Weltweit erlebt
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Weltweit erlebt

10 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

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Der Besuch aus Wales und Mitarbeiter: vorne: Riya, Anu Aunty, Sister Ruth, Judy und ich, hinten: Linda und Kate (Foto: EMS/Kohrs)
Besuch
22. November 2016

Eine ereignisreiche Woche

Annegret

Annegret

Indien
leistet ihren Freiwilligendienst in einem Frauenzentrum
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Tage seit Ankunft: 82

Alles fing letzte Woche Samstag an, denn da wurde das Finale der 200-Jahr Feierlichkeiten der CSI in Kerala begangen. Gefeiert wurde dabei die Landung der ersten englischen Missionare in Kerala. Und diese Feierlichkeiten gehen wohl schon vier Jahre lang, wobei viele neue Projekte der CSI finanziert wurden, darunter auch die neuen Gebäude auf meinem Compound.

Die Missionare haben hier bei den Christen einen ganz besonderen Status. Viele Leute schreiben ihnen den heutigen Erfolg Keralas zu: Im 19. Jahrhundert bauten sie Schulen, Kinderheime und Straßen, übersetzten die Bibel ins Englische und brachten westliche Bildung ins Land, heute ist Kerala einer der Bundesstaaten mit dem höchsten Bildungsstand.

Die Feier bestand aus einem riesigen Umzug, bei dem alle Kirchen der Diözese teilnahmen. Davon hab ich leider nicht viel mitbekommen, da wir uns schon Schattenplätze für die darauffolgende Function gesichert hatten. Die war riesig. Um euch das Ausmaß klarzumachen: Das ganze wurde in einem Cricketstadion abgehalten, und ein Cricketfeld ist um einiges größer als unsere popeligen Fußballfelder. Als Ehrengäste oben auf dem Podium waren unzählige Bischöfe aus ganz Indien und einigen anderen Ländern gekommen, sowie andere wichtige Persönlichkeiten.

Eingestimmt wurden die mehreren Tausend Gäste mit Musik einer Band und eines extra für diesen Anlass gebildeten Chores. Außerdem gab es ein Tanzschauspiel zu sehen, bei dem die Landung der Missionare in Kerala nachgestellt wurde. Nach einer formellen Begrüßung wurde auf einer riesigen Leinwand auf dramatische Art und Weise von den „Heldentaten“ der Missionare berichtet, doch da als Hintergrundmusik die Melodie zu Fluch der Karibik gewählt wurde, konnte ich mir ein Schmunzeln (oder eher ein Lachen) nicht verkneifen. Darauf folgten viele viele Ansprachen der verschiedenen Gäste, von denen wir (leider) nicht alle hören konnten, denn wir mussten vor Einbruch der Nacht den Rückweg antreten.

Es war wirklich erstaunlich zu sehen, mit wie viel Aufwand ein solcher Jahrestag hier gefeiert wird. Man muss sich fragen: Wo nimmt die Kirche dieses Geld her? Und könnte das nicht wichtigeren Zwecken zukommen? Aber mich gehen diese Fragen ja nicht wirklich etwas an und spannend war das Fest allemal.

In der Woche darauf wurden wir am Dienstag und Mittwoch von drei Frauen aus Wales besucht. Zwei von ihnen, Judy und Kate, haben das Asha Bhavan vom Start an begleitet. Kate arbeitet in Wales in einer ähnlichen, aber viel größeren Einrichtung und es war sehr spannend von ihrer Arbeit dort zu hören.

Doch zuerst mussten Riya und ich ihnen helfen irgendwie an Bargeld zu kommen. Wer es in Deutschland nicht mitbekommen hat: vor zwei Wochen wurden über Nacht in Indien alle Geldscheine im Wert von 500 und 1000 Rupien verbannt, im Versuch gegen Schwarzgeld und Korruption im Land vorzugehen. Dabei muss man bedenken, dass 500 Rupien gerade mal knapp 7€ wert sind. Es war sicherlich ein erfolgreicher Schlag gegen Schwarzgeld, doch da zwei Tage danach alle Geldautomaten geschlossen waren, und viele auch noch geschlossen sind, herrschte und herrscht etwas Chaos hier. Es gibt neue 2000 Rupie Noten, doch damit kann man in den meisten Geschäften und dem Bus nicht bezahlen. Es mangelt überall an Wechselgeld und es gibt riesige Schlangen vor den Geldautomaten, die noch Geld ausgeben. Zum Glück hatte ich zu diesem Zeitpunkt gerade keine 500 oder 1000 Rupien an mir, sonst hätte ich die umtauschen müssen.

Die Frauen guckten sich am Dienstag den Tagesablauf an und kommentierten fleißig. Kate hat sofort verstanden, dass es mir nicht so ganz leicht fällt hier zu arbeiten: Ich sehe, dass nicht alles optimal läuft und dass sich einiges verändern müsste, doch ich habe weder die Erfahrung, noch die Autorität etwas zu verändern. Ich sehe, dass die Frauen, die weniger fähig sind Dinge herzustellen den ganzen Tag rumsitzen und eigentlich nichts zu tu haben, doch ich weiß auch nicht, wie ich sie beschäftigen kann. Das ist manchmal sehr frustrierend und Kate hat angeboten, dass sie mir, wenn sie wieder zu Hause ist, Ideen schickt, die wir auch hier umsetzen könnten. Das ist total Klasse, denn sie hat sehr viel Erfahrung in diesem Gebiet und ich brauche auf jeden Fall ein paar Anregungen.

Sonst habe ich bei der Arbeit mit den Frauen bemerkt, dass es sehr viel Geduld erfordert, Geduld, die ich manchmal schwer aufbringen kann. Doch ich bin ja vor Allem hier um an mir selbst zu arbeiten und ich denke, dass ich mich in dieser Hinsicht auf jeden Fall schon weiterentwickelt habe.

Es war total spannend durch die Frauen aus Wales eine andere Sichtweise zu bekommen. Mit ihnen über ihre Projekte zu sprechen, wie sie Probleme angehen und Lösungen finden, war sehr motivierend und ich möchte auf jeden Fall versuchen mehr eigene Projekte umzusetzen.

Am Samstag dann war das Ereignis des Jahres für das Asha Bhavan, oder auf jeden Fall für die Mitarbeiter: Der Sale fand statt, bei dem wir den selbstgemachten Schmuck, selbst zusammengenähte Regenschirme, Essen, Kleidung und andere kleine Dinge verkauften, die Anu, die Direktorin, auf Messen günstig erstanden hatte, verkauften. Für diesen Anlass schmissen Riya und ich uns heftig in Schale. Endlich konnte ich einen Sari tragen! Dadurch habe ich nochmal eine extra Portion Aufmerksamkeit auf der Straße bekommen, worauf ich hätte verzichten können, doch da Riya sichergestellt hat, dass ich ein modisches Oberteil trage und die lange Stoffbahn richtig gewickelt wurde, fielen die Reaktionen überwiegend positiv aus.

Leider konnten wir, unter anderem wegen des Bargeld Problems, nicht so viel verkaufen, dafür hatten vorher schon einige Besucher viel Schmuck gekauft und auch ich habe einige Sachen erstanden. Es war ein sehr schöner Tag und die Stimmung war auf jeden Fall super!

Ich hoffe das Update war interessant und nicht zu lang! Viele Grüße und hoffentlich bis bald.

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DIe Ehrengäste bei der 200-Jahr Feier, viele wichtige Leute! (Foto: EMS/Kohrs)
Bicentenary Celebration
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Riya und ich beim Asha Bhavan Sale (Foto: EMS/Kohrs)
Sale