Weltweit erlebt
ÖFP

Weltweit erlebt

14 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

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Verschmutzter Fluss im Norden Indiens (Foto: EMS/Marschar)
Verschmutzter Fluss im Norden Indiens (Foto: EMS/Marschar)
11. August 2018

Veränderung

Laura

Laura

Indien
unterstützt eine Schule und ein Heim für Kinder mit Behinderung
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Vor etwas mehr als fünf Wochen bin ich mit David in den Bus nach Mangalore gestiegen, mit viel zu viel Gepäck und den Gedanken noch bei den Kindern, denen ich gerade noch Tschüss gesagt hatte. Ich konnte es noch gar nicht richtig glauben, dass es vorerst das letzte Mal sein würde, dass die Straßen und Palmen Udupis an mir vorbeiziehen. Und auch als wir im Nachtzug nach Chennai saßen, kam es mir so vor, als würde ich höchstens für zwei Wochen verreißen. So richtig realisiert habe ich es nicht einmal, als ich wieder in Deutschland in dem leisen ICE in Richtung Heimat gefahren bin. Dort musste ich nur daran denken, wie in Indien auf all den Zugfahrten, die wir gemacht haben, die Leute miteinander geredet haben und dass es hier auf einmal so leise war. Kaum einer schaute nicht auf sein Handy oder hatte keine Kopfhörer in den Ohren. Vielleicht war es nur diese Zugfahrt, dieses eine Abteil, in dem die Leute so still waren und vielleicht habe das auch nur ich in dem Moment so empfunden. Es fühlte sich jedenfalls sehr ungewohnt an.

So richtig bin ich wahrscheinlich erst jetzt dabei zu realisieren, dass ich wieder hier bin. Immer wieder fällt mir hier im Alltag an kleinen Dingen auf, dass ich mich verändert habe, dass sich meine Denkweise verändert hat oder dass ich mein kleines Zuhause in Udupi vermisse. Besonders merke ich es daran, dass mich hier manche Dinge viel mehr stören als früher. Zum Beispiel Müll. Ich war vor dem Freiwilligendienst schon darauf bedacht, nicht so vieles wegzuwerfen oder unnötig Plastiktüten zu verwenden. Aber seit ich wieder hier bin, sehe ich überall Plastik, Plastik um Gemüse, Plastik in Form von Shampooflaschen, Plastik um mein Müsli, meinen Joghurt, meine Schminke, Plastik, das man nicht unbedingt braucht. Ich sehe es überall, nicht weil es bevor ich weg war weniger Plastik gab, sondern weil der Müll in dem Jahr plötzlich viel präsenter für mich wurde. Einfach weil er eben nicht in die Tonne kam und somit „aus der Welt geschafft“ wurde und weil er so oft vor meinen Augen auf der Straße verbrannt wurde oder sich einfach auf großen Haufen am Straßenrand oder am Strand gesammelt hat (hier spreche ich für Udupi und all die Orte, die ich auf unserer Reise sah). In den letzten Tagen habe ich mir immer wieder Fragen gestellt wie: „Wieso müssen Bastelscheren noch einmal in Plastik verpackt werden, bevor man sie verkauft?“ und "Wozu brauche ich eigentlich Trinkhalme?". Mir ist bewusst, dass ich bestimmte Produkte vielleicht gar nicht ohne Plastikverpackung bekommen kann und mir ist auch bewusst, dass es vielleicht gar nicht so einfach ist, ganz ohne Plastik zu leben. Aber ich werde mir auf jeden Fall zu Herzen nehmen meinen Verbrauch noch mehr zu reduzieren.

Auch habe ich mir zu Herzen genommen für viele Dinge dankbarer zu sein. Ich hatte mir in Indien eine Liste geschrieben mit Dingen, die ich in Deutschland wieder genießen möchte, angefangen von Käse und Brezeln bis zur kalten Nachtluft (das genieße ich gerade auch alles wirklich fleißig). Aber ich könnte jetzt auch eine Liste mit Dingen schreiben, die ich an meinem Leben in Indien vermisse, von den bunten Kleidern, dem Essen bis zum Monsunregen. Man kann es einem irgendwie nie recht machen. Deshalb möchte ich einfach dankbar für das sein, was ich zehn Monate in Indien hatte und für das, was ich nun wieder habe. Ohne viel über das nachzudenken, was ich gerade nicht haben kann.

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Kinder beim Spielen im Hof, im Hintergrund wird Müll verbrannt (Foto: EMS/Marschar)
Kinder beim Spielen im Hof, im Hintergrund wird Müll verbrannt (Foto: EMS/Marschar)
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Gruppenbild mit fast allen Kindern und Mitarbeitenden des Asha Nilayas kurz vor meiner Abreise (Foto: EMS/Schupp)
Gruppenbild mit fast allen Kindern und Mitarbeitenden des Asha Nilayas kurz vor meiner Abreise (Foto: EMS/Schupp)