Von Motorrollern, Schlüsseldiensten & neuen Festen
Hallo zusammen,
mittlerweile ist es schon knapp zwei Monate her, dass Hannah, Emil und ich in Frankfurt Deutschland „Lebewohl“ sagten und uns für 10 Monate auf den Weg nach Indonesien machten.
Aus dem Flugzeugfenster konnte man beobachten wie die Landschaften zunächst immer trockener und gelber, aber dann je näher man dem Äquator kam wieder saftiger und grüner wurden. Nach insgesamt 20 Stunden landeten wir schließlich in Indonesien, geanauer gesagt in Denpasar, der Hauptstadt von Bali. Wir wurden von Pak Judih abgeholt. Allerdings war es gar nicht so einfach ihn in der Flut der schilderhaltenden Abholdienste und Taxiunternehmen ausfindig zu machen.
Die ersten Tage verbrachten wir zusammen in einem Kinderheim in der Nähe von Denpasar, welches von der gleichen Organisation betrieben wird, wie das in dem ich meinen Freiwilligendienst absolvieren werde. Wir wurden von Ibu Tina, ihrem Mann Dion und natürlich den Kindern sehr herzlich aufgenommen. Die nächsten Tage hatten wir immer vormittags „Unterricht“ über die Indonesische Kultur und Sprache und nachmittags spielten wir mit den Kindern Volleyball oder halfen im Garten.
Viel zu schnell ging die erste Woche vorüber und dann hieß es auch für uns drei Abschied voneinander zu nehmen. Für die anderen ging es nun weiter nach Sulawesi, für mich nach Blimbingsari. Die Fahrt verlief nicht ohne Zwischenfälle. Wir hielten an einer Tankstelle und während der Fahrer tankte, kaufte ich mir noch schnell etwas zu trinken. Als ich aus dem Tankstellenshop herauskam, war das Auto abgeschlossen, der Schlüssle lag darin und der Fahrer stand daneben. Die Sache sprach sich in Windeseile herum und es dauerte nicht lange da waren wir von einer Menschentraube umgeben, in der jeder mindestens einen Lösungsvorschlag hatte. Wir versuchten das Fenster mit Klebeband herunterzuziehen, aber es half nichts. Schlussendlich riefen wir einen Schlüsseldienst, der dann das Schloss mithilfe eines Drahts knackte.
Angekommen im Kinderheim in Blimbingsari war ich zuerst ein wenig aufgeregt. Wie würde es dort sein? Wie würden die Kinder auf mich reagieren? Das Ganze stellte sich aber als recht unkompliziert heraus, denn die Kinder kamen direkt angerannt und wollten Federball spielen. Auch hier wurde ich sehr herzlich aufgenommen und Ibu Warsi, die Leiterin des Kinderheims, zeigte mir mein Zimmer. Nachdem ich meine Sachen verstaut hatte, spielte ich nachmittags mit den Jungs ein bisschen Fußball. Interessant war für mich zu sehen, dass es wie in Deutschland kleine Spiele zum Auslosen der Mannschaften gibt.
Die nächsten Tage verbrachte ich damit mich einzuleben und mich ein wenig im Dorf umzusehen. Blimbingsari liegt ganz im Westen von Bali idyllisch am Fuße einer kleinen Bergkette. Insgesamt ist das Dorf eher beschaulich, verfügt aber über eine erstaunlich große und verzierte Kirche. Wie mir erklärt wurde, ist Blimbingsari die einzig rein christliche Gemeinde auf ganz Bali. Deshalb kommen oft andere Christen aus ganz Indonesien zu Besuch.
Was mir auch direkt auffiel war, Blimbingsari ist im Vergleich zu andern indonesischen Dörfern sehr sauber. Normalerweise gehört es vor allem in den Städten, aber auch in vielen Dörfern wie selbstverständlich zum Straßenbild, dass der Straßengraben mit Plastikmüll gefüllt ist. Meistens wird dieser dann abends verbrannt. In Blimbingari ist das aber nicht so. Vielleicht gibt es hier ja sogar eine Müllabfuhr, aber das habe ich noch nicht herausgefunden.
Wo ich gerade dabei bin über Unterschiede im Straßenbild zu reden, möchte ich gerne eine weitere Beobachtung mit euch teilen. Am Anfang war ich ein wenig verwirrt, denn irgendetwas im Aufbau der indonesischen Städte und Dörfer erschien mir ganz anders als ich es aus Deutschland gewohnt war. Ich konnte es aber nicht genau benennen. Erst mit der Zeit wurde mir klar was es war. In den indonesischen Siedlungen ist quasi kein Raum für Fußgänger vorgesehen. So etwas wie Fußgängerzonen oder öffentliche Plätze gibt es wenn dann nur sehr selten. Auf die Straße folgen auf beiden Seiten meist kleine Läden und Warungs (quasi ein Mittelding aus Restaurant und Imbiss). Dort wo in Deutschland der Gehweg wäre werden hier die Motorroller geparkt.
Apropos Motorroller. Die sind hier das Verkehrsmittel Nummer eins und werden auch verwendet um die kürzesten Distanzen zurückzulegen. Alles über 100 m Entfernung ist ein Job für den Roller. Des Weiteren werden damit die ausgefallensten Dinge transportiert, von einer vierköpfigen Familie bis hin zu drei Meter langen Bambusstangen ist alles dabei. Auch Kinder die Roller fahren sind keine Seltenheit.
Direkt in der ersten Woche erfuhr ich, dass es im Nachbarort Melaya ein weiteres Kinderheim derselben Organisation gibt in dem die älteren Kinder wohnen. In Blimbingsari sind die Kinder bis zur sechsten Schulklasse, danach wechseln sie nach Melaya. Die Leiterin, Ibu Puri, erzählte mir, dass ein paar Kinder im Rahmen eines Austauschprogramms nach Australien gehen werden und fragte mich, ob ich abends Englischnachhilfe geben könnte. So kam es dazu, dass ich jetzt jeden zweiten Tag abends nach Melaya fahre.
Die zwei Wochen nach meiner Ankunft waren erst mal Ferien aufgrund des Hindu-Feiertags Galungan. Das bedeutete, die meisten Kinder fuhren nach Hause zu ihren Familien und in Blimbingsari war nicht wirklich viel los. In Melaya waren mehr Kinder geblieben und so verbrachte ich einen Großteil der Ferien dort. Gerade in der Freizeit war es dort für mich leichter Anschluss zu finden. Wir gingen gemeinsam an den Strand, oder in den Wald zum Angeln.
Das Highlight der Ferien war aber ohne Zweifel der Galungan Feiertag, denn ich wurde von einer befreundeten Familie eingeladen sie in den Tempel zu begleiten. An Galungan feiern die Hindus den Sieg des Guten über das Böse. Der Tag startete recht früh am Morgen. Ich wurde zuerst mit traditionellen balinesischen Kleidern eingekleidet, dann ging es los zum Tempel. Dort wird an 3 verschiedenen Orten gebetet, wobei Räucherstäbchen und Opfergaben eine große Rolle spielen. Eine Form der Opfergaben sind verschiedene Arten bunter Blüten, die man zunächst beim Beten zwischen den Händen hält und sich danach in die Mütze steckt. Nach dem Tempel wurden noch zahlreiche Verwandte besucht, die jeweils, wie in Bali üblich, auch einen kleinen Tempel besitzen, in dem dann nochmals gebetet wurde. Insgesamt war das alles sehr spannend und völlig anders als Feiertage die man aus Deutschland kennt.
An dieser Stelle beende ich meinen ersten Blogeintrag. Über meine Arbeit und den Alltag hier werde ich im nächsten Blogbeitrag berichten.
sampai jumpa,
Micha
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