Weltweit erlebt
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14 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

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Müll vor einer Universität. (Foto: EMS/Pflugfelder)
Müll vor einer Universität. (Foto: EMS/Pflugfelder)
13. März 2018

Ich sehe was, was du nicht siehst

Amelie

Amelie

Jordanien
wirkt an einer integrativen Blindenschule mit
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In Jordanien ist sehr viel Müll zu sehen. Wirklich viel. Ob Plastiktüten am Straßenrand, der große Müllhaufen neben unserem Haus oder Verpackung die in Büschen hängt. Mehrmals täglich kann ich auch Menschen dabei beobachten wie sie ihren Müll aus dem Autofenster werfen oder einfach auf den Gehweg fallen lassen. Und das stört mich unglaublich. Nicht nur weil für mich Irbid an Attraktivität verliert, sondern auch weil dadurch die Natur in Jordanien langfristig geschädigt wird. Dass Plastik und anderer Müll unser Ökosystem aus dem Gleichgewicht bringt, Weltmeere verschmutzt und unsere Gesundheit beeinträchtigt ist keine Neuigkeit mehr.

Und trotzdem gibt es genügend, vielleicht auch teils nachvollziehbare Gründe warum hier so viel Müll rumliegt. Öffentliche Mülltonnen gibt es in Irbid kaum, außer vereinzelt graue Sammeltonnen am Straßenrand. Und private Mülltonnen habe ich auch noch keine gesehen. Meistens wird der Hausmüll einfach auf die Straße gestellt und irgendwann abgeholt. Oft wird der Müll, auch mitten in der Stadt, verbrannt. Dass es ein System, wie beispielsweise den gelben Sack in Deutschland gibt, bezweifle ich. Außerdem hat Jordanien in den letzten Jahren ein radikales Bevölkerungswachstum erlebt. Flüchtlinge aus dem Irak und aus Syrien heben die Bevölkerungszahl und somit auch den produzierten Abfall. Hinzu kommt, dass so gut wie alles in Plastiktüten gepackt wird. Frisches Brot, Einkäufe im Supermarkt, aber auch die lose, einzelne Orange wird eigentlich sofort eingetütet. Wenn wir in einem Restaurant essen oder beispielsweise zu einer Schulaktion eingeladen werden, gibt es Wasser abgepackt in kleinen Bechern mit Aludeckeln, was auch aus praktischen und hygenischen Gründen nachvollziehbar ist.

Aber ich bezweifle dennoch, dass in Jordanien durchschnittlich mehr Müll produziert wird als in Deutschland. Hier sehe ich ihn einfach mehr. Hauptsächlich weil die Abfallwirtschaft nicht ausreichend ausgebaut ist. Aber auch weil hier der Müll wahrscheinlich nicht in andere Länder (wie bspw. China) exportiert wird und somit nicht aus der "Welt" geschafft wird. Mir wird durch den ganzen, offensichtlichen Müll erneut extrem bewusst wie viel Wegwerfprodukte ich konsumiere. Natürlich hilft es, dass wir unser Obst und Gemüse mit dem Jutebeutel einkaufen anstatt noch mehr Plastiktüten anzuhäufen. Und in Jordanien lässt sich Müll wirklich einfach vermeiden. Hummus kann man ohne Probleme in mitgebrachte Gefäße füllen lassen und der Bäcker reicht uns das frische Brot jetzt auch automatisch lose. Trotzdem öffne ich unseren Kühlschrank oder den Küchenschrank und zu sehen sind größtenteils Einwegverpackungen. Und dadurch bin ich trotz meines Jutebeutels genauso ein Teil des ganzen Problems.

Dass der ganze Müll nicht nur mich stört zeigen viele, teils neuere Projekte und Aktionen. Mehrere junge Jordanier haben beispielsweise eine wöchentliche Aktion namens "ECO Hikers- جوالة الطبيعة" gegründet. Mit Mülltüten ausgestattet treffen sich Interessierte und sammeln gemeinsam den auf der ausgesuchten Wanderroute herumliegenden Müll. Aber auch andere kleinere NGOs organisieren Clean ups. Zum Beispiel die NGO " Ahel al Balad- أهل البلد", welche darüber hinaus die Bevölkerung durch Postings und Statistiken zur Müllproblematik sensibilisieren möchte. Gegen das Müllproblem vorgehen will auch der "Jordan Green Building Council". Der JGBC hat in Amman Recyclingstationen aufgestellt, die Mülltrennung und Wiederverwertung fördern sollen. Mit einer (Online-)Broschüre, sowie öffentlichen Veranstaltungen wird über die Wichtigkeit des Recyclings informiert. Auch der deutsche Staat investiert in Abfallprojekte in Jordanien. Syrische und jordanische Arbeitskräfte werden für das Sammeln, Trennen und Recyceln von Müll bezahlt. Dadurch soll nicht nur die Umwelt geschont werden, sondern auch gesundheitliche Risiken eingeschränkt und Konflikte durch Zusammenarbeit vermindert werden. Und natürlich sollen syrische Flüchtlinge auch dazu bewegt werden in Jordanien zu bleiben und nicht weiter nach Deutschland zu ziehen...

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Weltweiter Abfallverbrauch. Nicht pro Kopf, sondern per anfallender Gesamtmenge pro Land. (Foto: http://www.worldmapper.org/display.php?selected=307)
Weltweiter Abfallverbrauch. Nicht pro Kopf, sondern per anfallender Gesamtmenge pro Land. (Foto: http://www.worldmapper.org/display.php?selected=307)
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"ECO-Hike" in Wadi Shita. (Foto: EMS/Pflugfelder)
"ECO-Hike" in Wadi Shita. (Foto: EMS/Pflugfelder)