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14 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

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Das I.C.T. Klassenzimmer (Foto: EMS/Mayer)
Das I.C.T. Klassenzimmer (Foto: EMS/Mayer)
07. Dezember 2017

Eine Klasse mit 60 Schüler*innen unterrichten?!

Jacob

Jacob

Ghana
leistet seinen Freiwilligendienst in einer Berufsschule
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Hallo zusammen,

ich melde mich mal wieder aus dem warmen und sonnigen Kumasi. Nun bin ich „schon“ oder „erst“ seit drei Monaten in Ghana und fast ein Drittel meiner Einsatzzeit ist vorüber. Die Zeit vergeht größtenteils wie im Flug und manchmal denke ich: wir Freiwilligen sind doch erst neulich aus Deutschland abgeflogen. Doch mittlerweile sind schon mehr als 13 Wochen vergangen und schon seit einiger Zeit fühle ich mich hier auf dem Campus in Kumasi schon wohl und wie zu Hause.

Inzwischen ist der Schulalltag in vollem Gange und ich unterrichte nun schon seit mehr als zwei Monaten I.C.T. (Information Communication Technology) bei Kurs 1 & 2. Meine Schule und Einsatzstelle ist das Ramseyer Vocational/Technical Institute, eine Art private Berufsschule der PCG (Presbytarian Church of Ghana). Die Schüler*innen kommen vier Jahre an diese Schule, um einen handwerklichen Beruf und eine Art Lehre in den Bereichen Catering (Koch/Köchin), Schneidern/Nähen (Schneider*in), Constructioning (Maurer*in) und Electricals (Elektriker*In) abzuschließen. Fast alle Schüler*innen, die zum Ramseyer kommen, haben die Senior High School beendet und sind zwischen 17 und 24 Jahre alt. Offiziell ist das Institute eine Art Uni/Hochschule, die Schüler*innen werden hier Students genannt. Doch mit einer deutschen Uni/Hochschule ist das nicht zu vergleichen. In Ghana gibt es auch Universitäten/Hochschulen wie wir sie aus Deutschland kennen, daher finde ich die Bezeichnung Berufsschule für das Ramseyer deutlich besser. Neben den fachlichen Bereichen werden allgemeinbildende Fächer wie zum Beispiel Mathe, Englisch und eben auch I.C.T. gelehrt.

In den fachspezifischen Fächern sind die Students in ihre jeweiligen Bereiche aufgeteilt und die Kurse sind dann mit 10-20 Schüler*innen recht klein. In den allgemeinbildenden Fächern lernen alle Students aus einem Jahrgang zusammen. Dadurch sind die Kurse entsprechend groß. So auch in meinem I.C.T. Unterricht. In Kurs 2 unterrichte ich knapp 60 Schüler*innen. Der Kurs 1, also die Neulinge, ist mit „nur“ 42 Schüler*innen belegt, was daran liegt, dass seit diesem Schuljahr die staatlichen Hochschulen kostenlos sind und die Schüler*innen keine „fees“, Schulgebühren, mehr bezahlen müssen. Da das Ramseyer aber eine kirchliche und dadurch eine private Schule ist, müssen die Students weiterhin Geld bezahlen. Diese „fees“ sind hoch und somit ziehen viele Eltern die kostenlosen staatlichen Schulen den privaten vor.

60 bzw. 42 Schüler*innen hören sich nach einer großen Anzahl an, vor allem, wenn man es mit deutschen Schulklassen vergleicht. Doch für ghanaische Verhältnisse ist diese Anzahl völlig normal. Jetzt fragt ihr euch bestimmt, ob und wie Unterricht mit so vielen Schüler*innen überhaupt funktioniert und möglich ist, noch dazu wenn nur etwas mehr als die Hälfte der 28 vorhandenen PC-Arbeitsplätze funktioniert. Gleich zu Beginn meines Unterrichts, Anfang Oktober, habe ich beide Kurse in jeweils zwei Gruppen eingeteilt und dadurch die Anzahl der Schüler*innen für eine Einheit halbiert. Bei Kurs 1 geht das mit der im Verhältnis kleinen Anzahl an Students sehr gut auf. In diesen Stunden sitzt jeder Student an seinem eigenen Tisch, deshalb ist das Mitschreiben von der Tafel gut möglich. In Kurs 2 ist die Situation eine völlig andere, in diesen Stunden sitzen fast immer mehrere Schüler*innen gemeinsam an einem recht kleinen Tisch, der vom Monitor schon halb belegt ist und versuchen die Aufgaben gemeinsam zu erledigen. Geht es dann noch an das praktische Arbeiten am Computer, ist es in den vier Gruppen nicht möglich, dass alle Schüler*innen an einem funktionsfähigen Computer arbeiten können. Mal geht die Maus, mal die Tastatur nicht und mindestens zehn Computer springen erst gar nicht an. Somit sitzen meistens zwei oder teilweise sogar drei Students um die kleinen Tische herum und versuchen die Aufgaben gemeinsam zu erledigen.

Im ersten Jahr lernen die Schüler*innen zuerst einige Computergrundlagen, zum Beispiel was ist eine Maus und wie funktioniert ein PC überhaupt. Im Moment lernen sie, einen neuen Ordner und ein Word Dokument zu erstellen. Im Laufe des Jahres kommt dann der einfache Umgang mit Word hinzu sowie das Schreiben am Computer im Allgemeinen. Bei Kurs 2 stehen Themen wie das Internet und der Umgang mit Präsentations- und Tabellensoftware auf dem Lehrplan. Doch ohne Internetzugang und sonstige neumodischen Lehrmethoden ist es gar nicht so einfach den Schüler*innen etwas über das Internet beizubringen oder zu verdeutlichen, wie zum Beispiel ein E-Mail Account anlegt wird. Für meinen Unterricht steht mir lediglich eine Art Flipchartboard zur Verfügung. Dieses steht hochkant auf dem Boden und kann nur zur Hälfte beschriftet werden, da ansonsten die hinteren Reihen nichts mehr lesen können. Meistens erkläre ich die einzelnen Schritte eines Vorgangs mit Skizzen an der Tafel, muss es dann später aber einem Großteil der Schüler*innen nochmals einzeln am Computer erklären, da sie sich oftmals unter den einzelnen Schritten nichts vorstellen können. Viele Schüler*innen haben von zuhause keinerlei Erfahrungen im Umgang mit Computern.

Viele der Students besitzen ein Smartphone und nutzen facebook, whatsapp und co, doch wie man eine Maus richtig bedient, was das Internet überhaupt ist und wie es im entferntesten Sinne funktioniert, davon hat eigentlich keiner meiner Schüler*innen eine richtige Vorstellung. Ich kann meinen Students also noch eine ganze Menge über Computer und Co. beibringen, es ist ja noch einige Zeit bis ich wieder nach Deutschland zurückfliege, es sind ja „erst“ oder doch „schon“ 13 Wochen vorbei;)

Bis bald,

Euer Jacob

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Lehrerzimmer des Institutes (Foto: EMS/Mayer)
Lehrerzimmer des Institutes (Foto: EMS/Mayer)
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Präsentation und Bewertung der im Catering-Bereich gekochten Gerichte (Foto: EMS/Mayer)
Präsentation und Bewertung der im Catering-Bereich gekochten Gerichte (Foto: EMS/Mayer)