Weltweit erlebt
14 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)
Der Alltag beginnt
Inzwischen hat das Schuljahr in Jordanien begonnen und die Kinder sind über Eid al-Adha (Opferfest im Islam) und der Wahl des jordanischen Parlaments für zwei Wochen wieder zu Hause und genießen die ersten Ferien. Als sie nach den zweieinhalbmonatigen Sommerferien das Schulgelände mit Leben füllten, entstand eine familiäre Atmosphäre.
Ungefähr 100 gehörlose Kinder gehen hier zur Schule und leben im Internat zusammen, zusätzlich gibt es ungefähr zehn Taubblinde, die in einer eigenen Abteilung in ihrem Tagesablauf unterstützt werden, aber dennoch beim Essen und auf dem Spielplatz mit den Gehörlosen in Kontakt sind. Man versteht sich hier als Familie, die Älteren passen auf die Jüngeren auf, Gehörlose kümmern sich um die Taubblinden und Lehrer und Mitarbeiter sind für die Kinder jederzeit ansprechbar und gehen offen auf die Kinder zu.
Zu Beginn war meine Aufgabe im Internat der gehörlosen Jungs mitzuhelfen und den Spielplatz zu beaufsichtigen. So kam ich gleich mit den Jungs in Kontakt und lernte einige von ihnen kennen. Sie haben Verständnis dafür, dass ich noch Probleme bei der Gebärdensprache habe und nur hilflos mit den Schultern zucke, wenn sie wieder in Windeseile einige Gebärden aneinandergereiht haben und ich es nicht verstanden habe. Sie sind sehr herzlich zu mir und es kommt vor, dass mich jemand von hinten umarmt und mich dabei fast umwirft. Von weitem winken mir die Jungs zu oder ich werde enthusiastisch mit Küsschen links und zwei Küsschen rechts begrüßt, was mir erst fremd vorkam, aber ein Zeichen der besonderen Wertschätzung darstellt und ich mich deshalb inzwischen darüber freue.
Da sich inzwischen mein Arbeitsplan geändert hat, habe ich zumindest während meiner Arbeitszeit weniger mit den Gehörlosen zu tun, versuche in meiner Freizeit aber möglichst engen Kontakt mit ihnen zu halten. Mein Mitfreiwilliger Benjamin ist nun im Internat der Gehörlosen verantwortlich und hat dort oft alle Mühe dem wilden Durcheinander ein Ende zu setzen, wobei er sich trotz manchmal fehlender Gebärde wacker schlägt und zu den Jungs einen guten Draht aufgebaut hat.
Ich arbeite nun in der Taubblindenabteilung des Instituts mit dem taubblinden Hazem zusammen, was auch für die kommenden Monate meine Aufgabe sein wird. Während ich die ersten zwei Wochen erstmal einer Lehrerin zugeschaut habe, die Abläufe kennengelernt habe und mir der Kontakt und die Kommunikation mit den Taubblinden erklärt und beigebracht wurde, muss ich inzwischen selbstständig mit Hazem zusammenarbeiten. Ich unterstütze ihn bei seinem Tagesablauf, erledige mit ihm seine Aufgaben und gestalte sein Freizeitprogramm.
Zu Beginn eines Tages stellen wir zusammen einen Tagesplan auf. Das bedeutet, dass er seine Hände auf meine legt und ich die Gebärden für die anstehenden Aktivitäten nacheinander vormache. Daraufhin muss er aus einem Ordner die Tafel mit der jeweiligen Aktivität erfühlen (Zähneputzen hat zum Beispiel eine Tafel mit einer Zahnbürste) und zu seinem Tagesablaufsplan hinzufügen. Im Laufe des Tages kann er so immer die als Nächstes anstehende Aktivität erfühlen und wenn diese beendet ist, zur Seite legen und sich dem Folgenden widmen.
Es macht große Freude zu sehen wie er trotz seiner schweren Einschränkungen Freude an kleinen Dingen hat, wenn er zum Beispiel eine Stunde nicht aufhört zu grinsen und zu lachen, während er Papier durch den Schredder schiebt. Obwohl er seine Umwelt weder hören noch sehen kann, bekommt er sehr viel mit und zeigt in vielen Momenten sehr viel Lebensfreude. Es ist sehr spannend mit Hazem durch den Tag zu gehen und ich freue mich, wenn er mit all den anderen Kindern wieder aus den Ferien zurückkommt.