
Weltweit erlebt
14 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

Ramadan im Norden Ghanas
Hallo liebe Leser,
ihr seid sicher froh, mal wieder was von mir zu hören. Mir geht es sehr gut zurzeit und ich bin in meinen letzten Wochen meines Freiwilligendienstes angelangt. Schon ein merkwürdiges Gefühl, bald wieder nach Deutschland zu fliegen. Aber zum Thema Abschied wird es bestimmt noch einen extra Blogeintrag geben. Noch ist es ja nicht so weit ;).
Hier im Norden in Tamale war es die letzten Monate sehr heiß und trocken. Teilweise unerträglich für mich. Ständig hoffen alle auf ein bisschen Regen. Ihr könnt euch also vorstellen, dass man sich irgendwann nur noch fragt, ob die Hitze auch mal wieder aufhört. Jetzt ist schon Mai und der Regen kommt nach und nach. Aber meines Erachtens immer noch viel zu wenig.
Wie einige von euch vielleicht wissen, hat im Mai auch die Fastenzeit, der Ramadan, für die Muslime angefangen. Ramadan ist ein heiliger Fastenmonat für Muslime und startete dieses Jahr am 06. Mai und wird bis zum 5. Juni durchgeführt. Da im Norden Ghanas die Bevölkerung zu 80% muslimisch ist, ist das ein sehr spannendes Thema hier. Generell hat sich der Alltag ein wenig geändert. Nach Sonnenuntergang gegen ca. 18:20 Uhr sieht man auf einmal so viele Menschen auf den Straßen. Einzelne Gruppen, die jeweils gemeinsam das Fasten brechen und gemeinsam essen. Tagsüber hingegen kommen mir die Straßen immer viel leerer vor als zuvor. Die Stimmung erscheint mir jedes Mal sehr positiv und es ist eine starke Gemeinschaft zu erkennen.
Auch sonst habe ich das Gefühl, es wird sehr viel Rücksicht auf die Fastenden genommen. Eine Freundin, die Lehrerin ist, hat mir berichtet, dass einige ihrer Kollegen schon um 11 Uhr gehen dürfen, obwohl die Schule eigentlich erst um 14:00 Uhr endet. Es gibt also viel Verständnis für die Fastenzeit der Muslime. Auch tagsüber hat sich einiges geändert. Man findet während des Ramadans kaum noch Essen an den Straßenständen. Normalerweise habe ich mir in der Mittagspause ganz oft Yam oder Reis gekauft. Jetzt weiß ich gar nicht mehr, wo ich hin gehen soll, um das zu finden.
Auch ein paar meiner Freunde fasten gerade. Ich sehe, dass sie manchmal ein wenig geschwächt und müde sind. Für mich völlig verständlich. Vor allem hier in der Hitze, finde ich Wasser zum Trinken enorm wichtig. Wenn ich sie frage wie es ihnen geht, antworten sie meistens mit: „i can manage“. Ich selbst getraue mich gar nicht mehr vor ihnen zu trinken oder zu essen. Dabei fühle ich mich einfach nicht wohl oder habe das Gefühl es ihnen schwerer zu gestalten. Aber wie schon erwähnt, ist von dem was ich bisher gesehen habe das Schöne am Ramadan die Gemeinschaft und das Zusammenkommen. Ich habe beobachtet, dass die gemeinsame Zeit während dem Fasten eine große Rolle spielt und etwas sehr wertvolles für die Muslime ist.
Da ich hier vor Ort die Möglichkeit habe, so viel über das Thema mitzubekommen, dachte ich mir, dass es für den einen oder anderen Leser bestimmt auch sehr interessant sein könnte. Vor allem wie es hier so in Tamale abläuft, wo Christen und Muslime viel aufeinander treffen.
Daher habe ich einen Bekannten hier befragt. Sein Name ist Abu Dujana, er ist Imam und hat Islamische Religion studiert. Zudem lebte er 19 Jahre lang in Saudi Arabien. Insgesamt habe ich ihm 15 Fragen zum Thema Ramadan gestellt und es ist wirklich sehr interessant geworden.
Seht selbst:
Warum fasten die Muslime?
Allah hat es so vorgeschrieben. Der Ramadan gehört zu den 5 Säulen im Islam und ist somit etwas sehr Heiliges für die Muslime und einzuhalten. Zudem gewinnen wir, wenn wir fasten, ganz viel Segen, Glauben und Vergebung. Der Ramadan zeigt ebenfalls, durch welche Zeiten arme Menschen gehen. Denn im Ramadan sind alle gleich. Egal wer welchen Besitz, welches Vermögen, welchen Reichtum normalerweise hat, es wird auf alles verzichtet. Es ist also ebenfalls eine Lehre, anderen zu helfen.
Wie wird gefastet im Islam?
Nach dem ersten Gebet zum Sonnenaufgang und vor dem letzten Gebet zum Sonnenuntergang wird auf Essen und Trinken verzichtet. Es geht aber nicht nur um Nahrung. Man darf auch keinen Geschlechtsverkehr mit seinem Partner haben. Zudem soll nicht geraucht, beleidigt oder schlecht über andere geredet werden. Der Ramadan gilt als eine friedvolle Zeit für Muslime. Wir werden alle als gleich angesehen.
Wer ist zum Fasten verpflichtet?
Muslime mit islamischen Glauben die mental nicht beeinträchtigt sind. Zudem sollen alle ab der Pubertät mit dem Fasten anfangen und Kinder schrittweise daran gewöhnt werden.
Gibt es Personen, die vom Fasten ausgenommen sind?
Menschen, die geistig behindert sind, Schwangere, Kranke, Reisende oder Frauen während ihrer Menstruation sind vom Fasten ausgenommen. Jedoch werden die Tage, in denen nicht gefastet werden kann, gezählt und müssen nachgeholt werden.
Wie lange wird gefastet? Wie viele Tage? Von wann bis wann?
Es wird einen Monat lang gefastet. Jedoch kommt es auf den Mond an ob 29 oder 30 Tage. Hier in Ghana startet das Fasten vor dem Sonnenaufgang um ca. 4:20 Uhr und endet nach dem Sonnenuntergang gegen ca. 18:20 Uhr.
Ist es nicht ungesund während des Fastens auch nichts zu trinken?
Es passiert dem Körper nichts, solange man von vornerein weiß, dass man in einer gesunden und stabilen Verfassung ist.
Wie ist es für dich in dieser Hitze zu fasten? Ist es besonders schwierig hier in Ghana?
Im Vergleich zu Saudi Arabien ist es in Ghana richtig einfach. Die Hitze hier ist gar nicht so schlimm, wenn man daran gewöhnt ist.
Wie fühlst du dich körperlich während dem Fasten?
Ich fühle mich sehr gut. Man setzt sich den Gedanken, nichts zu essen und nichts zu trinken, schon vor dem täglichen Fasten in den Kopf. Somit habe ich mich mental schon darauf eingestellt.
Wozu braucht Gott das Fasten, kommt es nicht eher auf den Glauben an?
Gott möchte sehen, wie gehorsam du ihm gegenüber sein kannst. Zudem wird der eigene Glaube durch die Tat, also das Fasten, gestärkt.
Weißt du, ob sich hier alle Muslime an das Fasten halten? Oder kennst du welche, die dagegen sind?
Ich habe noch nie einen gesunden und geistig zurechnungsfähigen Muslim gesehen, der nicht fastet beziehungsweise dagegen ist.
Was wird in Ghana zum Fastenbrechen zubereitet/gegessen? Gibt es besondere Mahlzeiten?
Wir brechen das Fasten mit Datteln. Das ist das erste was wir zu uns nehmen. Ansonsten natürlich Wasser. Zudem wird einiges an Früchten gegessen.
Wird es Nichtmuslimen erlaubt, an Veranstaltungen des Ramadan teilzunehmen?
Meiner Meinung nach gibt es für jemanden, der nicht den islamischen Glauben hat, nicht die Vorteile, die der Ramadan verspricht. Also macht es nicht sehr viel Sinn als Nichtmuslim daran teilzunehmen. Jedoch hat keiner was dagegen, wenn Nichtmuslime zum Beispiel beim Fastenbrechen dazu stoßen.
Ich habe gesehen, dass Frauen während den Gebeten hinten sind und ein Vorhang zwischen Männern und Frauen ist. Gibt es einen speziellen Grund dafür?
Das liegt daran, dass wir während des Betens, den Fokus auch nur auf den Gebeten haben möchten. Männer und Frauen sollen sich währenddessen nicht gegenseitig attraktiv finden, anmachen oder abgelenkt werden.
Darf man während dem Fasten jemanden küssen? Welche Regeln gibt es?
Man darf seine Frau küssen solange dabei nicht übertrieben wird. Wer allerdings nicht verheiratet ist, dem ist nicht erlaubt seinen Partner oder seine Partnerin zu küssen oder zu berühren.
Was bedeutet das Fasten für dich selbst?
Mir geht es dabei um die Anbetung Gottes und ich genieße dieses Gefühl sehr. Es fühlt sich so an, als wäre ich ganz nah bei Allah, unserem Gott. Man gewinnt an Glauben und Segen. Zudem zeigt mir das Fasten immer wieder, dass wir den Armen helfen müssen. Außerdem diszipliniert mich der Ramadan und ich fange danach auch an, diese Zeit zu vermissen. Es herrscht einfach eine friedvolle und besondere Atmosphäre währenddessen.
Durch das Interview habe ich einige interessante und wichtige Dinge über den Ramadan im Zusammenhang mit der Kultur im Norden Ghanas gelernt. Daher bin ich froh, dass ich dieses Wissen nun hier mit euch teilen kann.
Auch interessant zu wissen ist, dass wir während des Interviews mehrfach unterbrochen wurden. Mein Interview Partner Abu Dujana wurde ständig zum Gebet gerufen oder es kamen Muslime vorbei, die ihn sehen und mit ihm sprechen wollten. Daran ist mir ein weiteres Mal aufgefallen, dass die Muslime hier während des Ramadan im Laufe des Tages mehrfach zusammenkommen und trotz des großen Verzichts eine schöne Zeit gemeinsam genießen.
Zudem habe ich einen Tag lang mit gefastet. Es war echt nicht einfach bei 38 Grad 14 Stunden nichts essen und nichts trinken zu können. Aber eine Erfahrung war es auf jeden Fall wert. Vor allem das gemeinsame Fastenbrechen am Abend. Ich habe kurz davor angefangen die letzten Stunden zu zählen, da ich so durstig war. Mir ging es gar nicht mehr um das Essen, ich wollte nur noch Wasser zum Trinken haben. Auch das Gefühl vom ersten Schluck am Abend war wirklich unglaublich. Doch trotz dem anstrengenden Tag, war es sehr schön für mich einmal die Gemeinschaft während des Ramadans hautnah mitzuerleben.
Zum Fastenbrechen gab es einiges an Früchten, lokalen Getränken und Fleisch. Wir haben nette Gespräche geführt und es uns dabei echt gut gehen lassen. Es war echt eine sehr schöne Erfahrung. Trotzdem bin ich froh, dass ich die nächsten Tage wieder trinken darf wann ich möchte.
Das war’s von mir und bis bald mal wieder!
Ganz liebe Grüße aus Ghana.

