
Weltweit erlebt
14 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

Hat Ghana meinen Glauben gestärkt?
Hallo ich bin‘s mal wieder!
Es ist unglaublich wie schnell die Zeit vergeht. Mein letzter Monat in meiner Einsatzstelle steht vor der Tür. Danach werde ich noch einen weiteren Monat hier in Ghana mit meiner Mitfreiwilligen Carola verbringen. Wir werden ein bisschen durch die Gegend reisen und andere Freiwillige, die wir während unserer Zeit hier kennen gelernt haben, besuchen.
Aber worum es eigentlich in diesem Blogeintrag gehen soll ist das Thema Glaube. Ich bin mir sicher, das wird ein etwas persönlicher Blogeintrag. Aber ich möchte meine Gedanken trotzdem sehr gerne mit euch teilen.
Und zwar bin ich nun schon neun Monate hier in Ghana, in Tamale in einer Gastfamilie. Ich habe richtig tolle Gastgeschwister, mit denen ich mich super gut verstehe und ich bin sehr traurig darüber, sie bald verlassen zu müssen. Abends sitzen wir immer zusammen und treffen uns zu einer kleinen Abend-Devotion. Wir beten gemeinsam und danken für alles, was uns Wertvolles an dem jeweiligen Tag passiert ist. Anfangs war es noch etwas ungewohnt für mich, da wirklich keiner schlafen geht, bevor wir nicht gemeinsam gebetet haben. Aber mittlerweile fühle ich mich immer sehr wohl dabei. Manchmal sitzen wir auch einfach nur zusammen und können gar nicht mehr aufhören zu lachen. Zum Beispiel an Ostern. Ich habe ihnen zeigen wollen, wie wir bei mir zu Hause in Deutschland Ostern feiern. Dafür haben wir dann spontan angefangen Eier zu bemalen, die ich dann mit einer anderen Kleinigkeit für sie versteckt habe. Ihr hättet sehen müssen wie witzig es war, sie mit den Worten: „kalt, sehr kalt, warm, heiß, ganz heiß oder du verbrennst gleich“ zu ihrem Geschenk zu führen. Auch meine Gasteltern haben mitgemacht und wir alle haben uns vollkommen kaputt gelacht. Mein Gastvater hat bei dem Stichwort „kalt“ erst mal angefangen in der Gefriertruhe zu suchen. Er hatte noch nicht verstanden, dass ich mit „kalt“ meinte, dass er sehr weit von seinem versteckten Geschenk entfernt ist. Es war wirklich ein sehr schöner Tag. Ich denke auch, dass ich diese Erinnerungen nie wieder vergessen werde.
Aber nun zur eigentlichen Frage, die ich mir schon lange selber stelle. Hat mein Freiwilligenjahr hier in Ghana meinen Glauben zu Gott verändert, gestärkt oder ist alles wie beim Alten geblieben?
Vielleicht eine etwas merkwürdige Frage. Aber ich habe mich auch schon vor meinem Jahr hier in Ghana gefragt, ob sich daran irgendwas ändern wird. Ich bin nämlich mit der Erwartung hier her gegangen, dass mich die ghanaische Kultur sicher in meinem Glauben weiter bringen wird. Meiner Meinung nach, ist das auch eingetreten.
Am Anfang meiner Reise hier hatte ich noch einige Schwierigkeiten. Mir war oft langweilig, ich habe mich alleine und manchmal nicht wirklich verstanden gefühlt. Dann kamen auch die Zweifel. Warum habe ich das überhaupt gemacht? Wieso bin ich so lange von meiner gewohnten Umgebung weg gegangen? Meine Zweifel haben auch relativ lange angehalten. Ich würde behaupten, dass ich mich erst Mitte Dezember so richtig angefangen habe wohlzufühlen. Aber wie ihr meinem Erlebnis, mit meiner Gastfamilie an Ostern entnehmen könnt, hat sich mit der Zeit einiges zum Positiven geändert. Und ich würde sagen, ich habe auch vieles dazu gelernt.
Ich habe angefangen mich den Menschen hier komplett zu öffnen, auf sie zuzugehen und vor allem ihre Sichtweisen zu verstehen. Ich war viel im Gespräch mit meiner Gastfamilie und so haben wir uns gemeinsam immer mehr und mehr eine richtig schöne Zeit aufgebaut. Kam es zu weiteren Problemen oder Zweifeln, habe ich mich an sie oder an andere enge Freunde gewendet. Es hat mir sehr geholfen über Dinge, die mich bedrücken, einfach nur zu sprechen.
Vor allem ist mir aufgefallen, dass ich hier gerade von Menschen umgeben bin, die mich einfach so in ihrem Leben aufgenommen haben. Für mich ist das überhaupt nicht mehr selbstverständlich. Wieso sollte mir jemand mit so viel Verständnis zuhören, den ich gerade mal seit einer so kurzen Zeit kenne? Mittlerweile fühlt es sich so an, als wäre ich hier in Ghana in Tamale auch zu Hause. Und dass, obwohl ich am Anfang so starke Zweifel hatte und am liebsten zurück nach Deutschland in meine gewohnte Umgebung geflogen wäre.
Wie wertvoll die ganzen Begegnungen waren, die ich gemacht habe, fällt mir erst am Ende so richtig auf. Und dafür bin ich so dankbar. Mir wurde bedingungslos ein Zuhause gegeben, in einer Umgebung in der mir anfangs alles fremd war. Ich male mir schon aus, wie schwer es wird die Menschen, die mir so ans Herz gewachsen sind, verlassen zu müssen. Ebenfalls bin ich auch froh bald wieder zu meiner Familie in Deutschland zu können, die schon lange auf mich wartet. Im Moment habe ich wie ihr sehen könnt, kurz vor meiner Abreise, sehr gemischte Gefühle.
Aber um auf das Thema Glaube zurück zu kommen. Ja, meine Zeit hier hat mich auf jeden Fall in meinem Glauben gestärkt. Ich bin gewachsen an Schwierigkeiten, habe Probleme allein bewältigt und bin auf fremde Menschen zugegangen. Und ganz arg bin ich davon überzeugt, dass Gott auf meiner ganzen Reise dabei war. Selbst wenn ich das am Anfang nicht glauben wollte. Ich habe Gespräche mit Freunden, mit meiner Gastfamilie oder mit meiner Kirche hier in Ghana über Gott, Glaube und viele andere Themen geführt. Ganz oft wurde ich berührt von Geschichten, die ich so zuvor noch nie gehört hatte. Zudem ist mir aufgefallen, wie sehr die Menschen hier ihr Leben in Gottes Hände geben. Sie verlieren nie die Hoffnung an ihren Glauben und das beeindruckt mich sehr. Außerdem ist es wirklich interessant, wie hier der Glaube ausgelebt wird. In der Kirche wird getanzt und alle gehen zu Lobpreis Liedern ab, sodass Kirche zu etwas sehr Interessantem und Lebhaftem wird. Auch die Lobpreis-Lieder werden immer mit so viel Emotionen und Freude gesungen. Es ist jedes Mal sehr schön daran teilzuhaben. Ich muss aber auch zugeben, dass es für mich hier manchmal ein bisschen zu viel mit Kirche war. Es gab tatsächlich nicht einen Sonntag in Tamale, an dem ich nicht mit meiner Gastfamilie in die Kirche gegangen bin. Aber letztendlich bin ich dann doch jedes Mal sehr glücklich aus den Gottesdiensten gegangen.
Ebenso bin ich in einer Jugendgruppe, die sich YPG (Young People‘s Guild) nennt. Gemeinsam mit meiner Gastschwester und meinem Gastbruder gehen wir montagabends zu den gemeinsamen Treffen. Wir haben interessante Gespräche über unseren Glauben, Alltagsgeschichten oder wir treffen uns einfach bloß um uns gegenseitig Witze zu erzählen. Ich bin mir sicher, dass ich diese Abende unglaublich vermissen werde. Sie haben mir so viel für meinen Glauben gebracht. Ich habe neue Dinge gelernt und vor allem ganz tolle Menschen kennen gelernt.
Zum Schluss kann ich sagen, ich bin sehr dankbar für die Zeit, die mir hier ermöglicht wurde. Und ich werde bestimmt mit einem lachenden und einem weinenden Auge nach Hause fliegen.
Mein Lieblingsspruch der mich immer begleitet: „Spirit lead me where my trust is without borders. “ („Geist führe mich dorthin, wo mein Vertrauen ohne Grenzen ist.“) Aus dem Song Oceans von Hillsong United.
Das war’s von mir.
Ganz liebe Grüße aus Ghana, bald sieht man sich wieder im Lande ;)

