Weltweit erlebt
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10 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

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Im Flugzeug zurück nach Deutschland (Foto:EMS/Thier)
Im Flugzeug zurück nach Deutschland (Foto:EMS/Thier)
22. Juli 2019

Zurück im "Luxushotel Deutschland"

Felix

Felix

Jordanien
arbeitet in der Theodor-Schneller-Schule mit
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Nun bin ich wieder zurück in Deutschland und das schon seit über einem Monat. Mittlerweile kann ich sagen, dass ich mich hier wieder relativ gut eingelebt habe und genug Zeit hatte mich an viele, eigentlich ja bereits bekannte Sachen, zu gewöhnen.
Nach zehn Monaten in Jordanien, fiel mir der Wiedereinstieg in das Leben in Deutschland echt gar nicht so einfach und ich habe sogar eine Art Kulturschock erlitten und das, obwohl ich hier ja schon 18 Jahre gelebt habe?!
Einerseits bin ich froh wieder in Deutschland zu sein. Ich konnte Familie, Freunde und Freundin wiedersehen, es gibt keine Komplikationen bei Gesprächen, da ich einfach deutsch reden kann, es ist unglaublich grün und nicht so heiß wie in Jordanien, die Straßen und die Natur sind viel sauberer und ich werde nicht angestarrt oder falle auf, wegen meiner Hautfarbe oder meines Aussehens.

Andererseits fällt mir, nach meiner Rückkehr, viel mehr auf, was für einen Luxus wir hier in Deutschland genießen können und je mehr ich darüber nachdenke, desto trauriger macht es mich, dass erstens viele Leute in Deutschland den Wohlstand und die dadurch entstehenden Möglichkeiten viel zu wenig schätzen und zweitens beschäftigt mich dabei das Problem, welche unfairen Verhältnisse auf unserer Welt herrschen. Wie lässt sich rechtfertigen, dass ich in einer Familie aufwachsen durfte, die keine finanziellen oder essenziellen Überlebensprobleme besitzt und dass ich in einem sehr wohlhabenden Land aufwachsen durfte, in dem eine hervorragende Infrastruktur und ein gutes Bildungssystem vorhanden sind, in dem kein Krieg herrscht (Krieg herrscht in Jordanien nicht, aber es gibt genug andere Ländern, in denen das der Fall ist…) und das auf einem demokratischen System beruht, in dem jeder volljährige deutsche Staatsangehörige die Möglichkeit hat, seine Meinung mit einfließen zu lassen. Der deutsche Pass ist einer der „mächtigsten“ Reisepässe der Welt und erlaubt uns in unzählige Länder problemlos einreisen zu können.

Das Alles ist allerdings nur die Spitze des Eisberges an Freiheiten und Möglichkeiten, die uns und auch Bürgern aus manchen anderen Staaten gegeben sind. Trotzdem nehmen wir diese Privilegien leider viel zu selten als solche wahr und wissen sie nicht gut genug zu schätzen.
Ich möchte Jordanien keineswegs schlecht reden. In meinem Freiwilligendienst sind mir viele positive Eigenschaften der Bevölkerung Jordaniens aufgefallen, die ich mittlerweile hier in Deutschland oft vermisse. In der Öffentlichkeit kam es mir vor, als würden die Menschen viel offener und hilfsbereiter miteinander umgehen. Ich habe das Gefühl, dass auf den Straßen und Märkten ein größeres Miteinander herrscht, als hier in Deutschland. Als ich zurückkam, fühlte ich mich in der Öffentlichkeit anfangs ziemlich unwohl, weil oft wenig geredet wird und viele Leute, die mir begegnen sehr ernst oder im Stress sind…
Dennoch hat die jordanische Bevölkerung, so wie viele weitere der Welt, mit starker Armut, Arbeitslosigkeit und schlechteren Berufs- und Erfolgsaussichten zu kämpfen. Immer wieder habe ich in Jordanien erzählt bekommen, wie großartig Deutschland sei und wie gerne man nach Deutschland oder anderen Ländern in Amerika oder Europa reisen würde, um dort zu arbeiten und zu leben. Zuerst erschienen mir solche Aussagen als sehr überspitzt, aber leider entsprechen sie der Wahrheit. Und genau das ist mir seit meiner Rückkehr nochmal klar geworden. Es ist wichtig solche Privilegien zu schätzen, aber genauso wichtig ist es diese zu hinterfragen: Wie viel Wohlstand ist überhaupt noch gut und was können wir tun, damit weniger weltweite Ungerechtigkeit herrscht? Inwiefern sind wir, Bürger eines Industriestaates nicht selbst verantwortlich für diese Ungerechtigkeit?

 

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Luka, Lisa und Ich in Amman (Foto:EMS/Schnotz)
Luka, Lisa und Ich in Amman (Foto:EMS/Schnotz)
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Ausblick auf Amman (Foto: EMS/Thier)
Ausblick auf Amman (Foto:EMS/Thier)