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10 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

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Der Eingang zum Innenhof vom Internat (Foto: Kuchenbecker/EMS)
Der EIngang zum Innenhof vom Internat (Foto: Arne/EMS)
01. November 2019

Von Hausaufgaben, Arabisch... und UNO

Arne

Arne

Jordanien
arbeitet in der Theodor-Schneller-Schule mit
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Über meinen Alltag in Jordanien

So, jetzt bin ich also schon über zwei Monate hier in Jordanien. Moment. Zwei Monate? Gefühlt bin ich doch gerade erst angekommen! Wobei… wenn ich so zurückdenke… Es ist schon einiges passiert seit wir Ende August hier angekommen sind.

Die erste Woche, nachdem wir in Amman gelandet sind, hatten wir noch Zeit uns ein wenig zurechtzufinden – die Schule hatte noch nicht angefangen und dementsprechend waren auch noch keine Kinder im Internat. Danach ging’s dann aber richtig los: Die Kinder, die ins Internat gehen (bei weitem nicht alle Kinder auf der Theodor-Schneller-Schule), kommen sonntags morgens an, stellen dann aber erstmal nur ihr Gepäck ab und gehen in die Schule. Wenn Sie sich jetzt fragen: „Moment, sonntags?“, das liegt daran, dass die Woche hier von Sonntag bis Samstag geht. Wochenende ist Freitag und Samstag.

Kurz nach eins ist die Schule dann zu Ende und die Kinder kommen ins Internat. Apropos Internat. Dazu vielleicht mal eine kurze Erklärung: Im Internat sind die Kinder in verschiedene "Families" aufgeteilt. Das sind Gruppen von 5-20 Kindern, die zusammen essen, Hausaufgaben machen und ihre Freizeit miteinander verbringen. Die Families sind größtenteils nach Alter eingeteilt – so sind in der Family, in der ich arbeite, zum Beispiel die Erst- bis Drittklässler. Jede Family wird von einer/einem Educator*in betreut. So. Zurück zum Tagesablauf. Wo war ich stehen geblieben? Ach ja, die Kinder sind jetzt also im Internat angekommen. Gegen zwei Uhr gibt es dann Mittagessen, meistens eine Kombination aus Reis und Hühnchen oder Reis und Soße, ab und zu aber auch mal Nudeln oder etwas anderes. Nach dem Mittagessen werden Hausaufgaben gemacht. Oder besser gesagt: Bis letzte Woche wurden nach dem Mittagessen die Hausaufgaben gemacht. Mit der Zeitumstellung von Sommer- auf Winterzeit hat sich hier im Internat der Tagesablauf quasi umgedreht, sodass wir jetzt zuerst raus auf den Spielplatz gehen und dann erst die Hausaufgaben gemacht werden - sonst wäre es nämlich dunkel.

Bei den Hausaufgaben kann ich mal mehr mal weniger helfen: Englische oder deutsche Texte lesen? Das geht gut, auch wenn den Schülern zum Beispiel im Deutschen das „ch“ (wie in „ich“) etwas Schwierigkeiten bereitet. Unerwartete Schwierigkeiten bereitet dabei allerdings folgendes: In Jordanien wird an den Schulen vorausgesetzt, dass die Schüler bereits Arabisch und Englisch lesen und schreiben können – das lernt man im Kindergarten. Da einige Kinder allerdings nicht im Kindergarten waren, gestaltet sich das etwas schwierig. Die Lösung dafür ist zunächst einmal, dass sie die Text einfach auswendig lernen müssen und neben den Hausaufgaben aus der Schule eben auch noch lesen und schreiben lernen. Wo es für mich dann schon schwieriger wird, ist, wenn es darum geht Vokabeln abzufragen. Die englischen Wörter sind kein Problem, aber die arabische Bedeutung zu lesen, um herauszufinden, ob das, was die Kinder da gerade gesagt haben, tatsächlich stimmt, bereitet mir nach wie vor Schwierigkeiten. Noch schwieriger wird es dann für mich etwa bei Mathe zu helfen, da mein Arabisch-Wortschatz leider bei weitem noch nicht ausreicht, um den Kindern zum Beispiel schriftliche Subtraktion oder Ähnliches zu erklären, und die Englisch-Kenntnisse der Kinder dafür ebenfalls nicht ausreichen. Gänzlich unmöglich für mich zu helfen sind natürlich Hausaufgaben in Arabisch.

Nach den Hausaufgaben ist Freizeit angesagt. Das bedeutet, dass die wir mit den Kindern nach draußen auf den Spielplatz gehen, wo sie herumtoben können. Außerdem gibt es dort einen kleinen Kiosk, der von den meisten Kindern gern genutzt wird, um größere Mengen Süßigkeiten einzukaufen. Besonders beliebt ist Seilspringen, wofür wir Freiwilligen immer wieder in Beschlag genommen werden. Immer eine Family hat während dieser Zeit ein Activity-Programm. Da wird dann etwa Handball gespielt, ein Staffellauf veranstaltet oder Ähnliches. Um Sechs, also nach einer Stunde, geht es dann wieder rein, zuerst duschen, dann zu Abend essen. Abends gibt es meistens Brot mit einem Dip (etwa Hummus, das ist ein Brei aus Kichererbsen), aber auch mal Burger oder Suppe. Nach dem Abendessen ist nochmal Freizeit, die allerdings drinnen verbracht wird. Diese Freizeit wird – auf Wunsch der Kinder – fast ausschließlich mit UNO gefüllt und stellt für mich dadurch eine gute Gelegenheit dar, um die Zahlen und Farben (oder zumindest Gelb, Blau, Rot und Grün) auf Arabisch zu lernen. Eher selten versuchen sich die Kinder auch mal an einem Puzzle oder spielen mit Lego. Um Acht ist dann (zumindest in meiner Family) Bettgehzeit.

So sieht also ein Arbeitstag hier an der TSS aus. Vormittags kommt sonntags und donnerstags noch ein Arabischkurs dazu, für den wir zu einer Sprachschule in der Innenstadt fahren. Mit dem Bus, der praktischerweise an der großen Straße direkt neben der Schule vorbeifährt. In diesem Sprachkurs lernen wir den jordanischen Dialekt des Arabischen. Auch wenn es sich während dem Sprachkurs so anfühlt als würde man nur sehr, sehr langsam vorankommen, gibt es in meinem Alltag immer wieder Momente, in denen ich, wenn eines der Kinder auf mich zu kommt und mich auf Arabisch zutextet, immerhin das eine oder andere Wort verstehe und mir so zusammenreimen kann, was das Kind eigentlich von mir will. Jedes Mal wieder ein kleines Erfolgserlebnis. Eine Herausforderung stellt für mich allerdings immer noch das Lesen dar: Zwar beherrsche ich das arabische Alphabet mittlerweile (auch wenn die Aussprache mancher Buchstaben mir noch ein Rätsel ist), da im Arabischen allerdings nur die langen Vokale geschrieben werden und deshalb ein Wort auch mal (scheinbar) nur aus Konsonanten bestehen kann und man eben wissen muss, wie das dann ausgesprochen wird, reicht das nicht aus um wirklich lesen zu können.

In den nächsten Wochen wird es also für mich weitergehen mit dem oben beschrieben Tagesablauf und ich werde weiter Arabisch lernen. Vielleicht verstehe ich dann ja sogar irgendwann, was die Kinder da eigentlich sagen.

Bis zum nächsten Mal

Arne

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Der Spielplatz des Internats während der Pause. (Foto: Moatas/EMS)
Der Spielplatz des Internats während der Pause. (Foto: Moatas/EMS)
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Die Kinder meiner Family beim Lego spielen (Foto: Kuchenbecker/EMS)
Die Kinder meiner Family beim Lego spielen (Foto: Arne/EMS)