
Weltweit erlebt
14 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

Welkom hier in Elim - der erste Monat in Südafrika
"Welkom hier in Elim. Enjoy this beautiful place. You will make good friends. Thank you for your support of the Elim Home." Das oder ähnliches habe ich in den vier Wochen, die ich jetzt in Elim bin unheimlich oft hören dürfen. Was dahinter steckt?
Unheimlich gastfreundliche und offene Menschen, die den Ort, an dem sie leben, lieben. Die sich freuen Emma und mich kennenzulernen, unbeachtet dessen, dass seit vielen Jahren jedes Jahr neue Freiwillige aus Europa kommen, die nach spätestens einem Jahr wieder fort sind. Und darüber hinaus aufrichtig dankbar, dass ich versuche die Arbeit mit den Kindern im Elim Home zu unterstützen, obwohl ich vor allem am Anfang diejenige bin, die von ihren Mitmenschen lernt und profitiert und somit die Dankbarkeit ganz bei mir liegt. Wenn ich darüber nachdenke, dass ich keinerlei Ausbildung oder Kenntnisse habe, von denen unmittelbar geschöpft werden kann, denn ich bin einfach nur ein 19jähriges Mädchen, was frisch aus der Schule in die weite Welt gehüpft ist, dann wird mir klar, was für eine enorme Wertschätzung hinter diesen Worten steckt. Ich werde einfach als Mensch, der sich bemüht so gut er kann wertgeschätzt und nicht aufgrund fehlender beruflicher Qualifikationen, Sprachkenntnissen oder anderem Aussehen als Störfaktor wahrgenommen. Eine bessere Grundlage, um Menschen und ihre Art zu leben, ihre Werte und Ansichten kennenzulernen, hätte ich mir nicht wünschen können. Egal welche neue Türe sich in Elim öffnet, dahinter werde ich mit Wohlwollen empfangen.
Ich könnte so viel schreiben über die letzten drei Wochen, aber ich möchte es erst einmal bei den prägnantesten Eindrücken belassen. Der zweite Eindruck ist eine unheimliche Ruhe und Gelassenheit, egal wo ich mich in Elim befinde.
Als wir eine erste Dorfführung mit einer unserer Kolleginnen gemacht haben, wurden wir jedem, dem wir begegnet sind, vorgestellt. Jeder und jede hat sich für uns Zeit genommen, egal ob beim Arbeiten, beim Weg zum Einkaufen oder was auch immer. Die Zeit ist einfach da und es wird nicht immer nur über Effizienz nachgedacht. So war es keine Überraschung, dass die Eröffnungsveranstaltung vom Bloome-Festival gut eine Stunde später anfing als geplant und dass uns das Taxi knapp drei Stunden später von unserem wunderbaren Tagesausflug in Hermanus abholte als gedacht. Aber das ist auch einfach nicht weiter schlimm, solange man selbst in dieser entspannten Atmosphäre verweilt. Und am Ende des Tages habe ich viel mehr davon ohne Stress durch den Tag gekommen zu sein und dafür etwas Wartezeit in Kauf genommen zu haben, als immerzu unter Zeitdruck zu stehen, damit alles möglichst effizient ist, ich mich über ein verspätetes Taxi ereifere und ich gestresst und unzufrieden nach Hause komme. Dies ermöglicht unter anderem auch die Lage Elims: fernab von anderen Städten, Verkehrsgeräuschen, großen Geschäften, Tankstellen, Abgasen, Menschenmassen...
Was ich höre? Vogelgezwitscher, das Quaken der Frösche, das Muhen der Kühe, das Rascheln der Pflanzen durch den Wind und die Kinder aus dem Elim Home. Das ist das einzige, was nach einem anstrengenden Arbeitstag nervenzerreibend sein kann. Aber dann gehe ich ein paar Meter spazieren und stehe inmitten von Bergen, Feldern, Blumen, Tieren und bewundere den (fast immer) strahlend blauen Himmel.
Das alles sorgt dafür, dass ich mich nach der Arbeit, die viel Energie von mir fordert, wohlfühlen und entspannen kann. Die Zeit mit den Kids ist aber auch unheimlich wertvoll für mich und deswegen möchte ich auch diesen Teil meines Lebens hier in Elim nicht unerwähnt lassen. Seit zwei Wochen arbeite ich in der Gruppe der Teelepels (=Teelöffelchen). In dieser Gruppe sind Andrew, Byron, Gerrit, Merna, Juliana, Kiki, Marushka. Da die Kinder weder sprechen noch gehen können und bei den meisten von ihnen auch durch Gestik oder Mimik schwierig zu erkennen ist, wie es ihnen geht ist es nicht so einfach herauszufinden, was sie mögen und was ihnen nicht gefällt.
So versuche ich sie jeden Tag ein Fünkchen besser kennenzulernen und habe sogar diese Woche ein riesen Erfolgserlebnis mit Andrew erleben dürfen. Andrew schreit sehr laut und verletzt sich, wenn es ihm nicht gut geht. Und da es ihm diese Woche sehr oft nicht gut ging, passierte das sehr oft. Deswegen habe ich häufig versucht ihn zu beruhigen und das gelang nach einiger Zeit ziemlich gut, wenn ich alleine mit ihm rausgegangen bin und ihn gestreichelt habe. Aber er war dann noch nicht glücklich, sondern nur ruhiger.
Einen Tag nachdem er fast unermüdlich geschrien hat bin ich dann zusammen mit Emma und einem Kind aus ihrer Gruppe zum Spielplatz gegangen und wollte versuchen mit ihm zu schaukeln, weil ich gemerkt hatte, dass er den Wind sehr gerne mochte und es ihn sogar manchmal zum lächeln brachte. Ich war mir sehr unsicher, was der Versuch auslösen würde, aber ich wurde belohnt. Andrew hat die ganze Zeit gestrahlt und laut gelacht. Ich habe ihn vorher nie so zufrieden gesehen und ich habe mich noch nie zuvor so sehr gefreut einen Menschen lachen zu sehen. Natürlich war er danach nicht wie ausgewechselt und hat beim Baden wieder unermüdlich geschrien, aber für einen Moment war er einfach glücklich und das war ein sehr wertvoller Moment für mich.
Meine pflegerischen Aufgaben sind momentan füttern, waschen, umziehen, Windeln wechseln und die Kinder in verschiedene Positionen zu legen. Darüber hinaus versuche ich jedem einzelnen Kind möglichst viel Aufmerksamkeit zu schenken, wofür meinen Kolleginnen ähnlich wie in Deutschland im Pflegebereich, leider häufig die Zeit fehlt. Dafür bekomme ich Unterstützung, in dem mir beispielsweise gezeigt wird, wie ich Andrew helfen kann ein paar Schritte zu gehen, die Kinder zu stretchen und zu massieren oder in der Sporthalle mit ihnen zu tanzen.
Ich habe aber auch sehr viel Freiraum selbst kreativ zu werden und das bietet mir viele Möglichkeiten. Vor allem versuche ich möglichst viel mit ihnen nach draußen in die frische Luft zu gehen, weil das am meisten Abwechslung von dem gewohnten Alltag bietet. Ich habe aber auch schon mit den Kids Ukulele gespielt, was zu einem meiner Lieblingsmomente geführt hat.
Als ich das erste Mal meine Ukulele ausgepackt habe, sind noch Jungs aus der Gruppe neben mir, die immer sehr aktiv und unruhig sind, zu uns rübergekommen. Und obwohl ich nur ein paar Akkorde gespielt habe, haben sie sich riesig gefreut, getanzt und drei von ihnen haben sich auch selbst an der Ukulele versucht. Es war so schön zu sehen, wie die Kinder aufgeblüht sind, die sich bewegen können und wie auch fast alle aus meiner Gruppe Reaktionen auf die Musik gezeigt haben. Es ging also nicht darum, dass ich unheimlich gute Musik gemacht habe, sondern einfach nur darum, den Kindern etwas Abwechslung und einen schönen gemeinsamen Moment zu ermöglichen. Ich hätte vorher nie gedacht, dass der Klang bei den Kindern, als auch bei meinen Kolleginnen so toll ankommt, die alle miteinander getanzt und gelacht haben.
Ich könnte noch ewig weitererzählen von den Menschen, die ich kennengelernt habe, dem Bloome-Festival, was am 21. und 22. September in Elim war, vom Whale-Festival in Hermanus und von Kapstadt und natürlich auch von Schwierigkeiten, aber darauf werde ich in den nächsten Blogs mal eingehen, sonst wird es echt zu lang.
Ich hoffe ich konnte einen kleinen Einblick ermöglichen und melde mich bald wieder!
Lena

