Weltweit erlebt
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10 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

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Ich mit den Kindern der 2. Klasse beim Trainieren der Motorik (Foto: EMS/Felger)
07. Dezember 2016

Angekommen

Natalie

Natalie

Indien
wirkt in einem Kinderheim mit
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Meine Einsatzstelle und mein Tagesablauf

Ich habe mich hier am Elwin Centre inzwischen schon gut eingelebt, doch ich würde jetzt nicht behaupten, dass ich einen richtigen Tagesablauf mit festen Aufgaben habe. Ich stehe zwar jeden Morgen um dieselbe Uhrzeit auf, bin in der Schule dabei, helfe hier und dort aber ich könnte jetzt nicht aufzählen, was meine festen Aufgaben sind. Ich versuche mich einfach überall einzubringen und meine Hilfe anzubieten – sei es im Office beim Erstellen von Excel-Tabellen oder was sonst so ansteht oder in der Küche beim Essen zubereiten.

Kurz zu meiner Einsatzstelle: Das Elwin Centre ist ein großer Campus, zu dem zwei unterschiedliche Schulen mit den jeweiligen Heimen gehören - eine Gehörlosenschule und eine Schule für geistig behinderte Kinder.  Ich bin in der Schule für die „Mentally Retarded Children“, eingesetzt, dass zurzeit circa 140 Schüler im Alter zwischen 5-20 Jahren unterrichtet. Davon sind rund 90 Kinder hier im Heim untergebracht,  in dem ich bis vor einer Woche noch gewohnt habe - ich habe mir mit einer der Lehrerinnen hier ein Zimmer im Mädchenheim geteilt - doch am 2. Dezember stand dann mein Umzug ins „Elwin Cottage“, mein eigenes kleines Häuschen an, dass die letzten Monate repariert wurde.

Mein Tag beginnt mit dem gemeinsamen Frühstücken der Helferinnen um kurz nach 8:00 Uhr, nachdem die Kinder gegessen haben - manchmal helfe ich auch beim Ausgeben des Essens. Nach dem Frühstück  gibt es für mich dann immer noch einen Tee von Selvamary, meiner Indian-Mummy, wie sie sich selber bezeichnet.  Dieser wird aber nicht so wie bei uns in Deutschland zubereitet, sondern er besteht zum Großteil aus Milch, etwas Teepulver, viel Zucker und klein gehacktem Ingwer – schmecken tut er sehr gut und ich bekomme ihn mindestens drei Mal täglich. Nachdem ich dann meinen Tee ausgetrunken habe und aufmerksam die Gespräche der Helferinnen verfolgt habe – inzwischen verstehe ich schon viel mehr wie am Anfang - haste ich zur Chapel, da wir meistens die Zeit vergessen. Wir lachen immer viel zusammen und unterhalten uns mit Hilfe von Zeichensprache/Gebärdensprache- die hier zum Alltag gehört, Tamil und Englisch.

In der Chapel findet dann um 9:00 Uhr der sogenannte „staff prayer“ bei dem die Lehrer und Lehrerinnen der beiden Schulen – der Gehörlosenschule und der Schule für die geistig behinderten Kinder- zusammenkommen und gemeinsam auf Tamil singen und beten. Der „children prayer“ ist bis auf montags immer direkt danach, bei dem die älteren Kinder voller Begeisterung und mit Inbrunst Sing- und Bewegungsübungen machen, beten und eine Art Bibelstunde haben. Parallel findet für die Jüngeren etwas ähnliches nebenan in der Hall statt, die vielseitig genutzt wird. Ich bin eigentlich immer bei den Älteren in der Chapel dabei, da ich die Kleinen anschließend in der Klasse sehe. Ich helfe nämlich in der „1st and 2nd standard“ wie die Klassen hier bezeichnet werden. Vor ein paar  Wochen habe ich alleine die „2nd standard“ für eine ganze Woche übernommen, da die Lehrerin krank war und nach Hause gefahren ist.  

Danach ist dann noch Yoga, ich kümmere mich meistens um drei bis fünf Kinder und helfe ihnen beim richtigen Ausführen der Übungen und animiere sie, da nicht alle Kinder immer so Lust auf die Dehnübungen haben. Anschließend geht es in die Klassen, bevor es dann draußen um 10.15 Uhr die sogenannte „Pal break“, auf Deutsch: Milchpause gibt. Dann beginnt der eigentliche Unterricht, ich bin wie gesagt in der ersten und zweiten Klasse. Ich spiele mit den Kindern, helfe und animiere die Kinder bei den Sportübungen, mach mit ihnen Sprech- und Zählübungen. Sie lernen zum Beispiel "Mama, Papa, geh, komm" zu sagen und Zahlen bis zehn. Doch die Unterschiede in der Klasse sind enorm, manche kommen beim Zählen nicht mal bis fünf, mit einem Mädchen kann ich schon Rechenaufgaben machen – inzwischen sogar schon Subtraktion. Es ist immer wieder interessant zu beobachten, wenn ein Kind ein Erfolgserlebnis hat und einen Fortschritt in einem bestimmten Bereich macht.

Folgende Bereiche werden trainiert: Feinmotorik, Grobmotorik, Ausdrucksfähigkeit, Anziehen, Pflege wie Zähne putzen, Haare kämmen und so weiter, zur Toilette gehen, Zahlen, Lesen, Schreiben und Aufnahmefähigkeit. Das ganze wird dann in Prüfungen, die alle drei Monate sind, abgefragt und geprüft. Nächste Woche sind schon die nächsten Prüfungen, Mitte September waren die letzten, bei denen ich schon dabei sein und beobachten durfte. Dieses Mal helfe ich beim Vorbereiten und Trainieren auf die Prüfungen und ich bin schon sehr gespannt, ob ich persönlich auch schon Fortschritte bei einzelnen Kindern feststellen kann.

Um 12:30 Uhr endet vorerst die Schule, denn jetzt gibt es Mittagessen. In der großen Halle, in der unter anderem auch das Yoga stattfindet, sind jetzt acht Gruppentische aufgebaut. Ich helfe am Tisch von einer Helferin, die nur ein Jahr älter als ich ist. Anschließend esse ich gemeinsam mit den Helferinnen und Lehrerinnen. Die Schule geht dann um 14 Uhr weiter. Nachdem ich gegessen hab, ruhe ich mich meistens immer so bis 14:30 Uhr aus und geh dann entweder wieder in die erste und zweite Klasse oder ich bin im Physioraum anzutreffen. Um 15:30 Uhr gehen wir dann alle raus und es werden zwei bis drei Spiele gespielt.

Wenn dann um 16 Uhr die Schule vorbei ist, wird es Zeit für mich ins Büro zu gehen. Dort gibt es dann Tee und Snacks, gemeinsam mit Mr. Barnabas (ehemaliger Schulleiter) und seiner Frau Santhi, die seit kurzem die neue Schulleiterin ist. Danach helfe ich immer noch Nancy, mit der ich mir bis letzte Woche noch ein Zimmer geteilt habe, beim Erstellen von Excel Tabellen, Rechnungen abheften, Geld zählen oder was sonst halt gerade so ansteht. Wir sind dann anschließend immer gemeinsam ins Zimmer gegangen, haben uns ausgeruht, uns gegenseitig erzählt wie unser Tag so war oder sind noch kurz mit dem Roller nach Satchiyapuram gefahren um Erledigungen zu machen. Anschließend spiele ich meistens mit den Kindern oder verbringe einfach so mit ihnen Zeit. Sie versuchen mir auf Tamil irgendetwas zu erklären, singen mir etwas vor, das ich dann mit dem Handy festhalten soll, damit sie es anschließend anschauen können. Generell haben sie sehr viel Freude daran meine Fotos, die ich täglich von ihnen mache, anzuschauen. Sie lieben es fotografiert und gefilmt zu werden. Wenn wir etwas spielen, dann ist es meistens „Fangen“. Wenn es nach den Kindern gehen würde, dann soll ich jedes einzelne Kind fangen, doch dafür reicht meine Puste einfach nicht aus – bei spätestens zehn Kindern ist Schluss. Ich habe auch schon versucht kleinere Spiele wie „Faul Ei“ zu spielen, aber wir kehren immer wieder sehr schnell zu „Fangen“ zurück.

Wenn Kinder krank sind, begleite ich sie und die Helferinnen zum Arzt. Dann kann es auch schon einmal vorkommen, dass man zu zehnt (neun + Fahrer) in einer Rikscha, die eigentlich nur für drei Personen ausgelegt ist, fährt. Um 18:30 Uhr wiederholt sich dann der „children prayer“, bei dem wieder Bewegungslieder gesungen werden und ein Gebet gesprochen wird. Ich versuche so gut es geht mitzumachen und zu animieren. Um 19 Uhr gibt es dann Abendessen, bei dem ich wieder beim Ausgeben des Essens helfe. Anschließend gehe ich ins Heim für die Jungs und verbringe Zeit mit ihnen bevor dann um 20 Uhr der „staff prayer“ ist. Danach essen wir alle gemeinsam und ich bekomme noch einmal einen Tee. Beim Essen wird entweder tamilische Musik gehört (mit Musikvideo) oder kurze tamilische Filme geschaut. Wenn dann um kurz nach 21 Uhr die Küche abgeschlossen wird, gehe ich entweder ins Mädchenheim und setzte mich zu ihnen, wir machen Fotos, sie versuchen mir auf Tamil etwas zu erzählen, oder ich gehe direkt ins Zimmer beziehungsweise jetzt ja ins „Elwin Cottage“. 

Wochenende                                                                                                                                                              Samstags schlafe ich meistens etwas länger, so bis 8, halb 9 Uhr und gehe dann anschließend frühstücken. Anschließend helfe ich beim Vorbereiten fürs Mittagessen, während die Kinder tamilische Filme schauen. Wenn ich mit dem Gemüse schneiden fertig bin, setzte ich mich zu ihnen und versuche den Filmen zu folgen. Um 13 Uhr gibt es dann Mittagessen, ich helfe wieder beim Ausgeben und esse dann selber mit den Helferinnen. Anschließend ruhe ich mich aus, wasche meine Wäsche, natürlich Handwäsche und putze.  Es kann auch schon mal vorkommen, dass man dies im Dunkeln macht, wenn mal wieder Stromausfall ist. Manchmal gehe ich auch mit zwei Helferinnen nach Sivakasi, um ein paar Erledigungen zu machen. Danach spiele ich mit den Kindern oder verbringe so Zeit mit ihnen. Sonntags gehe ich gemeinsam mit den Helferinnen und ein paar Kindern in die Kirche, meistens in Satchiyapuram, manchmal aber auch in andere Kirchen, die in der Umgebung sind. Die Eltern haben an diesem Tag die Möglichkeit ihr Kind beziehungsweise auch oft ihre Kinder, es gibt ein paar Geschwisterpaare, zu besuchen und Zeit mit ihnen zu verbringen. Ich helfe wieder beim Kochen, dann gibt es Mittagessen. Nachdem die Kinder sich ausgeruht haben, ist meistens wieder Fernsehzeit.

Ich hoffe ihr habt einen guten Einblick in meinen üblichen Tagesablauf bekommen. Natürlich passiert auch viel anderes um den üblichen Tagesablauf herum. In den letzten Wochen war ich zum Beispiel sehr viel unterwegs, in Madurai auf einem „teacher meeting“, auf einem „prayer meeting“ und in Chennai bei einem Sportwettkampf, der aufgrund des starken Regens dann aber leider abgesagt wurde. Liebe Grüße aus dem immer noch heißen Indien und eine schöne, besinnliche Adventszeit,

eure Natalie

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Beim Teacher Meeting in Madurai (Foto: EMS/Felger)
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Bei der Eröffnungsfeier des Elwin Cottages (Foto: EMS/Felger)