Weltweit erlebt
ÖFP

Weltweit erlebt

14 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

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Das ist die größte Mall Irbids. Sie umfasst "nur" drei lange Stockwerke und ist L-förmig. (Foto: EMS/Jeric)
19. September 2016

Wie kommst du dir dabei vor?

Alisa

Alisa

Jordanien
leistet ihren Freiwilligendienst in einer integrativen Blindenschule
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Ein ganz normaler Einkauf

Du bist in der Mall. Sie ist größer als die, die du aus Deutschland kennst, hat viele Geschäfte. Fast alle Bekleidungsläden sind geschlechtsspezifisch, aber du siehst größtenteils männliche Verkäufer. Warum sollten eigentlich ausschließlich Frauen für den Beruf gemacht sein? Wenn du kleine Läden betrittst, fallen die Blicke auf dich: Sie betrachten dich, wie du durch den Laden gehst, dir Sachen anguckst.

Das ändert sich, als du in den großen Supermarkt gehst. Angebotshefte liegen aus, du nimmst dir eins und blätterst es von links nach – halt! Falsch herum. Du drehst es um, schließlich ist es arabisch. Es ändert sich inhaltlich nichts, aber es fühlt sich richtiger an. Aufrechten Ganges geht es, ohne Einkaufszettel, los.

Als erstes kommt die Obst- und Gemüseabteilung: Die meisten Lebensmittel haben Dellen, sind matschig. Also entscheidest du dich für Kartoffeln und Äpfel, da du den Rest im Gemüseladen um die Ecke kaufen willst. Dort sieht es frischer aus. Jetzt kommst du zu frischen Gewürzen, Nüsse et cetera. Was das alles ist, kannst du nicht lesen und in der Luft liegt ein schweres Duftwirrwarr. Kardamon – das erkennst du schon von Weitem und nimmst dir etwas, das wolltest du dir schon längst gekauft haben. Preise siehst du keine, sie sind dir aber auch egal. Als du weiter gehst, hörst du hinter dir jemanden unbeholfen rufen. So, als würde der andere ihn nicht verstehen... Du drehst dich um: Du wirst zu einem Tisch mit Waage geschickt. Die Sachen werden gewogen, du willst instinktiv zahlen. Deine Wangen sind rot, dir ist wärmer und du lachst ein bisschen. Zahlen sollst du an der Kasse, aber einen Moment brauchst du um es zu verstehen. Mach es dir doch nicht so schwer, das ist nicht anders als in Deutschland, ist dein erster Gedanke.

Jetzt kommst du zu den Regalen: Die Lebensmittel sind nach Preis und Menge sortiert. Viele bunte Verpackungen, eine riesige Auswahl, große Mengen. Oft bleibst du stehen und betrachtest die Masse in, meistens, großen Packungen. Das bist du von Deutschland nicht gewohnt, dafür aber so manche Marken. Trotzdem scheint alles so viel zu sein. Du legst hin und wieder etwas in den Wagen, es gibt für dich nichts zu beanstanden. Okay, bei Schokolade und Scheibenkäse sieht das Angebot etwas mau aus und ist teurer. Aber sonst kannst du überall nur kleine Preise entziffern. Nur noch eine Flasche Saft. Da kommt dir das Angebot doch wie gerufen, oder? 1,75 Liter, 250 Milliliter davon sind gratis.

Du gehst zur Kasse. Wie viel Geld hast du dabei? Hast du einen Überblick wie viel das kostet? Du gehst alles im Wagen durch, genau: Du musst einen Teil zurücklegen. Das kommt davon, wenn du ohne Einkaufszettel und mit wenig Geld einkaufen gehst. Das wolltest du doch von deinen letzten Einkäufen schon gelernt haben.

Zurück an der Kasse: Der Verkäufer lächelt. Er spricht arabisch, du englisch. Jetzt versucht er es mit Deutsch und ein Lächeln huscht dir übers Gesicht – das funktioniert. Deine Sachen liegen in vielen Plastiktüten eingepackt im Wagen. Zum Glück brauchst du das nicht machen, denn das Bezahlen dauert noch ein bisschen länger. Du kramst die Münzen hervor und guckst dir alle an. Immerhin kannst du die arabischen Zahlen lesen.

Erfolgreich verlässt du die Mall in Richtung Parkplatz. Dort bleibst du abrupt stehen: Wo gehört der Wagen hin? Zurück bringen willst du ihn nicht, das wäre blöd. Du läufst langsam weiter und ein Mann schickt dich auf den oberen Teil des Parkplatzes. Siehst du wirklich so unbeholfen aus? Deine Schritte sind etwas unkoordiniert, du lässt deinen Blick immer wieder schweifen und suchst nach abgestellten Wagen. Deswegen dauert es ein bisschen, bis du deine Fans entdeckst: sie filmen dich und lachen ein bisschen. Aber da du selbst lachst, macht es dir nichts aus. Oben geht das Suchspiel weiter. Hinter dir läuft eine Security. Ob er dir folgt, weil du so herum irrst? Vielleicht. Du hattest schon mit dem Gedanken gespielt, den Wagen einfach irgendwo stehen zu lassen, lehnst ihn aber ab. Dann fragst du, er antwortet: "Stell den Wagen einfach ab. Egal wo." Du bedankst dich und drehst dich ruckartig weg. Dann ist es wohl doch so einfach. Wieder spürst du deine warmen Wangen. Schnell verlässt du schmunzelnd den Parkplatz. Immerhin, denkst du, habe ich dieses Mal die Mall überhaupt gefunden....

Schöne Grüße aus Jordanien,

Alisa

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Es gibt auch leckere Bonbons zu kaufen. (Foto: EMS/Jeric)
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Oft standen wir (Julia und ich) davor - wir wollen es im Laufe der Zeit probieren. Getraut haben wir uns bisher nicht. (Foto: EMS/Jeric)