Weltweit erlebt
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10 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

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Sophia, Jule und ich auf dem Weg nach Kodaikanal (Foto: EMS/Kreiter)
Sophia, Jule und ich auf dem Weg nach Kodaikanal (Foto: EMS/Kreiter)
15. Oktober 2018

Kaum zu glauben...

Lea

Lea

Indien
unterstützt ein Heim für Kinder mit geistiger Behinderung
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…dass ich nun schon seit über einem Monat in Indien bin. Mir geht es momentan sehr gut und ich hatte eine wunderschöne Einführungswoche mit meinen Mitfreiwilligen in Chennai und Bangalore, worüber ihr in deren Blogs mehr lesen könnt.

Auch in meiner Einsatzstelle wurde ich herzlich mit Blumen, einem freundlichen „vanakkam“ und von vielen schreienden Kindern begrüßt und aufgenommen. Zu meiner Einsatzstelle, in der ich mich sehr wohlfühle, und meinem Alltag hier möchte ich noch nicht allzu viel verraten, da dazu ein separater Blogeintrag folgen wird.

Mein erster Monat

Wo ist die Zeit geblieben? Mein erster Monat hier in Indien ging rasend schnell vorüber, da schon nach zwei Wochen in der Einsatzstelle Ferien auf dem Plan standen und alle Kinder das Heim verlassen haben. Deshalb ging es für mich gemeinsam mit Sophia und Jule, deren Einsatzstellen ebenfalls im Bundesstaat Tamil Nadu liegen, 10 Tage auf Entdeckungsreise.

Reisen klingt erst einmal ziemlich cool. Es gab jedoch im Voraus einiges an Papierkram zu erledigen, was ich mir einfacher vorgestellt hatte als es schließlich war. Da die Ferien bereits zwei Wochen nach meiner Ankunft begannen, musste ich schnellstmöglich einen Zug buchen. Mein erstes Problem war, überhaupt einen Zug zu finden, der noch freie Plätze hat. Ich war etwas überfordert, da die Suche und Buchung doch völlig anders funktioniert als bei uns. Nach einem Besuch im Reisebüro konnte ich auch dieses Problem lösen und mir einen Platz im Zug sichern. 

Vor der Reise war ich etwas nervös, da ich 5,5h alleine mit dem Zug in der „sleeper class“ (die einfachste Klasse im indischen Zug mit Klappbetten) reisen musste, bis ich Jule und Sophia in Madurai treffen konnte. Im Endeffekt war die Zugfahrt jedoch sehr entspannt und meine Nervosität nicht notwendig, da ich auf viele nette Menschen traf, die alle freundlich waren und gerne weitergeholfen haben, was sich so während unserer gesamten Reise bestätigte.

Kodaikanal

Unser erstes Reiseziel war „Kodaikanal“, eine Stadt auf den ca. 2200m hohen Palani-Bergen. Abenteuerlich ging es gemeinsam von Madurai mit dem Bus nach Kodaikanal.  Der Bus war völlig überfüllt, weshalb wir uns zu dritt auf einer fünfstündigen Fahrt einen Sitzplatz teilen mussten. Da dies unmöglich war, saß ich auf einer schmalen Ablage mit dem Rücken an die Windschutzscheibe gedrückt und Sophia und Jule teilten sich den kleinen Sitzplatz. Umso glücklicher waren wir über unsere Ankunft und das kühle Bergklima. Unser Hotel hatten wir vorab online gebucht. Es erwartete uns ein eigentlich schönes Zimmer, das Bettlaken war jedoch dreckig und die Badezimmerwand schimmelig. Wir packten unsere eigenen Schlafsäcke aus, die wir aufgrund der Kälte sowieso gebraucht hätten. Klingt letztlich schlimmer, als es eigentlich für uns war, da wir uns nur abends und nachts in unserem Zimmer aufhielten.

An unserem ersten Tag erkundeten wir das Stadtzentrum und shoppten von Chudidarstoffen und Essen bis hin zu Schmuck ziemlich viel. Außerdem schipperten wir mit einem Tretboot auf dem „Kodaikanal lake“ und ritten auf Pferden um ihn herum. Am nächsten Tag beschlossen wir, mit einem Guide in den Bergen wandern zu gehen.  Er brachte uns zu Wasserfällen und weiteren Sehenswürdigkeiten wie beispielsweise die „Dolphins nose“, „Mountain view“ und den „Echo Rock“. Das Wetter meinte es leider nicht so gut. Es war sehr bewölkt und nebelig, und aus der „Mountain view“ wurde eher ein „no view“. Trotz allem hat mir die Wanderung sehr gefallen, da die Natur in den Bergen ganz anders war, wie ich sie von Salem kannte. So staunte ich schon in den ersten Wochen über die Vielfalt Indiens: einerseits trockenes und heißes Klima, andererseits eine Landschaft, die grüner kaum sein könnte.

Ein weiteres sehr interessantes und doch auch beeindruckendes Erlebnis war für mich der Ausflug nach Palani, ein mit jährlich ca. 4 Millionen Besuchern sehr bekannter Wallfahrtsort, der dem Hindu-Gott Murugan geweiht ist. Dort besichtigten wir den Tempel Murugans, dem Sohn Shivas und Bruder von Ganesha. Da viele Menschen zum Tempel wollten, mussten wir bereits unten auf einen kleinen Zug warten, der uns auf den Berg brachte. Oben angekommen war ich sehr verwirrt, da ich erwartet hatte, dass man direkt in den Tempel hineingehen könne. Es waren jedoch nur viele wartende Menschen zu sehen, überall standen große Zäune und Absperrungen. Außerdem gab es ungefähr 10 verschiedene Eingänge mit unterschiedlichen Preisen. Sophia, Jule und ich waren etwas überfordert, da uns aufgrund des Sprachproblems keiner Auskunft geben konnte. Wir hatten dann beschlossen, den teuersten Eingang für 100 Rupies (ca. 1,20€) zu nehmen, um eine noch längere Wartezeit zu vermeiden. Die Verwirrung blieb: In der schier endlosen Warteschlange zwischen den Zäunen fühlte ich mich wie im Gefängnis. Als dann eine Tür in Sicht war, hoffte ich auf den Tempel, doch wir kamen in das nächste Gebäude, in dem man weiterhin eng von Zäunen umgeben anstehen musste. Endlich im Tempel angekommen, ging alles rasend schnell: Wir wurden von Tempeldienern bis zur Muruganstatue geführt.  Da wir die teuersten Tickets gekauft haben, durften wir sogar in einen abgesperrten Bereich. Ein Tempeldiener läutete Glocken und es wurde gebetet. Anschließend malte man uns mit weißem Puder einen Punkt auf die Stirn und sammelte Geld ein. Nach gefühlten 30 Sekunden schob man uns auch schon wieder aus dem Tempel hinaus.

Dieser Tempelbesuch war sehr interessant, aber alles dort war mir gleichzeitig auch so fremd. Ich hätte nie erwartet, dass man sich einen Tempel nicht alleine anschauen und nicht so viel Zeit darin verbringen kann, wie man möchte.

Kanyakumari – die Südspitze Indiens

Wir setzten unsere Reise fort und reisten weiter nach Kanyakumari, einer Stadt am Kap Komori, dem südlichsten Punkt Indiens. Hier treffen die drei Weltmeere zusammen, der Golf von Bengalen, das Arabische Meer und der Indische Ozean.  Unser Hotel in Kanyakumari war sehr schön, sauber und zentral gelegen, weshalb man alles gut zu Fuß erreichen konnte. In den drei Tagen besichtigten wir das „Vivekananda Rock Memorial“, welches zu Ehren von Swami Vivekananda errichtet wurde, der dort seine Erleuchtung erlangt haben soll, nachdem er drei Tage lang meditiert habe. Zu dem Denkmal fuhren wir mit einem Boot, da es 500m vom Ufer entfernt liegt. Schon in der Warteschlange zum Boot wurden wir ständig beobachtet, was uns nach einiger Zeit sehr unangenehm war. Während unserer Reise wurden wir schon des Öfteren angesprochen und nach gemeinsamen Fotos gefragt, aber auf dem Vivekananda Rock Memorial nahm es kein Ende. Wir konnten kaum in Ruhe das Denkmal besichtigen. Beispielsweise informierten wir uns über das Denkmal und plötzlich saß auf Sophias Schoss ein Baby, von dem wir nicht wussten wo es herkam, bis die Mutter uns nach einem Foto fragte. Ein Gefühl, das man gar nicht richtig beschreiben kann, mir aber auf Dauer nicht gefallen hat.

Im Süden Indiens steht auch das „Mahatma Gandhi Mandapam“, ein Memorial, in dem seine Urne so lange aufbewahrt wurde, bis man die Asche im Meer verstreut hatte. Das Gebäude ist so gebaut, dass am 2. Oktober (Gandhis Geburtstag) die Sonnenstrahlen durch ein Loch direkt auf den Platz im Gebäude scheinen, an dem die nun leere Urne steht.

Besuch bei Jules Einsatzstelle

Nach drei Tagen in Kanyakumari war die letzte Station unserer ersten Reise das Women Workers´ Training Centre in Nagalapuram - Jules Einsatzstelle. Für mich ganz neu war der kleine Ort Nagalapuram, der sich doch sehr von der recht großen Stadt Salem unterscheidet. Da noch Ferien waren, verbrachten viele Kinder und Jugendliche die Tage zu Hause bei ihren Familien. Deshalb haben wir leider von dem Projekt an sich nicht allzu viel gesehen. Viel Spaß hat uns die eine oder andere Runde Memory mit den Omas der Einsatzstelle gemacht, die dabei gerne das ein oder andere Mal richtig geschummelt haben.

Zurück in Salem wurde ich wieder lieb und herzlich von den Mitarbeitern und Kinder begrüßt. Es hat sich doch schon ein bisschen wie heimkommen angefühlt, auch wenn das vollständige Einleben wohl noch etwas Zeit benötigen wird.

Ein Fazit zu unserer ersten Reise: Ich hatte eine wunderschöne Zeit, in der ich doch schon einige Facetten des Landes gesehen habe, die mich fasziniert, erstaunt und teilweise auch erschreckt haben.

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Der Sonnenaufgang in Kanyakumari mit Aussicht auf das Vivekananda Rock Memorial und die Thiruvalluvar Statue (Foto: EMS/Mayer)
Der Sonnenaufgang in Kanyakumari mit Aussicht auf das Vivekananda Rock Memorial und die Thiruvalluvar Statue (Foto: EMS/Mayer)
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Die bergige Aussicht von Kodaikanal (Foto: EMS/Mayer)
Die bergige Aussicht von Kodaikanal (Foto: EMS/Mayer)