Weltweit erlebt
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10 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

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Der Innenhof des Boarding Homes. (Foto: EMS/Hasting)
Der Innenhof des Boarding Homes. (Foto:EMS/Hasting)
03. Oktober 2019

Meine ersten Wochen in Mysore

Benjamin

Benjamin

Indien
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Hallo!

Nach drei Wochen in Indien und zwei Wochen in meiner Einsatzstelle, habe ich mich dazu entschlossen, meine ersten Eindrücke niederzuschreiben. Nachdem wir am 9. September kurz vor Mitternacht in Chennai landeten, wurden wir von Rev. Solomon Paul abgeholt und zum CSI Synod Centre gebracht und obwohl ich todmüde war, konnte ich die restliche Nacht durch nicht richtig schlafen. In den nächsten drei Tagen wurde uns der grobe Aufbau der allgemein indischen Gesellschaft im Kontext ihrer Geschichte näher gebracht, die verschiedenen Abteilungen der Church of South India erklärt und außerdem haben wir das Governmentmuseum in Chennai besucht. Zwischen den einzelnen Programmpunkten innerhalb des CSI Synod Centre, wurden wir stetig mit Tee oder Kaffee und Keksen versorgt, und das so oft, dass ich sogar manchmal stöhnte, weil ich noch überhaupt nicht hungrig war. Wenn ich bisher Kaffee oder Tee angeboten bekommen habe, war dieser stets mit viel Milch und noch mehr Zucker. Daran habe ich mich aber relativ schnell gewöhnt und wundere mich manchmal sogar, wenn einmal weniger Zucker hineingetan wurde.

Auf der viereinhalb-stündigen Zugfahrt nach Bangalore, wo wir die nächsten drei Tage verbrachten, bekamen wir zuerst Wasser und dann Snacks, die aus einer kleinen warmen Mahlzeit, einem Muffin, Popcorn, sowie Tee oder Kaffee bestanden, und später abends auch ein warmes und sehr leckeres Essen. Von so einem Service kann man in Deutschland leider nur träumen.

Unsere Zeit in Bangalore verbachten wir im CSI Board of Child Care. Wir haben in zwei Gruppen die Innenstadt ein wenig erkundet und sollten dabei Dinge die uns in egal welcher Richtung emotional beeinflussen notieren, später vorstellen und unsere Emotionen versuchen zu begründen. In Bangalore sind dann auch die Warden der einzelnen Projekte dazu gekommen und haben allen die Einsatzstellen vorgestellt und sind mit uns ins Gespräch gekommen. Ich bin dabei sehr froh, dass mein Warden, Mr. Devarathna, gut Englisch sprechen kann, sodass wir uns angemessen unterhalten können. Es kommt zwar ab und zu zu Formulierungsschwierigkeiten und Verwirrung wegen verschiedener Aussprache einiger Wörter, aber so ist das, wenn zwei Menschen aus verschiedenen Kultukreisen aufeinander treffen. Meist lachen wir einfach darüber, wenn wir etwas komplett missverstanden haben.

Am 15. September fuhren dann alle Freiwilligen mit ihren Wardens zu ihren Projekten, wobei ich noch gut dran war, da Mysore und Bangalore nur ca. drei Stunden Zugfahrt auseinander liegen. Andere Freiwillige mussten die ganze Nacht durchfahren und kamen erst am nächsten Morgen an. Hier im CSI Harwicke Boys’ Boarding Home leben etwa 40 Jungs, die entweder in die Primary School oder aufs College gehen. So ganz bin ich innerhalb meiner zwei Wochen hier noch nicht hinter das Schulsystem gestiegen, aber ich habe ja noch genug Zeit dafür.

An einem normalen Tag stehen die Jungs und ich um sechs Uhr auf und dann haben sie Zeit sich frisch zu machen und den Innenhof zu säubern. Ich bekomme meist Kaffee und muss dafür sorgen, dass auch alle aufstehen und ihren Aufgaben nachgehen. Bei manchen der älteren Jungs ist das jeden Morgen aufs neue eine Herausforderung. Sieben Uhr ist dann „Prayer Time“: es werden ein paar Lieder gesungen, die mit jeglichem Schlagwerk begleitet werden, das man sich vorstellen kann. Dann wird eine selbst ausgewählte Bibelstelle vorgelesen und zum Abschluss gebetet. An die sehr schnelle Rhythmik muss ich mich als Europäer erst noch gewöhnen, was ich sofort erfur, als ich das erste mal gebeten wurde, auf drei Trommeln gleichzeitig zu spielen. Es erforderte eine erhebliche Konzentration die Geschwindigkeit zu halten und auch noch die nötige Abwechslung hinein zu bringen. Ich bewundere einige Jungs oft, wie sie mit einer Leichtigkeit die Instrumente bedienen, dabei aus voller Kehle mitsingen und ihren Blick einfach durch den Raum streifen lassen. Nach dem Frühstück ziehen sich alle Kinder ihre Schuluniform, sofern vorhanden, an und gehen dann um 9.20 Uhr nach einem kurzen Gebet zur Schule.

Bis 16 Uhr habe ich dann also meine Freizeit, die ich in den ersten eineinhalb Wochen damit verbringen durfte, mich bei der lokalen Polizei per Website zu registrieren, was sich jedoch einfacher anhört als es in Wirklichkeit ist. Immer wieder wurden zusätzliche Dokumente verlangt, die dann wiederum auf einer anderen Website ausgefüllt werden mussten. Dazu kam noch eine Liste vieler Kriterien, die die Dokumente erfüllen sollten, damit sie hochgelanden werden konnten.

16 Uhr kommen dann die Kinder zurück aus der Schule und haben bis 18 Uhr Playtime. Ich spiele meistens eine Stunde mit den kleinen Zombieball, ein Spiel was ich ihnen beigebracht habe, oder Kapadi, ein Spiel was sie mir beigebracht haben. Dabei kommt es oft zu Streitereien, weil manche Kinder nicht immer ehrlich spielen. Kind X soll geschummelt haben, aber zur gleichen Zeit hat Kind Y hinter meinem Rücken auch unfair gespielt. Von mir wird dann meistens erwartet, dass ich beides gesehen habe und dann bestimmen soll, wer jetzt im Recht liegt. Es steht oft eine große Unverständlichkeit in den Gesichtern der Kinder, wenn ich ihnen erkläre, dass ich auf keiner Seite stehe und das Spiel nur richtig funktioniert, wenn sich alle fair verhalten. In der zweite Stunde schließe ich mich dann meistens den älteren Jungs an und spiele mit ihnen Volleyball. Bis auf ein paar Unstimmigkeiten, die oft zu zehnsekündigem Anschreien führen, verläuft das aber sehr ruhig.

18 Uhr ist dann die zweite „Prayer Time“, die genauso wie die am Morgen verläuft. Manchmal versucht Mr. Devarathna den Kindern ein neues Lied beizubringen, oder kritisiert einige Verhaltensweisen, die die Kinder an den Tag legen. Dabei spricht er auch manchmal geziehlt einzelne Jungen an. Vor und nach dem Abendessen haben die Jungs dann „Study Time“, in der sie ihre Hausaufgaben machen. Der Tag endet um 22 Uhr damit, dass die Jüngeren vor dem Schlafen ein Abendlied auf Kannada singen. Ich falle dann meistens unglaublich müde ins Bett und schlafe sofort ein. Das Dasara Fest hat in dieser Woche begonnen und ich werde in meinem nächsten Blog einige Erlebnisse schildern.

Ich bin gespannt, was ich in der nächsten Zeit noch erleben werde und freue mich, euch davon berichten zu können!

Euer Benjamin

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Die Jungs beim Spielen. (Foto:EMS/Hasting)
Die Jungs beim Spielen. (Foto:EMS/Hasting)
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Bei einem Foto sind alle Jungs gleich mit dabei. (Foto: EMS/Hasting)
Bei einem Foto sind alle Jungs gleich mit dabei. (Foto: EMS/Hasting)