
Weltweit erlebt
14 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

Die hungernden Kinder in Afrika... Teil 1
In Deutschland wird von "Afrika" vor allem ein Bild der Medien gezeichnet: menschenleere Landschaften mit Giraffen & Elefanten bei Sonnenuntergang, hungernde Kinder, Wassermangel, Krankheit& Gefahr. Wie vielfältig dieser Kontinent doch tatsächlich ist, wie kontrastreich gerade einzelne Länder sind und wie viel mehr hinter Afrika steckt, versuche ich gemeinsam mit anderen Freiwilligen, die zur Zeit quer verteilt in Afrika sind, aufzudecken, ohne dabei Schwierigkeiten zu verschleiern. Die wahren Antworten auf viele Vorurteile versuchen wir dadurch zu verbreiten und vor allem wollen wir die Menschen selbst zu Wort kommen lassen.
Falls ihr gerne eine Idee davon bekommen möchtet, wie es also "wirklich" auf diesem fernen Kontinent ist, seid ihr hier richtig. Ich hoffe es gefällt euch & ihr nehmt was mit!
Die erste Stimme kommt von Ulriche aus Kapstadt, Südafrika. Sie ist 21 Jahre alt und studiert Kunst. Die englische Originalversion findet ihr in einem gesonderten Blogeintrag.
1. "In Afrika gibt es kein Wasser."
Hast du zu genug Wasser zur Verfügung?
Ja, haben wir.
Gibt es in deinem Heimatland genügend Wasser?
Es gibt genügend Wasser in unserem Heimatland, obwohl wir eine Wasserkrise haben. Unsere Regierung hat uns versichert, dass es uns nicht an Wasser fehlen wird, weil wir Maßnahmen zur Bekämpfung unserer Wasserkrise ergreifen.
Offizielle Zahlen: unabhängig vom Einkommen werden jedem südafrikanischen Haushalt 6000 Liter Wasser pro Monat, also ca. 200 Liter pro Tag zugesichert.
2. "Kinder in Afrika hungern."
Hungerst du? Nein, ich hungere nicht.
Kannst du dich ausgewogen ernähren?
Ja, wir haben Zugang zu vielfältiger Nahrung. Manche Lebensmittel sind teuer und deswegen ist eine gesunde Ernährung nicht immer einfach, aber wir können uns ausgewogen ernähren.
Müssen Menschen in deinem Umfeld hungern?
Ja, es gibt vor allem in ärmeren Gemeinschaften Menschen, dessen Grundnahrungsmittel nicht ausgewogen sind, sondern sich danach richten, was erschwinglich ist. Außerdem gibt es viele Südafrikaner*innen, die keine Mittel haben sich Essen zu kaufen und von der Großzügigkeit anderer leben indem sie ihnen Geld oder vielleicht etwas zu Essen geben.
Offizielle Zahlen: 7,4 Millionen Menschen(ca. 13,2% der Südafrikaner*innen) haben 2016 in Südafrika Hunger erfahren (Quelle: Statistics South Africa General Household)
3. "In Afrika infiziert man sich mit schlimmen Krankheiten."
Sind in deinem Umfeld Menschen von einer ansteckenden, chronischen Krankheit infiziert?
Es gibt Menschen mit chronischen Krankheiten aber nicht so viele mit ansteckenden Krankheiten.
4. "Afrika ist gefährlich."
Fühlst du dich in deiner Umgebung sicher?
Nicht immer aber meistens bietet mir meine unmittelbare Umgebung/Gemeinschaft (wo mein Zuhause ist) Sicherheit.
Hast du Bekannte/Freunde die jemals ausgeraubt oder verletzt wurden oder eine andere gefährliche Situation erleben mussten?
Ja, habe ich.
5. Welche Sprache(n) sprichst Du?
Englisch und Afrikaans.
Offizielle Zahlen: in Südafrika gibt es 11 offizielle Amtssprachen: Zulu (23% als Muttersprache), isiXhosa (16%), Afrikaans (13,5%), Englisch (9,6%), 37% der Bevölkerung sprechen Süd-Ndebele, Nord-Sotho, Sesotho, Setswana, Swati, Tshivenda und Tsonga. Fast alle Südafrikaner*innen wachsen zweisprachig auf.
6. Kannst du bitte einen normalen Tag in deinem Leben beschreiben?
Ich bin Kunststudentin. Meistens beginnen meine Tage damit, dass ich gegen 8 Uhr aufwache, zu unserem Uni-Campus in der Stadt fahre und dort den Tag über an Projekten arbeite. Am Abend gehen wir häufig was zusammen trinken oder zu Ausstellungseröffnungen. Meistens komme ich gegen 20Uhr nach Hause und bereite mich dann für den nächsten Tag in der Uni vor.
7. Was sind Themen, über die du Dich beim Abendessen unterhältst?
Meine Familie hält sich nicht so strikt an traditionelle Essenszeiten. Häufig sitzen wir auf dem Sofa und deswegen sind es normalerweise nur kurze Unterhaltungen über den Tag oder die Pläne für den nächsten Tag.
8. Was ist dein Lieblingsessen?
Spaghetti Bolognese, Südafrikanische "bredies" und Curry kombiniert mit "roti"
9. Welche Musik hörst Du gerne?
Ich mag Jazz und Alternative/Indie. Manchmal Klassik.
10. Was ist dein Lieblingsfilm?
Unter der Sonne der Toskana, Stolz und Vorurteil
11. Welcher Feiertag ist am wichtigsten für dich?
Tag der Jugend am 16. Juni.
12. Was würdest du Menschen in Deutschland gerne über Dich wissen lassen?
Unser Leben ist im Bezug auf die Beziehung zur Stadt und Technologie sehr stark wie eures (vielleicht nicht so effizient aber wir haben die Mittel). Die Beziehungen zwischen Südafrikaner*innen sind sehr offen- ich komme aus Kapstadt und die Kultur hier ist sehr entspannt, wir arbeiten hart und genießen unsere Freizeit. Zum Strand zu gehen und mit Freunden was zu trinken oder am Abend Kunstaustellungen zu besuchen ist momentan eine bekannte Kultur. Die meisten Kapstadter*innen wissen, wie es in Europa ist und viele haben verschiedene Länder besucht. Das Leben, was wir leben, ist eine Reflektion des Westens. Wir leben ein Leben mit westlichen Einflüssen, unsere Leidenschaft für Entspannung und gute Zeiten bringt jedoch den wahren südafrikanischen (und vielleicht afrikanischen) Geist in uns allen zum Vorschein.
Neben den finanziell stabilen Kapstadter*innen gibt es eine große Zahl von Einwohner*innen, die ihre Schwierigkeiten haben und in Wohngegenden leben, die nicht sicher sind - Gangs haben diese Gegenden eingenommen und die Kriminalitätsrate ist wirklich hoch - und andere leben unter schlechten Gegebenheiten in "Townships", wo fast kein System eingerichtet wurde, manchmal gibt es nicht mal fließend Wasser in den Häusern. Diese Gegenden sind mit dem Großteil der Menschen aus Kapstadt gefüllt und sind eine Reflektion des Systems, was während der Apartheid geschaffen wurde... speziell eines Systems, des sogenannten "Group Areas Act", dass 1950 eingeführt wurde.
Ich lebe in einem facettenreichem Land, ich bin an unserer Geschichte interessiert und an dem Weg, wie sie unsere Gegenwart beeinflusst hat. Ich bin Kunststudentin und die Dynamiken zwischen Generationen inspirieren meine Arbeit und beeinflussen meine heutige Art, in Kapstadt zu leben.
13. Wie stellst Du Dir Europa/Deutschland vor oder was weißt du über Europa/Deutschland?
Ich war in Europa und meine Erfahrungen inspirieren mich im Bezug auf Arten zu leben. Europa hat mehr Bedeutung auf Werte wie Nachhaltigkeit und Klimawandel gelegt. Die Menschen scheinen bewusster damit umzugehen, was sie essen, um gesünder zu sein, etc.. Ich bin von den Prioritäten fasziniert und es hat nicht immer etwas mit individuellem Wohlbefinden wie bei gesünderem Essen und Nachhaltigkeit zu tun und deswegen ist es gut, Europa zu besuchen und andere Dinge zu sehen, auf die wir uns in unserer Beziehung mit unserem Planeten und uns selbst fokussieren können.
14. Was wünscht Du Dir für deine Zukunft?
Ich hoffe, dass die Kluft zwischen sozialen Klassen reduziert werden kann. Es ist sehr traurig zu sehen, dass so viele Menschen unter so harten Verhältnissen leben, während andere so eine gute Lebensqualität haben. Etwas, das trauriger ist, ist dass diejenigen, die ein besseres Leben leben, selbstvergessen gegenüber den schlechten Verhältnissen sind, unter denen andere leben. Ich hoffe, dass mehr Menschen eine faire Chance bekommen aus ihrem Leben einen Erfolg zu machen, sodass nicht nur die Reichen reicher werden, sondern auch die Armen angenehmer leben können. Weitere Interviews anderer Personen werde ich hoffentlich bald verlinken, sobald sie fertig sind.
Gibt es andere Fragen, die euch interessieren? Dann lasst es mich gerne wissen, ich frag nach!
Liebe Grüße aus dem immer kühler werdenden Südafrika :)
Lena