Fähigkeiten bei den Integrating Abilities in Chennai. (Foto: EMS/ Mayer)
Das Praktizieren der Integration von unseren einzelnen Fähigkeiten bei den Integrating Abilities in Chennai. (Foto: EMS/ Mayer)
20. Januar 2020

Miteinander – Füreinander

Rahel

Rahel

Indien
arbeitet in einem Heim für Kinder mit geistiger Behinderung mit
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Hallo meine Lieben,

seit meinem letzten Blogeintrag habe ich sehr viel erlebt und so komme ich erst jetzt, nach den Weihnachtsferien, dazu, einiges aufzuschreiben.

Am 3. Dezember ist Weltbehindertentag. Das wurde gefeiert und so fanden die sogenannten INTEGRATING ABILITIES in Chennai statt und auch ich wurde dazu eingeladen. Hierbei trafen sich viele verschiedene Gruppen von Menschen, mit und ohne Behinderung, aus unterschiedlichen Distrikten der Südindischen Kirche. Unsere Gruppe des Elwin Centers bestand aus jeweils zwei Schülerinnen und einer Lehrerin der Schule für Gehörlose und für Menschen mit geistiger Behinderung, dem Schulleiter Mr. Joseph, Correspondent Mr. Dylan Barnabas und mir. Während des dreitägigen Treffens wurden den Teilnehmern die Rechte behinderter Menschen in Indien verdeutlicht. Ich denke, das Ziel war uns alle für die Themen Integration und Inklusion zu sensibilisieren. Zudem wurden in mehreren Einheiten Vergleiche aus der Bibel herangezogen. Außerdem lag der Fokus nicht auf den vorhandenen Beeinträchtigungen der behinderten Menschen. Vielmehr wurde auf die besonderen Fähigkeiten jedes Einzelnen aufmerksam gemacht, die in die Gesellschaft besser integriert werden müssen.

Hierzu gab es eine praktische Aufgabe. Jede Gruppe sollte sich mit einer Aktion, passend zur Integration, präsentieren. Wir überlegten uns einen musikalischen Beitrag. Die Schülerin Mahalakshmi aus der Schule für Menschen mit geistiger Behinderung sang das Lied „vanathu poochi“ und die passenden pantomimischen Bewegungen wurden von den zwei Lehrerinnen und den anderen drei Schülerinnen dargestellt. Spontan durfte ich auch mitmachen.

Die CSI (Church of South India) bot mehrere Aktionen an den Tagen an um die Inklusion ganz praktisch zu praktizieren. An einem Tag wurden Sportspiele angeboten, bei welchen jeder Distrikt ein ausgewähltes Team zusammenstellen musste, das gegen die Teams der anderen Distrikte antrat. Die Voraussetzung bei der Spielerauswahl war, dass jedes Team die gleiche Anzahl von Spielern mit und ohne Behinderung aufwies. Alle anderen Mitglieder der Distrikte hatten die Aufgabe ihr Team zu motivieren und anzufeuern. Die Stimmung in diesem großen Saal war super und auf den meisten Gesichtern war pure Freude und Zufriedenheit zu sehen. Es war auch nicht wichtig, welche Gruppe gewann oder verlor, denn der Spaß am gemeinsamen Spiel überdeckte jede scheinbare Niederlage.
Wir durften zudem spannende Erfahrungsberichte über das alltägliche Leben einzelner Teilnehmer hören. Hierbei wurden die alltäglichen Schwierigkeiten des Zusammenlebens erläutert, aber vor allem auch der gegenseitige Profit des Einsetzens der individuellen Fähigkeiten verdeutlicht.

Außerhalb der Programmpunkte blieb etwas Zeit, um sich mit den anderen Teilnehmern auszutauschen. Dabei hatte ich eine sehr nette Unterhaltung mit einer Mädchengruppe eines College für Gehörlose. Es war faszinierend zu beobachten, wie schnell und geschickt sie sich mit den Fingern ausdrücken konnten und wir es, trotz meines fehlenden Wissens über Gebärdensprache, schafften, uns zu verständigen. Die drei Tage haben mir gezeigt wie wichtig es ist, sich verstärkt mit den individuellen Fähigkeiten jedes Einzelnen zu beschäftigen und mehr darauf zu achten, was wir voneinander lernen können.

Auch im Elwin Center kann ich täglich Integration beobachten. Ein sehr gutes Beispiel dafür ist Saral. Sie ist die Betreuerin einer Jungengruppe des Centers. Beim Gehen ist sie beeinträchtigt, was ihr so manche körperliche Arbeit erschwert. Jedoch beeinflusst dies nicht ihre Autorität bei der Erziehung der Jungen.
Das tägliche Praktizieren des Miteinander und Füreinander in allen Bereichen des Alltags, kann ich bei ihrer Gruppe besonders gut beobachten. Egal, ob bei den Mahlzeiten, beim Wäsche waschen, bei der Körperpflege oder dem Freizeitspiel, die Kinder helfen sich gegenseitig und nehmen den Rat ihrer Betreuerin an.

Die gemeinsame Weihnachtszeit

Seit Ende November wurde die Adventszeit hier im Elwin Center geprägt durch das gemeinsame Basteln von Weihnachtsdekorationen, das Schmücken der Gemeinschaftsräume mit bunten Lichtern, glitzernden bunten Bändern und der Weihnachtskrippe. Um den Kindern die deutsche Tradition der Weihnachtsplätzchen näher zu bringen, haben wir gemeinsam Weihnachtsplätzchen gebacken. Mir hat es wirklich sehr viel Spaß gemacht, da ich dabei neue bewundernswerte Fähigkeiten von einzelnen Kindern beobachten konnte. Außerdem gab es sehr viele Weihnachtsveranstaltungen an den Wochenenden. Fast jeden Sonntag fand ein Special Church Sunday statt, wobei eine Gruppe von Lehrern und Kindern den Gottesdienst in einer anderen Kirchengemeinde mitgestalteten. Im Anschluss an jeden Gottesdienst wurden centereigene Produkte wie Fruchtsaft, Gewürzpasten, Rucksäcke, Schlüsselanhänger, Nikolausmützen und selbstgebackene Kuchen verkauft. Bereits drei Tage vorher begannen meine Freundin Rebecca und ich sehr viele Kuchen oder Kekse zu backen. Mit großer Beliebtheit zählten meine Vanillekipferl zu den Favoriten.

Zusätzlich gab es mehrere Weihnachtsfeiern auf unserem Gelände, bei welchen der Center beispielsweise Besuch von der Kirchengemeinde der St. Peters Church bekam. Die Feiern begannen teilweise mit Weihnachtsspielen auf dem Freizeitplatz des Centers. Hier traten Schülergruppen gegeneinander an und bei den Siegerehrungen erhielten die Teilnehmer Geschenke von der Kirche. Anschließend wurden verschiedene Tänze und Lieder präsentiert, wobei ich mich manchmal mit einem, am Klavier begleiteten, Song beteiligte. Die Veranstaltungen endeten mit einem besonderen, gemeinsamen Essen.

Zudem wurde meine Adventszeit durch einen spontanen Überraschungsbesuch meiner Freundin Lisa versüßt. Sie macht gerade in Hong Kong ein freiwilliges soziales Jahr. Spontan entschloss sie sich, in meine „indische“ Alltagswelt, für eine Woche, einzutauchen. Sie wurde direkt in die Center- Gemeinschaft mit aufgenommen und erlebte so manche Weihnachtsveranstaltungen mit. Wir sorgten für Begeisterung, als wir Beide bei einer Feier einen deutschen Standard-Tanz vorführten. Leider verging die Woche sehr schnell.

Zusammentreffen

Das nächste Highlight ließ nicht lange auf sich warten. Am 19. Dezember trafen wir sieben Ems-Freiwilligen bei der Hochzeit von Apeksha in Bangalore zusammen. Sie war die Leiterin unserer Orientierungswoche bei unserer Ankunft in Indien und hat uns zu ihrem besonderen Tag eingeladen. Die Zeremonie fand in der St. Patricks Church in Bangalore statt. Interessant dabei war, dass Apeksha nicht nur mit ihrem Mann die Ringe wechselte. Traditionell bekam sie von ihrem zukünftigen Mann auch eine Kette umgelegt.
Die anschließende Feier fand in einem wunderschönen, mit vielen Lichterketten geschmückten Park, der St. Marks Cathedral lawns, statt. Bevor das Brautpaar zur Feier erschien, tauschte Apeksha ihr weißes Kleid gegen einem Hochzeitssari. Danach begann dann die sogenannte Reception (der Empfang), bei welcher die Geschenke von allen Gästen einzeln übergeben wurden. Währendessen war das vielfältige leckere Hochzeitsbuffet eröffnet, welches ich sehr genoss.

Die folgenden Tage verbrachte ich mit meiner Mitfreiwilligen Lea am Strand von Goa. Es war ein echt seltsames Gefühl, an den Weihnachtsfeiertagen, nicht in der gewohnten Heimat zu sein. Wir lagen bei 30 °C am Meer und genossen Strand und Sonne. Die Sehnsucht nach den heimatlichen Traditionen war natürlich bei uns beiden teilweise zu spüren. Jedoch erlebten wir eine wunderschöne und erholsame Zeit.
Eine Woche später stießen die anderen Freiwilligen dazu und gemeinsam feierten wir Silvester und „rutschten“ ins Jahr 2020 am Strand von Goa. Nun bin ich sehr gespannt, was das neue Jahr an Erfahrungen und Erlebnissen für mich bereit hält.

Bis bald,
eure Rahel

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Die aktive Weihnachtszeit im Elwin Center (Foto: EMS/Mayer)
Die aktive Weihnachtszeit im Elwin Center (Foto: EMS/Mayer)
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Zusammentreffen bei der Hochzeit von Apeksha (Foto: CVJM/ Schunter)
Zusammentreffen bei der Hochzeit von Apeksha (Foto: CVJM/ Schunter)