Weltweit erlebt
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14 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

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Die Spieler bei den GNAVTI Games im Zweikampf (Foto: EMS/Mayer)
Die Spieler bei den GNAVTI Games im Zweikampf (Foto: EMS/Mayer)
23. Januar 2018

Ein Selfie mit einem Elefanten?!

Jacob

Jacob

Ghana
leistet seinen Freiwilligendienst in einer Berufsschule
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Nachdem ich in meinen letzten beiden Blogeinträgen von unserer Ankunft in Ghana, unserem Einführungsseminar und meiner Einsatzstelle berichtet habe, möchte ich euch mit diesem Beitrag an einigen Aktionen und Aktivitäten teilhaben lassen.

 

AIM 2017

Am 29.10. startete ich beim AIM 2017, einem internationalen Marathon in Accra, der Hauptstadt Ghanas. Für einen kompletten Marathon reichte meine Kondition leider nicht aus, doch für den 10km-Lauf fühlte ich mich fit genug. Auf die Idee, beim AIM zu starten, brachten mich Nils und Sebastian, zwei Freiwillige des CVJM Deutschland. Mit ihnen habe ich inzwischen schon einige Ausflüge unternommen und wir verstehen uns sehr gut. Die beiden trauten sich mehr zu und gingen beim Halbmarathon an den Start.
Am Wochenende des Laufs fuhr ich Freitag nachmittags für 40 Cedis, umgerechnet ca. 8€, mit dem VIP-Bus von Kumasi nach Accra. Diese Reisebusse sind für ghanaische Verhältnisse nicht ganz billig, doch mit nur drei sehr großzügigen und bequemen Sitzen pro Reihe und der Klimaanlage sind sie auch sehr komfortabel. Obwohl die Strecke „nur“ 250km lang ist, benötigt man je nach Verkehr zwischen fünf und sieben Stunden für die komplette Distanz. Die großen Hauptstraßen sind zwar alle geteert und in einem halbwegs ordentlichen Zustand, doch oftmals gibt es Mautstationen, Schlaglöcher oder kleine Hügel um den Verkehr zu verlangsamen, wie man sie aus der Fußgängerzone kennt. All dies verlängert die Fahrt ebenso wie Mitfahrende, die gegen Ende der Strecke an fast jeder Straßenecke aussteigen.
In Accra wurde ich von Svenja, einer AFS-Freiwilligen abgeholt; ich kenne sie von einem AFS-Auswahlwochenende. Bei ihr konnte ich die nächsten drei Tage bleiben und auch übernachten. Sie wohnt mit ihrer Gastmama mehr oder weniger im Zentrum Accras. Die explodierte Tankstelle, von der auch in den deutschen Nachrichten berichtet wurde, liegt an ihrer Taxistation und der Ort des Geschehens war noch eins zu eins wie nach der Explosion vorzufinden. Laut Svenja hat man die Hitze der Explosion­­ bis zu ihrem rund einen Kilometer entfernten Zuhause gespürt. Tags drauf besuchten wir mit weiteren AFS-Freiwilligen deren Twi-Kurs, schlenderten durch die Stadt, gingen zusammen Essen und machten einen Abstecher ins „Touriviertel“. Hier reihen sich Holzhütte an Holzhütte, wobei überall dieselben Dinge wie Schmuck, Stoffe, Taschen, Trommeln oder Holzfiguren verkauft werden. Als eine Gruppe von Oburonis, wie in Ghana die hellhäutigen Menschen genannt werden, fielen wir natürlich auf und wurden dementsprechend hartnäckig bequatscht, etwas zu kaufen oder wenigstens einen Blick in ihren Laden zu werfen.

Am nächsten Tag war es dann endlich soweit: Sonntag 29.10, und damit Raceday. Um 04:55 Uhr klingelte mein Wecker, nach einem kurzen und knappen Frühstück packte ich meine letzten Utensilien in eine Plastiktüte und los ging es mit Taxi und Trotro zur Startlinie am Lambady Beach Hotel. Von dort wurden wir Läufer mit einem Bus zur Startlinie gefahren. Meine Laufklamotten hatte ich schon angezogen, da es an der Ziellinie keine Möglichkeit gab sich umzuziehen oder persönliche Gegenstände zurück an die Ziellinie zu bekommen. Deshalb leider auch die Plastiktüte. Der Shuttlebus sollte eigentlich um 6:15 Uhr am Hotel abfahren, doch mit Pünktlichkeit und festen Uhrzeiten haben es die Ghanaer*innen leider nicht so. Wir warteten gefühlt eine halbe Ewigkeit auf den letzten Mitfahrer. 20 Minuten später wie geplant fuhren wir endlich los, unterwegs musste der Bus noch eine Umleitung fahren, da die Hauptstraße blockiert war. In einer engen Kurve kam es fast zu einem Unfall zwischen unserem und einem entgegenkommenden Bus. Einige ghanaischen Starter*innen sind dann kurzerhand aus unserem Bus ausgestiegen, um den Verkehr zu regeln.
Um 7:10 Uhr, zehn Minuten nach der ursprünglichen Startzeit, kamen wir endlich an der Startlinie an. Nach über einer Stunde in dem stark klimatisierten Bus fröstelte es mich auch schon leicht und ich war sehr froh, aus dem Bus aussteigen und mich aufwärmen zu können. Eine Startlinie gab es nicht und der Start war nur durch einen Pavillon am Straßenrand auszumachen. Die Straße wurde kurzerhand von einem Polizisten gesperrt, der Kampfrichter stellte sich vor uns, wünschte uns das Beste, pfiff dreimal in seine Trillerpfeife und los gings. Gestoppt wurde noch ganz klassisch mit einer Stoppuhr. Die gesamte Laufstrecke führte über asphaltierte Straßen, meistens über Hauptstraßen. Doch Absperrungen, wie man das aus Deutschland von solchen Veranstaltungen kennt, gab es auf der kompletten Strecke nicht. Stattdessen lief man teilweise mitten auf der Straße, immer dort wo keine Schlaglöcher und die Straßen halbwegs gerade waren. Ab Kilometer fünf liefen wir auf einem großen Highway, auch hier gab es keinerlei Absperrungen. Da der Gehweg von den langsameren 5km-Läufer*innen belegt war, liefen wir 10km-Läufer*innen rechts auf dem nichtvorhandenen Fahrradstreifen der Straße an ihnen vorbei. Währenddessen musste man aufpassen, nicht von einem entgegenkommenden LKW oder Auto überfahren zu werden, da diese leider meist keinerlei Rücksicht nahmen. Nach 54 Minuten und ein paar zerquetschten kam ich glücklich und erleichtert im Ziel an. Dass bei meinem ersten 10km-Lauf unter solchen Bedingungen, bei Temperaturen um die 30°C und einer Luftfeuchtigkeit von über 80 Prozent eine für mich so gute Zeit und ein toller 11. Platz herausgesprungen sind, freute mich wirklich sehr. Trotz der ungewohnten Umstände und Ereignisse rund um den Wettkampf war es für mich ein unglaublich tolles und erlebnisreiches Wochenende, bisher eines der schönsten Wochenenden in Ghana, mit vielen tollen Erfahrungen und Begegnungen, die ich nicht missen möchte. 

 

GNAVTI National Sport Games

Vor rund zehn Wochen trug meine Einsatzstelle, das Ramseyer Vocational/Technical Institute (RVTI), die GNAVTI National Sports Games aus. GNAVTI steht für Ghana National Association of Vocational Technical Institutes und ist ein Zusammenschluss aller Vocational/Technical Schulen aus der Ashanti Region. Ghana ist in zehn Regionen unterteilt, was in etwa mit den deutschen Bundesländern zu vergleichen ist. Die Ashanti Region, das Zuhause der Ashanti People, ist das Gebiet um Kumasi, das ungefähr mit „Schwaben“ verglichen werden kann, und die Heimat der Twi Sprache. Twi ist aber nicht nur ein Dialekt, sondern neben Ga und einigen weiteren Sprachen eine eigenständige und die am weitesten verbreitete Sprache in Ghana. Die GNAVTI National Sports Games sind jährlich stattfindende Sportveranstaltungen, die abwechselnd von einem Voc./Tec. Institute ausgetragen werden. In diesem Jahr führte das Ramseyer der PCG die Spiele durch.
An diesen zwei Tagen kamen neun andere Schulen zu uns aufs Schulgelände, um sich gegenseitig in den Disziplinen 100 m Lauf, Volleyball und Fußball zu messen. Die Gastschüler*innen übernachteten teilweise in Klassenzimmern des Ramseyers oder fuhren abends in ihre nahe gelegen Schulen zurück. Bei den 100 Meter Läufen gingen jeweils die Schulbesten an den Start, während im Fuß- und Volleyball das beste Team im zweitägigen Turnierverfahren ermittelt wurde. Im Volley- und Fußball erreichten unsere Teams gute Plätze im Mittelfeld, obwohl natürlich Siege angestrebt waren. Besonders im hochgeliebten Fußball war das Ausscheiden der Jungenmannschaft im Viertelfinale besonders bitter. Doch dafür erreichten einige Schüler*innen des Ramseyers Podestplätze oder sogar den ersten Platz bei den Frauen im 100m Lauf. Zusammengefasst erzielte unsere Schule ein gutes und zufriedenstellendes Ergebnis und die Lehrer*innen waren stolz und zufrieden mit ihren Schüler*innen.

Die Stimmung war über die kompletten zwei Tage sehr ansteckend und durchaus von sportlichem Ehrgeiz gepackt. Die Sportler*innen wurden von ihren Mitschüler*innen, den anderen Mannschaften und von Mr. Charles Doonson, dem Englischlehrer des Ramseyers, lautstark und emotional über das Mikrofon angefeuert. Auch die beiden anwesenden Polizisten hatten während des Fußballendspiels teilweise alle Hände voll zu tun, da einige Zuschauer und aufgeweckte Jugendliche aus der näheren Umgebung immer wieder übers Spielfeld rannten oder über die Seitenlinie hinaus auf den Platz liefen, um ihre Mannschaften lautstark und mit Trommeleinlagen anzufeuern. Doch außer einigen blauen Flecken und geprellten Knochen, die im Zweikampf entstanden sind, gab es keine größeren Verletzungen.

 

Northern Trip

Am frühen Donnerstagmorgen des 23.11. wurden wir von unserem Driver am Evandys Hostel in Kumasi abgeholt. Wir, das sind neun deutsche Studenten, die während ihres Uni-Praktikums für rund zwei Monate in Kumasi arbeiteten, sowie unsere ghanaischen Guides Clement und Gideon, und ich. Diese Gruppe hatten wir EMS-Freiwilligen rund drei Wochen zuvor abends in der Stadt kennengelernt und uns sofort mit ihnen angefreundet. Wir trafen uns noch einige Male, sie erzählten von dem geplanten Trip in den Norden und somit war die Idee mitzufahren schnell geboren.
Für die kompletten vier Tage hatten wir uns einen Kleinbus samt Fahrer gemietet, was durchaus teurer war als mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu reisen, aber für eine solche recht große Gruppe war es durchaus vorteilhaft und sinnvoll. Dadurch konnten wir sehr viel Zeit sparen und bekamen deutlich mehr zu sehen. Wir fuhren einige Stunden Richtung Norden und Tamale. Nach einem Breakfaststop in Techiman erreichten wir kurze Zeit später die Tano Boase Scared Groove, eine Felsformation. Vor rund 500 Jahren lebten hier noch einige hundert Menschen. Dann ging es weiter in das Fiama Boabeng Monkey Sanctuary, ein Affengebiet, das für Touristen zugänglich gemacht wurde. Wir bekamen eine Führung und konnten auch so manches Foto mit einem Affen auf der Schulter knipsen. Am Abend wollten wir eigentlich bis nach Tamale weiterfahren, doch eine der Hauptverkehrsachsen war gesperrt. Eine der Brücken hatte ein ca. 1m großes Loch und wurde deshalb vom Militär abgeriegelt. Wir fuhren also wieder zwei Stunden zurück nach Süden, suchten uns dort ein Hotel und fuhren am nächsten Tag von der Brong-Ahafo Region in die Northern Region und zum Mole National Park, dem größten und touristischsten Nationalpark Ghanas. Am Nachmittag buchten wir eine Jeep-Safari. Mit zwei Jeeps fuhren wir durch den Park und konnten hier das besagte Selfie mit dem Elefanten machen. Wir hatten jedoch das große Glück, zwei Elefanten zu entdecken und aus unseren Geländewägen aussteigen zu dürfen. Bis auf zehn Meter kam unsere Gruppe an die beiden Bullen heran. Am nächsten Morgen wanderten wir zu Fuß durch den Park. Auf dieser Walking-Safari konnten wir leider keinen Elefanten mehr sehen, dafür aber einige Antilopen, Geier, Schweine und ein schwimmendes Krokodil. Nachmittags schipperten wir in zwei Booten für eine kurze Zeit über einen kleinen Fluss im Nationalpark. Leider war diese Tour ihr Geld nicht wert. Auf dem Rückweg hat mich die Reiseübelkeit gepackt und mir war amstagabend und dann auch noch den halben Sonntag richtig schlecht.
Von unserem Hotel war es nur ein Katzensprung zu den Kintampo Waterfalls. Wir verbrachten den Sonntagvormittag an diesem schönen Fleck, welcher von Ghanaer*innen gerne auch als Naherholungsort besucht wird. Die Rückfahrt nach Hause ging dann schneller als gedacht und wir alle waren froh, wieder gesund und munter in Kumasi zurück zu sein. Ein wunderbares Wochenende mit vielen tollen Eindrücken und Erlebnissen lag hinter uns.

 

Fashion Show

Freitag, 15. Dezember 2017, um kurz nach 19 Uhr saß ich mit meinem sechs Jahre alten Gastbruder Bobo in der großen Hall der Schule und wir beide warteten gespannt auf das folgende Programm. Das Fashion und Design Department des RVTI hatte zu seiner alljährlichen Modenshow eingeladen. In der Mitte des Raumes lag ein roter Teppich, rechts und links daneben saßen die Zuschauer und vorn in der Mitte hinter einem großen Tisch hatte die fachkundige Jury platzgenommen. Und schon kamen zwei Schüler*innen des Fashion Kurses auf die Bühne. Sie führten durch den Abend und das heutige Programm.

Die Designer*innen waren Schüler*innen des F/D Departments und hatten für die diesjährige Show eine eigene Kollektionen angefertigt. Präsentiert wurden die jeweiligen Kollektionen von Schüler*innen, die von ihren Designer*innen- Schulkameraden*innen als Models „gebucht“ wurden. Nach etwas mehr als fünf Stunden Modenshow und einer halbstündigen Unterbrechung wegen eines Stromausfalls wurden am Ende die Gewinner*innen des Abends von der Jury ausgewählt und ausgezeichnet. Auch ich durfte den Preisgekrönten ihre Pokale und Geschenke überreichen. Nicht nur der/die beste Designer*in, das beste Model und das beste Outfit wurden ausgezeichnet, sondern auch die jeweils besten Designs einzelner Kategorien wie Business Look, Freizeitmode, Dinnerabend, Umstandsmode und Traditional Look. Es war ein sehr amüsanter und lustiger Abend, da es einige Lacher und so manches gewagte Outfit auf dem Laufsteg zu sehen gab.

 

Nach nun schon mehr als vier Monaten in Ghana könnte man annehmen, ich sei inzwischen gut eingelebt, kenne so mehr oder weniger alle kulturellen Unterschiede, Traditionen und Gepflogenheiten!? Falsch gedacht! Klar, inzwischen habe ich mich an die ghanaische Lebensart, an das oftmals scharfe Essen und die Hitze gewöhnt und angepasst. Doch bei all den Veranstaltungen, Trips oder auch im normalen Schulalltag sieht, lernt und begreift man immer wieder Neues über die ghanaische Kultur und Lebensweise. Auch im Gespräch mit Personen, die mich ohne Vorwarnung auf der Straße ansprechen, erfahre und entdecke ich Unbekanntes, das ich bisher so nicht kannte. Gerade über die Weihnachts- und Neujahrszeit war es oftmals sehr amüsant zu sehen, wie die Ghanaer*innen westliche Traditionen mit den ihren mischen und an Silvester Merry Christmas wünschen oder an Neujahr nach einem Christmas Gift verlangen.

Beste Grüße und einen guten Start ins Jahr 2018 wünscht euch

Jacob

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Ein Selfie mit einem Elefanten! (Foto: EMS/Mayer)
Ein Selfie mit einem Elefanten! (Foto: EMS/Mayer)
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Finisherfoto beim AIM 2017 (Foto: EMS/Mayer)
Finisherfoto beim AIM 2017 (Foto: EMS/Mayer)