
Weltweit erlebt
14 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

Die indonesische Küche - weit mehr als nur Reis!
Im Rahmen der Vorbereitungen auf meinen Freiwilligendienst in Indonesien kaufte ich mir eine Art Wörterbuch mit Beispielsätzen, um die Indonesische Sprache zu lernen. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie ich die Frage „Kannst du schon Reis essen?“ darin entdeckte. „Wer fragt denn sowas? Warum sollte ich keinen Reis essen können?“, wunderte ich mich und fand es schon fast lustig, dass diese Frage ins Wörterbuch aufgenommen wurde. Kurz darauf stellte sich dann aber heraus, dass diese Frage durchaus Gebrauch fand. Anfangs dauerte es eine Weile, bis ich mich an die drei täglichen Reismahlzeiten gewöhnt hatte. Vor allem, wenn der Reis zum Frühstück mit Chilisoße und kleinen getrockneten Fischchen (sogenannte Lure) kombiniert wurde, sehnte ich mir manchmal einfach nur ein Nutellabrot herbei. Obwohl ich schon immer großen Spaß am Essen hatte und auch offen für neue kulinarische Erfahrungen bin, musste ich meine Essensgewohnheiten umstellen, sobald ich in Toraja angekommen bin. Denn wehe, man macht sich, wenn man irgendwo zu Gast ist, den Teller randvoll. Man sollte nämlich noch genügend Platz im Magen für die zweite und dritte Portion haben, zu der man höflich mit „Tambah, tambah!“ aufgefordert wird. Wörtlich übersetzt bedeutet es einfach nur „plus, plus!“ ;) Jetzt denkt ihr bestimmt: „Dreimal am Tag Reis essen, das ist doch sehr eintönig!“. Falsch! Denn die indonesische Küche ist dank vieler verschiedener Beilagen doch sehr abwechslungsreich. Kombiniert mit Fisch, Hühnchen, Schwein, Ei, Tofu, Tempe und Gemüse ergeben sich leckere Variationen.
Dass den Indonesiern ein „Leben ohne Reis“ sehr schwerfällt, merkte ich spätestens, als wir den 2285m hohen Berg „Mambulilin“ bestiegen. So wurde zur Stärkung am Mittag anstatt des Vesperbrotes kurzerhand der Campingkocher aus dem schweren Rucksack geholt und erst einmal Reis gekocht (ich fragte mich schon die ganze Zeit, warum denn so ein großer Rucksack mitgeschleppt wurde…). Dazu gab es dann noch Sardinen aus der Dose und Instantnudeln. Gut gestärkt konnten wir dann nach zwei Stunden Mittagspause unsere Wanderung zum Gipfel fortsetzen.
Den hohen Stellenwert von Reis im indonesischen Alltag kann man außerdem schon allein daran erkennen, dass es drei verschiedene Worte für Reis gibt. „Padi“ beschreibt die Reisähren auf dem Reisfeld, wohingegen „beras“ die schon getrockneten Reiskörner sind. Gekocht nennt man den Reis dann „Nasi“. Das bringt mich auch schon zu einem meiner Lieblingsgerichte, nämlich „Nasi goreng“ (gebratener Reis), das Nationalgericht Indonesiens. Das gab es im Kinderheim immer sonntagmorgens zum Frühstück. Sonntagabends gab es dann zur Abwechslung auch Nudeln, sodass der Sonntag zu meinem Lieblingstag wurde, was das Essen anging. Da die Instantnudeln aber zu langweilig schmeckten, lieferten sich die Jungs im Panti fast jeden Sonntagabend einen Wettkampf, wer am meisten Chili in den Nudeln essen kann. So wurde das Nudelmahl immer zu einer schweißtreibenden und tränenreichen Aktion.
Als typisch traditionelle Speise lässt sich „Pa’piong“ nennen. Mit Gewürzen und speziellen Blättern wird das Schweinefleisch im Bambusrohr für mehr als eine Stunde über dem Feuer gegart. Vor allem bei Beerdigungen darf dieses besondere Gericht nicht fehlen. Auch ich durfte bei der Zubereitung dafür helfen, im Rahmen der Vorbereitung für die Beerdigungsfeierlichkeiten unseres Nachbarn. Das war etwas ganz Besonderes, denn schon am frühen Morgen wurden mehrere Schweine geschlachtet und viele Freunde und Bekannte der Familie des Verstorbenen kamen vorbei, um beim Kochen zu helfen. Jeder brachte sein eigenes Messer mit und dann wurde zusammen auf Bananenblättern das Schweinefleisch in kleine Stückchen geschnitten. Am Ende hatten wir mindestens 4 große Eimer voll rohen Schweinefleischwürfeln. (Dazu muss ich noch kurz hinzufügen, dass das Schweinefleisch in Toraja mitsamt Haut und ganz viel Fett gegessen wird, sodass Pa’Piong nicht unbedingt zu meinen Lieblingsgerichten zählt…) Bei dieser ganzen Kochaktion, die übrigens auf der Straße vor dem Haus des Verstorbenen stattfand, konnte ich mal wieder miterleben, welch eine große Rolle die Gemeinschaft spielt. Jeder, der Zeit hat kommt vorbei, um die Familie des Verstorbenen zu unterstützen und dadurch entsteht trotz des Verlustes eine relativ ausgelassene Stimmung und es wird viel gequatscht. So manch ein fauler Mann kommt auch einfach zum Kaffeetrinken vorbei.
Ein weiterer Gaumenschmaus, der auf traditionellen Toraja-Beerdingungen nicht fehlen darf, sind die „Deppa Tori“. Dieses besondere Gebäck besteht größtenteils aus Reismehl und braunem Palmzucker und ist so beliebt, dass sogar eine Toraja-Version des Songs „Despacito“ mit dem Titel „Deppa Tori“ entstanden ist. Alle weiteren süßen Gebäckstücke werden übrigens mit dem Namen „kue“ bezeichnet, egal ob Keks oder Kuchen. Zu dem Kuchen wird dann meist süßer Tee oder der berühmte „Kopi Toraja“ serviert. Beim Trinken dieses besonders aromatischen Kaffees nimmt man keine Notiz von dem abgesetzten Kaffeesatz am Boden der Tasse, sondern trinkt es einfach so.
Ein weiteres, sehr bekanntes Gericht namens „Bakso“ lässt sich fast überall in Indonesien finden. In den Städten wird die Fleischbällchensuppe meist in Warungs oder an Straßenständen verkauft. Auch wenn oft in Reiseführern davor gewarnt wird, dass das Essen der Straßenstände gefährlich sein könnte, kann ich dazu nur eins sagen: Es ist die einfachste und auch billigste Möglichkeit für eine sehr leckere Mahlzeit oder einen kleinen Snack. Man verpasst echt etwas, wenn man diese Straßenstände auslässt! Selbst in den kleinen Dörfern auf dem Land hört man ab und zu die Hupe des Bakso-Verkäufers, der von seinem Motorrad aus Bakso verkauft. Beim ersten Mal hatte ich echt Mühe, die Fleichbällchensuppe mit den Nudeln überhaupt aufzuessen, da die Konsistenz der Fleichbällchen am Anfang etwas gewöhnungsbedürftig war. Mit der Zeit wurde Bakso aber zu einer meiner Lieblingsspeisen, vor allem bei Regenwetter.
Braucht man einen kleinen Snack für zwischendurch, so wird man auch an den Straßenständen fündig, denn sie verkaufen „Terang bulan“ (süße Pfannkuchen), „Pisang Goreng“ (fritierte Bananen), „Ubi goreng“ (fritierte Süßkartoffeln) und vieles mehr!
Während der ganzen Zeit war ich immer bedacht, neue Gerichte zu kosten, um möglichst viele kulinarischen Erfahrungen mit nach Hause zu nehmen. Allerdings konnte ich mich nicht dazu aufraffen, Hundefleisch zu probieren, was im Panti einmal auf dem Tisch landete. Das wurde aber glücklicherweise von allen respektiert. Neben Hundefleisch werden in manchen Gegenden Sulawesis auch Katzen, Schlangen und Fledermäuse zum Verzehr verkauft. Auch davon hielt ich mich dann doch eher fern…
Seit ich wieder in Deutschland bin, vermisse ich am meisten die große Auswahl an frischen, exotischen Früchten, die man in Indonesien je nach Jahreszeit auf den Märkten kaufen kann. Dank Mango, Drachenfrucht, Kokosnuss und Maracuja war für eine ausreichende Vitaminaufnahme gesorgt. Viele Früchte, wie z. B. die Schlangenfrucht oder Rambutan (eine Art Litschi) hatte ich noch nie in meinem Leben gegessen. Andere wiederum, wie zum Beispiel die Bananen, fand ich in viel kleinerer und süßerer Form wieder. Auch die Säfte, die aus diesen Früchten frisch gepresst werden sind einfach himmlisch! Aber Achtung - der unschuldig aussehende Obstsalat namens „Rujak“ hat es wirklich in sich, denn er wird mit einer scharfen Soße angemacht!
Sodele, das war noch längst nicht alles, was die Indonesische Küche zu bieten hat. Es gibt noch so vieles, über das ich schreiben könnte… Ich höre jetzt allerdings lieber auf - nicht, dass noch jemand Hunger bekommt ;)
Als ich vor über zwei Monaten am Frankfurter Flughafen aus dem Flieger stieg, hatte ich nicht nur Unmengen an Souvenirs, Dreckwäsche und sonstigen Sachen in meinem Gepäck, sondern auch Soßen, Gewürzmischungen und Toraja-Kaffee. Natürlich erfreute ich mich auch unheimlich an dem europäischen Essen, jedoch hatte ich ab und zu mal wieder Lust auf etwas Indonesisches. Ich versuchte mich an meinen Lieblingsspeisen aus Indonesien und holte mir dadurch ein bisschen „Indonesien-Feeling“ nach Deutschland. Allerdings schmeckten diese längst nicht so gut wie dort, was auch teilweise an meinen Kochkünsten liegen könnte. Meiner Familie war es auf jeden Fall viel zu scharf! Aber zur Not kann man auch einfach nur Reis essen, das geht ja schließlich immer!

