
Weltweit erlebt
14 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

Es grünt so grün!?
Das Wüstenland Jordanien grünt?
Vielleicht merkt man im folgenden Geschriebenen, dass ich zwar schon Vieles erlebt habe, aber einiges noch nicht so ganz ordnen kann. Deswegen habe ich bis jetzt auch noch nichts aus Jordanien veröffentlicht, möchte aber versuchen auch regelmäßiger zu berichten.
Nun lebe ich schon oder doch erst zwei Monate in der Theodor-Schneller Schule (TSS) am Stadtrand Ammans. Amman, die Hauptstadt Jordaniens, wirkt mit ihren vier Millionen Einwohnern riesig auf mich und nimmt gefühlt kein Ende. In den letzten 100 Jahren ist aus einer Kleinstadt, die sich über vier Hügel erstreckte, eine Millionenstadt, verteilt auf über 72 Hügel, gewachsen. Natürlich leben in so einer Metropole auch unterschiedliche Gesellschaftsschichten. Viele Menschen erzählen mir immer wieder, dass sich Amman in Ost-und Westamman gliedert, wobei im Osten eher ärmere und damit manchmal auch konservativere und im Westen eher reichere Menschen leben und arbeiten. Das Bild wird mir meistens von Westammaner*innen erklärt. Mir persönlich fällt durchaus auf, dass die Häuser unterschiedlich aussehen und in Ostamman mehr Frauen ein Kopftuch tragen, als in Westamman - was nicht automatisch ein Zeichen für Konservatismus ist. Die TSS liegt im Osten Ammans und grenzt an die Vorstadt Rusayfah an.
Zu unserer Ankunft wurden wir aus dem kalten Deutschland mit frischem Frühlingswetter begrüßt. Die Hügel wirkten auf mich sehr steinig und karg, sodass die Häuser, die oft nur aus Beton ohne große, auffallende Fassade gebaut sind, wie in die Hügel hineingebaut aussahen.
Am Anfang ist mir sehr aufgefallen, dass an vielen Ecken Müll herumlag, aber die neuen Eindrücke und die Sonnenstrahlen, die ich in den dreieinhalb Wochen in Deutschland nicht gespürt habe, überdeckten manchen Anblick.
Zu dritt leben wir in einer Wohnung auf dem Internatsgelände der Theodor-Schneller-Schule, die auch unsere Einsatzstelle ist. Die Theodor-Schneller-Schule ist ein riesiges Gelände, 70 Hektar groß, und bietet viel mehr als nur eine Schule. Ihre Anfänge hat die TSS in Jerusalem. Der deutsche Missionar und Lehrer Johann Ludwig Schneller gründete 1860 das Syrische Waisenhaus in Jerusalem. Nach dessen Tod übernahm sein Sohn Theodor die Leitung. Während des Nationalsozialismus ließen Spenden aus Deutschland wegen des Verbotes, Devisen ins Ausland zu schicken, deutlich nach. 1940 musste das Syrische Waisenhaus mehrere Institutionen aufgrund der britischen Besatzung schließen. Anfang der 50er Jahre führten die beiden Söhne Ernst und Hermann des mittlerweile verstorbenen Vaters Theodor die Schneller-Idee weiter. Nachdem Hermann mit einer kleinen Zahl von Schülern in den Libanon gegangen ist, gilt Ernst Schneller als Gründer der heutigen Theodor-Schneller Schule in Amman. Seit 1959 besteht nun die TSS in Amman. Damals noch im Nirgendwo gelegen, fällt sie heute durch ihr unbebautes großes Gelände bei google-maps zwischen den eng bebauten Siedlungen auf.
Da bei unserer Ankunft gerade die Semesterferien für die Schüler*innen angefangen haben, konnten wir, Annika, David und ich, uns gut einleben. Wir haben Amman erkundet und wahrgenommen, wie sich die Natur nach und nach vom winterlichen ins Frühlinghafte verändert hat, wie es in manchen Nächten stürmte und wie „schita“ (Regen auf Arabisch) abgenommen hat. Alles sind hier Anzeichen, dass der Winter sein Ende nimmt.
Die TSS ist längst nicht mehr nur ein Waisenhaus. Neben der eigentlichen Schule gibt es Werkstätten, in denen fertige Schüler unter anderem Ausbildungen z.B. zum Schreiner oder Mechaniker machen, ein Gästehaus und ein Internat. Besonders Kinder, die aus einfachen und schwierigen Familienverhältnissen kommen werden hier aufgenommen. Manche der Schüler*innen verbringen die Woche über im Internat, in dem ich meinen Freiwilligendienst absolviere. Bis jetzt habe ich allerdings nur zwei Wochen Schulalltag mitbekommen, weshalb ich noch nicht so viel zu dem eigentlichen Ablauf in der Schule und im Internat sagen kann. Zuvor haben wir drei Freiwilligen während der Semesterferien im Büro der Schule angefangen die Homepage, mit Hilfe von google-übersetzer, vom Arabischen ins Englische und Deutsche zu übersetzen.
Durch den Regen, der im Februar gut verbreitet war, hat auf dem Gelände Vieles angefangen zu blühen. In wenigen Tagen ist die TSS aus ihrem Winterschlaf erwacht und grünt an allen Stellen, wo ich mir zu Beginn meiner Zeit kaum einen grünen Fleck vorstellen konnte. Die Sonne zeigt sich nun auch fast den ganzen Tag über und es wird von Tag zu Tag ein bisschen wärmer. Für mich ist es gerade sehr praktisch, dass der Regen aufgehört hat und es jetzt recht trocken ist, da ich gerade geheingeschränkt bin. Beim Einsteigen in einen Bus ist meine Kniescheibe herausgesprungen, weshalb nun mein ganzes linkes Bein eingegipst ist. So konnte ich leider über meinen Geburtstag nicht nach Jerusalem zum Zwischenseminar reisen, aber habe es mir mit einem Spontanbesuch meines Cousins auch gemütlich gemacht.
In Kumbo habe ich immer schon aufgeschrieben, was ich in meinen Koffer mit zurück nehme. Die Zeit meines Freiwilligendienstes ist jetzt schon zu 2/3 rum und deswegen mache ich mir auch wenn ich noch am Anfang meiner Zeit in Amman bin, Gedanken, was ich mit zurück nach Deutschland in meinen Alltag nehmen kann. In den letzten Wochen habe ich gemerkt, dass ich zwar Großstadtleben gewohnt bin, aber nicht das Leben in einer Millionenstadt. Dass wir ständig im Stau stehen und viel Zeit einplanen müssen um z.B. von der TSS zu unserer Sprachschule zu kommen, nervt mich auf Dauer schon ein bisschen, zumal es nur Busse als öffentlichen Nahverkehr gibt, die dann natürlich auch im Stau stehen. Ich merke, dass ich nicht so geduldig bin, wie ich es schon gerne wäre. Ich hoffe, dass ich die restlichen vier Monate noch nutzen kann, geduldiger im Stau zu sein und wieder von dem deutschen "Zeitdruck-Denken" weg komme.
Mit meinem Gips habe ich gemerkt, was es heißt auf andere Menschen angewiesen zu sein und wie wichtig es ist ein soziales Umfeld zu haben, das mich jederzeit unterstützt. Dafür bin ich sehr dankbar!
Bis auf die Geheinschränkungen fühle ich mich hier wohl. Ich bin sehr gespannt, wie lange es noch so grün bleibt und wann wieder die Wüste richtig zu erkennen ist, freue mich aber auch darauf viele andere Wettersituationen kennenzulernen.

