Weltweit erlebt
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14 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

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Vegetarisches Thali zu Onam; links oben seht ihr Pappadam, dann verschiedene Currys und Reis mit Sambar und Dal (Foto: EMS/Kohrs)
Thali
20. Januar 2017

Essen!!!

Annegret

Annegret

Indien
leistet ihren Freiwilligendienst in einem Frauenzentrum
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Schon wieder ein Blog?

Ja! Denn wer mich kennt, der weiß, dass Essen wahrscheinlich meine größte Leidenschaft ist. Und so hatte ich auch keine Bedenken bei dem Gedanken an ein Jahr „indisches Essen“, sondern war voller Vorfreude auf etwas Abwechslung auf meinem Speiseplan. Schließlich hatte ich ja schon oft indisch gegessen und es immer lecker gefunden. Da war mir noch nicht klar, dass es sowas allgemeines wie indisches Essen gar nicht gibt, und dass es weit mehr gibt als Naan und Butter Chicken. Das wurde mir gleich bei der ersten Mahlzeit nach meiner Ankunft klar: Auf uns wirkte das, was uns da vorgesetzt wurde wirklich sehr merkwürdig, doch da wir alle hungrig waren, würgten wir diese komischen pappigen Reisufos mitsamt undefinierbarer Soße alle stillschweigend runter. Später sollten wir erfahren dass es sich um Idly und Kokos Chutney handelte, eine der gängigsten Frühstücksmahlzeiten hier im Süden. Um euch das ganze besser vorzustellen, schaut doch auf das Bild im „Dinawa“ Blogeintrag von Paula :-).

Auch meine erste Mahlzeit in Kerala erwies sich als eine Reisvariation. Bei der regionalen Spezialität Appam handelt es sich um eine Art Pfannkuchen der in einer Pfanne mit rundem Boden zubereitet wird und dadurch am Rand knusprig und in der Mitte recht dick ist. Der Teig besteht aus Reismehl, Kokosnuss, Zucker und Hefe. Doch Appam ist nicht gleich Appam, denn in den vergangenen Monaten habe ich viele verschiedene Speisen gegessen die Appam im Namen haben. Zum Beispiel: nicht gebraten sondern gedämpft in einer runden oder in einer Idly-Ufo Form (Wattaappam), mit eingemachter Jackfrucht und einigen Gewürzen vermischt in einem Blatt eingewickelt gedämpft (Kumbalappam), oder in Form von Reisnudeln mit Kokosnuss, auch in Idli Form. Überhaupt wird hier alles mit Kokosnuss gemacht. Denn Kerala ist grün und fruchtbar und durch das tropische Klima steht Kokosnuss immer in Fülle zur Verfügung. Das In Deutschland vielleicht nur von einigen gesundheitsbewussten Reformhausbesuchern benutzte Kokosöl kommt hier überall zum Einsatz: Alles wird darin gebraten oder frittiert, die Haare der Frauen riechen danach und das Öl macht die Haut geschmeidig. Das gesunde Kokoswasser wird brav getrunken und das Kokosfleisch zur Herstellung von Gemüsegerichten- und Currys oder von Leckereien wie Appam verwendet.

Im Asha Bhavan wird eher einfach gekocht. Mittags und abends gibt es Reis mit Gemüse, Curd (eine Art Buttermilch, meist mit einigen Gewürzen verfeinert), Pickles und Pappadam (knusprige frittierte Fladen aus Linsenmehl). Anfänglich musste ich bei jedem Gemüse fragen was das denn sei, denn wer vermutet schon unreife Papaya, Mangos oder Bananen in seinem Essen? Und von „Ladys Finger“(Okra) und Tapioka (Maniok) hatte ich immerhin schonmal was gehört, doch noch nie auf dem Teller gehabt. Oft wird auch mit Hülsenfrüchten (Dal) gekocht oder es gibt das traditionelle Fischcurry. Die Currys hier sind nicht schwer, cremig und tomatig, wie in der nordindischen Küche, sondern eher flüssig und kokosnussig. Die Basis für alle Currys bilden Zwiebeln, Ingwer, Knoblauch, Senfkörner, Curry Blätter, grüne Chili und einige Gewürze wie Chilipulver und Kurkuma. Da das Essen im Asha Bhavan recht fad ist und schnell langweilig wird, bringt eine Lehrerin mir und Riya unter der Woche immer ein extra Curry mit (das ehrlich gesagt um Meilen besser schmeckt) und in der Anfangszeit eine Paste aus getrockneten roten Chilis, mit der ich meine Geschmacksknospen so „trainiert“ (ich würde eher vermuten abgetötet) habe, dass mir die Schärfe nicht mehr viel ausmacht. Das Essen ist hier in Kerala eh nicht so scharf, und wenn man nicht gerade eine grüne Chili mit einer grünen Bohne verwechselt und beherzt hineinbeißt, kann man seine Mahlzeit auch als verweichlichter Europäer genießen.

Meine Lieblingsmahlzeit ist das Frühstück: Da gibt es zum Beispiel Dosai, eine Art Reispfannkuchen, der im Restaurant dünn, knusprig und mit diversen Kokoschutneys (chamandi) serviert wird. Im Asha Bhavan ähnelt es eher einem dicken, labbrigen Pfannkuchen. Dazu gibt es Sambar, eine Soße aus Linsen und Gemüse, die auch gern zu Reis gegessen wird. Ein Dauerbrenner ist auch Uppma, ein Couscous ähnliches Gericht, das zwar herzhaft mit Gemüse und Chilis zubereitet, jedoch zusammen mit Bananen oder Zucker gegessen wird. Speziell in Kerala gibt es auch oft Puthu (auch steam bomb genannt), eine Art gedämpfter Reis-Kokos-Kuchen, der auch wieder entweder mit Bananen und Zucker oder mit einem Curry aus dunklen Kichererbsen (kadala) kombiniert wird. Ein Bild von der Zubereitung des Puthu findet ihr unter dem Artikel.

Bei Festveranstaltungen gibt es oft Thalis, das sind Gerichte mit Reis im Mittelpunkt mit verschiedenen Gemüsesorten, Pickles, Chutneys, Fisch Curry und Soßen außenrum, idealerweise auf einem Bananenblatt, aber sonst auf einem Stahlteller mit vielen kleinen Vertiefungen oder auf einem Pappteller serviert. Als Nachtisch wird Paysam gereicht, eine Art süßer Eintopf aus Milch, Linsen oder Suppennudeln, Zucker, Nüssen und Rosinen und einigen Gewürzen. Mir ist das Ganze dann doch etwas zu süß, wie die meisten Süßigkeiten hier, doch bei den meisten Indern ein Renner!

Wie Viele sicher wissen wird hier mit den Händen, oder besser gesagt mit der rechten Hand, gegessen. Die linke Hand sollte man dabei außen vor lassen, da diese für „hygienische Zwecke“ verwendet wird. Doch auch für uns westliche Klopapierbenutzer ist das Essen mit nur einer Hand durchaus sinnvoll, damit man danach nicht alles was man anfasst total vollschmiert. Am Anfang habe ich mich noch gefragt, wie man diesen überhaupt nicht kompakten Reis mit den flüssigen Currys einigermaßen rasch in den Mund befördern soll. Wir Freiwilligen müssen den Einheimischen in den ersten Tagen ein erheiterndes Bild geboten haben, als wir umständlich versuchten das Essen mit Chappaties (Weizenfladen) aufzuschaufeln oder wie die Hälfte vom Reis auf dem Weg in den Mund wieder auf den Teller fiel. Doch dabei muss einem nur eines klar werden: Man darf keine Angst davor haben sich die Finger dreckig zu machen! Einfach alles zusammenmatschen, den Reis mit den Fingern zerdrücken bis man einen kleinen Ball geformt hat und dann ab dafür! Nach anfänglichen Schwierigkeiten finde ich diese Art des Essens jetzt sehr angenehm, vor allem weil man dann weniger zum abwaschen hat. Und ich schwöre, das ganze schmeckt auch viel besser! Fazit: Außer ordentliches Brot und ab und an mal Nudeln vermisse ich hier nichts und hoffe, dass ich mit ein paar Rezepten im Gepäck wiederkomme!

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Mein allererstes Masala Dosai, das heißt gefüllt mit Kartoffeln und Gemüse (Foto: EMS/Kohrs)
Msala Dosai
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Die Herstellung von Puthu, rechts der Kochtopf mit dem Zylinder, in dem das Ganze gedämpft wird, oben das fertige Puthu (Foto: EMS/Kohrs)
Puthu