Weltweit erlebt
ÖFP

Weltweit erlebt

14 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

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Ein Sonnenuntergang an dem südlichsten Punkt Indiens (Foto: EMS/Beerlage)
23. Mai 2017

Wieder in Deutschland...

Johanna

Johanna

Indien
wirkt in einem Krankenhaus und Kinderheim mit
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Der schwere Abschied...

Hallo meine Lieben.

Das hier ist wohl der letzte Blogeintrag von mir über mein Abenteuer in Indien, denn meine geplanten 10 Monate wurden kurzfristig zu 9 Monaten gekürzt. Am 19. Mai bin ich abends in Deutschland angekommen und war überglücklich meine Familie wieder in die Arme nehmen zu können. Darüber das ich Indien verlassen musste, war ich dagegen überhaupt nicht glücklich. Die Gründe für meinen Abbruch sind so absurd und unglaubwürdig, dass ich immer noch nicht fassen kann, wie es so weit kommen konnte. Ich versuche nun euch das Ganze zu erklären aber ich möchte noch zu Anfang erwähnen, dass die EMS sowie meine Mentoren in Indien und ich alles versucht haben, mein ÖFP wie geplant im Juli zu Ende zu bringen und die Schuld an dem ganzen nicht bei uns liegt.

Während der langen Schulferien an meiner Einsatzstelle in Gadag hatte ich eine Reise mit Freunden geplant. Schon lange hatte ich mich darauf gefreut ein paar neue Plätze in Indien zu erleben und mit vielen kleinen Abenteuern meinen ganzen Aufenthalt in Indien zu verschönern. Mit meinen Verantwortlichen war das alles abgeklärt, ich sollte nur kurz vor meiner Reise eine Einverständniserklärung von der örtlichen Polizei abholen, bei der ich registriert war.  Bei dieser Polizei erwartete mich dann ein ungeahntes Hindernis, denn diese gaben mir keine Erlaubnis zu reisen, da sie sich für mich verantwortlich fühlten und sich um mich „sorgten“. So direkt wurde es mir zwar nicht verboten, jedoch wurde meinem Verantwortlichen in Gadag mit einer Gefängnisstrafe gedroht, falls er mich gehen gelassen hätte.

Nach diesen Spannungen wurde mir vorgeschlagen, dass ich zuerst mal nach Chennai fahre, von dort aus meine geplante Reise durchführe und dann dort den letzten Monat eine neue Einsatzstelle bekomme. Ein so plötzlicher Abschied von meinem Leben und den Menschen in Gadag war sehr schwer. Ich hatte zwei Tage Zeit meine Sachen zu packen und mich in Gadag abzumelden, was glücklicherweise funktioniert hat. Meine geliebten Kinder im Crèche verstanden nicht wieso ich mich plötzlich weinend von ihnen verabschiedete, auch nicht als es ihnen meine Chefin erklärte. Sie sind zu jung um nachzuvollziehen, dass ein nächstes Wiedersehen vielleicht erst in ein paar Jahren möglich ist. Die Kinder im Poliohome verstanden die Lage schon eher, da sie den Abschied von Freiwilligen schon miterlebt hatten. Jedoch fragten sie mich immer wieder wieso ich jetzt schon gehe, wo ich doch versprochen hatte erst im Juli zu gehen.

Die Vorfreude für das Reisen und meine neue Einsatzstelle erlangte ich erst im Zug wieder, auf dem Weg nach Chennai. Dort angekommen bin ich mit Augustina (die Sekretärin von meinem Mentor in Indien) in das Frro um mich dort neu zu registrieren. Wir gingen alle davon aus, dass dies kein Problem sei, da ich von Gadag die nötigen Unterlagen für eine neue Registrierung bekommen hatte und das Frro täglich Ausländer registriert. Jedoch war dem nicht so. Nachdem ich den Beamten meine Unterlagen und mein Visum gegeben hatte, wurde mir nach einigem Geflüster und Stirngerunzel folgendes gesagt: „Sie haben 10 Tage Zeit ihre Sachen zu packen und sich ein Flugticket zu besorgen, dann müssen sie Indien sofort verlassen. Sie haben kein Recht hier zu bleiben.“ Nachdem ich meine Kinnlade vom Boden gesammelt hatte, die mir vor Schreck heruntergefallen ist, wurde mir erklärt, dass in meinem Visum genau steht wo ich arbeiten soll, also in Gadag. Da ich dort jedoch nicht mehr registriert bin, sondern auf Chennai umgemeldet wurde, kann ich dorthin nicht mehr einfach so zurück kommen und normal weiterarbeiten, da das Frro mich dafür wieder von Chennai nach Gadag  ummelden müsste, was wiederrum nicht geht, weil man dafür zuerst in Chennai registriert sein muss, was aber aufgrund meines Visums nicht geht. Deshalb sahen sich die Beamten in Chennai gezwungen mich auszuweisen, da ich als Arbeiterinn irgendwo registriert sein muss, dies jedoch nicht der Fall war.

Auch Telefonate mit den verschiedensten Personen und Autoritäten konnten nichts an dem Beschluss ändern; ich musste gehen. Kurzerhand buchte ich mir ein Ticket nach Gadag um mich noch einmal von meinen Kindern im Poliohome zu verabschieden und um ein paar Dinge mitzunehmen, die ich auf meiner Reise als Zwischenstopp mitnehmen wollte. Ich verbrachte ein paar wundervolle Tage mit den Kindern, für die mein Besuch eine Überraschung war. Im Laufe von den beiden Tagen in Gadag kamen die Eltern der Kinder, um sie nach Hause abzuholen.  Dieser zweite Abschied war deshalb viel schöner, da die Kinder unglaublich glücklich waren ihre Verwandten zu sehen und diese Freude mich angesteckt hat. Diese Freude habe ich versucht an die Kinder weiterzugeben, die niemanden mehr haben. Es war nicht leicht, sich am Ende auch noch von den letzten fünf Vollwaisen ohne irgendwelche Angehörige zu verabschieden. Diese Kinder bleiben auch im Sommer im Poliohome, wo sich Ester, die Chefin, rührend um die Kinder kümmert und mit ihnen Ausflüge macht und sie etwas beschäftigt.

Meine letzten Tage in Chennai wurden noch einmal um eine Woche verlängert, da es noch Probleme mit ein paar Dokumenten gab. Diese mussten noch vor meiner Ausreise gelöst werden. Ich gestaltete mir meine restliche Zeit in Indien entspannt mit ein bisschen Sightseeing und shoppen. Durch die Verlängerung um eine Woche hatte ich außerdem Zeit nach Tirunelvelli zu fahren, wo ich herzlich aufgenommen wurde. Dort hatte ich noch eine sehr schöne Zeit, in der ich noch einmal ganze neue Dinge erlebt habe, wie zum Beispiel Palmwasser zu trinken, oder einen Elefanten zu streicheln (das durfte ich leider nicht fotografieren…).  

Ich bin zwar immer noch traurig darüber, dass ich Indien früher als erwartet verlassen musste aber ich bin noch viel glücklicher darüber, dass ich überhaupt dort war. Die letzten neun Monate waren ein unglaubliches Erlebnis, das ich niemals vergessen werde. Ich habe so viel gelernt und gesehen und ich bin sehr dankbar diese Möglichkeit gehabt zu haben. Ich kann es wirklich nur jedem empfehlen aus seinem Alltag herauszubrechen und etwas zu erleben. Für eine längere Zeit in einer anderen Kultur mit zu leben ist wirklich lohnenswert, da man nicht nur eine Menge neues über andere, sondern auch eine Menge über sich selbst lernt. Die Welt ist groß und es gibt eine Menge zu entdecken, also ergreift die Möglichkeit wenn sie sich bietet und erlebt ein Abenteuer. Vielen Dank an alle, die meinen Blog so treu gelesen haben. Es hat mich immer motiviert, dass es Menschen gibt, die sich dafür interessieren, wie es mir geht und was ich erlebe.

Viele liebe Grüße, Johanna

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Beim Palmwassertrinken in Tirunelveli (Foto: EMS/Beerlage)
Beim Palmwassertrinken
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In Chennai am Strand (Foto: EMS/Beerlage)
In Chennai am Strand