Weltweit erlebt
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10 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

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Besuch des Changdeokgung Palast mit der TIM Gruppe (Foto: EMS/Dileep Kumar Kandula)
Besuch des Changdeokgung Palast mit der TIM Gruppe (Foto: Dileep Kumar Kandula)
28. Oktober 2019

Das Ankommen und der internationale Austausch

Annika

Annika

Südkorea
unterstützt die kirchliche Jugend- und Gemeindearbeit
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Hallo Zusammen,

als ich am 20.10.2019 mit drei Wochen Verspätung endlich am Flughafen in Seoul angekommen bin, ist mir ein Riesenstein vom Herzen gefallen. Ich habe es endlich geschafft! Nun bin ich seit 5 Wochen in Südkorea, allerdings fühlt es sich schon so viel länger an, weil ich durchgehend neue Erfahrungen mache und neue Eindrücke sammele.

Aber am besten fange ich von vorne an:

Nach nur drei Nächten in meiner Wohnung in Seoul, welche mein neues Zuhause für die nächsten Monate werden soll, ging es für mich und einer EMS Delegation aus Deutschland direkt für ein paar Tage nach Pohang zum General Assembly der Presbyterian Church of Korea (PCK). Das General Assembly der PCK ist die höchste politische Einrichtung der Kirche und kümmert sich um die kirchlichen Grundsätze in Bezug auf die Bildung, den Gottesdienst, die Diakonie etc. Es bestand unter anderem aus einem Gottesdienst und einer anschließenden Wahl. Dabei sind mir vor allem zwei Dinge aufgefallen: zum einen die ernste und fast schon angespannte Stimmung, die daher rührte, wie man mir später erklärte, dass dort auch sehr umstrittene und ernste Themen diskutiert wurden. Das wurde auch durch die Menschenmenge deutlich, die vor dem Gebäude, in dem das Event stattfand, demonstrierte.  Das zweite das mir aufgefallen ist, war die ungleiche Verteilung von Männern und Frauen bei dem General Assembly. Soweit ich das richtig mitbekommen habe, waren 3000 Männer anwesend und 25 Frauen (dabei sind nicht die internationalen Gäste miteingerechnet). In so einer Situation habe ich mich noch nie zuvor befunden und ich muss ehrlich sagen, es war ein sehr beklemmendes und auch frustrierendes Gefühl. Neben Gästen aus Deutschland wurden auch noch Gäste aus anderen Ländern nach Pohang eingeladen, so waren Repräsentanten der Presbyterian Churches von Neuseeland, Amerika, Taiwan etc. anwesend. Gemeinsam haben wir in den folgenden Tagen einige traditionell koreanische Restaurants, eine Theologie Universität und eine der ältesten presbyterianischen Kirchen besucht. Auch ein Migrationszentrum war als Programmpunkt darunter, was für mich persönlich sehr spannend war, weil ich dabei auch einiges über die koreanische Gesellschaft erfahren habe.

Nachdem wir wieder nach Seoul zurück gefahren sind, ging es gleich weiter mit dem EMS Programm, da die langjährige Partnerschaft zwischen der EMS und der PROK (Presbyerian Church of the Republik of Korea) und der PCK gefeiert wurde. Neben einigen Meetings haben wir unter anderem auch einen Ausflug zur Demilitarisierten Zone (DMZ), die zwischen Nordkorea und Südkorea verläuft, gemacht. Innerhalb der kurzen Zeit in der ich dort war habe ich ziemlich schnell bemerkt wie nah dieses Thema vielen Koreanern geht und wie präsent und sensibel es ist. Dies wurde nicht nur bei dem Besuch der DMZ deutlich, sondern auch in einigen Gesprächen mit Südkoreanern, welche auch sehr interessiert an der deutschen Geschichte sind und sich daraus auch oftmals Hoffnung ziehen. Nachdem die EMS Gruppe wieder nach Hause geflogen ist, fing für mich hier das Leben erst richtig an.

Mein erster Alltag hier in Seoul:

Nach dieser ereignisreichen Woche in der ich so viel Neues erlebt und gelernt habe, hatte ich nun endlich Zeit mich mit meiner neuen Umgebung in Seoul bekannt zu machen. Meine Wohnung liegt im Jongo-gu Stadtviertel, was bedeutet dass ich ziemlich zentral in Seoul lebe. Ich teile mir die Wohnung mit zwei jungen Studentinnen, die hier in Seoul studieren. Mit einer von ihnen teile ich mir auch mein Zimmer, was anfangs sehr schwierig für mich war, sich aber mittlerweile auch immer mehr einpendelt. Für mich ging es dann aber auch direkt Anfang Oktober mit einem einmonatigen Koreanisch Intensivsprachkurs los. Dieser fand viermal in der Woche von 11-13 Uhr statt, danach hatte ich dann genügend Zeit meine Hausaufgaben zu machen und zu lernen. Neben dem Sprachkurs arbeite ich noch nicht, so habe ich erstmal Zeit ein wenig anzukommen. Auch wenn es für mich anfangs noch ein wenig schwierig war, nicht zu wissen, wie genau es nach dem Sprachkurs weiter geht, habe ich mich nach einer Weile ein wenig entspannen können, da mein Mentor Rev. Han und auch sein Kollege Rev. Dileep Kumar Kandula sehr verständnisvoll sind und alles versuchen, dass ich mich hier in Korea wohlfühle. Generell sind die meisten Menschen denen ich bis jetzt hier begegnen durfte, sehr freundlich und höflich.

Ab und an durfte ich bei dem  Training in World Mission (TIM) Programm mitmachen. Das TIM besteht aus elf Teilnehmern, welche alle junge Erwachsene aus verschiedenen Ländern sind. Wenn man mich mitzählt sind somit 12 verschiedene Nationen vertreten und das heißt:  spannende und interessante Gespräche sind garantiert. Ein Programmpunkt war zum Beispiel der Besuch des Changdeokgung Palast und das Ausleihen von traditionellen koreanischen Kleidern, welche hier „Hanbok“ genannt werden. Durch das Tragen der Hanbok hat man die Palastführung ganz anders wahrgenommen und die Geschichten der Könige der Joseon-Dynastie sind auf einmal viel lebendiger geworden. Gleichzeitig hat das natürlich auch uns Teilnehmer dazu angeregt über unsere Traditionen, Kulturen und Geschichten zu erzählen. Ein weiterer Programmpunkt war ein 3-tägiger Ausflug ins Taebaek Gebirge, welches der Hauptgebirgszug Südkoreas ist. Dadurch habe ich eine ganz andere Seite Südkoreas kennengelernt. Wenn man sich aus einer Millionenstadt kommend, in der man ständig von Menschen umgeben ist, auf einmal in einem kleinen Ort, umgeben von Bergen und Natur, wiederfindet, fühlt es sich erst einmal an wie Urlaub. Doch gleichzeitig ist es auch ein ziemlich starker Kontrast, denn als wir durch mehrere Orte gefahren sind, habe ich sehr wenig Menschen auf den Straßen gesehen und auch die Touristenattraktionen waren nur sehr spärlich besucht. Für mich hat es sich sehr isoliert und auch ein wenig ausgestorben angefühlt. Mein Gefühl sollte mich auch nicht täuschen, denn unser Tour-Guide für diese paar Tage hat uns erklärt, dass viele Menschen über die Jahre Taebaek-si (die zentrale Stadt in der Provinz Gangwon) und die umliegenden kleinen Ortschaften verlassen haben, um in größere Städte wie Seoul zu ziehen. Durch Touren wie wir sie gemacht haben und auch durch Investitionen in Museen oder andere Touristenattraktionen versuchen sie wieder mehr Leute anzulocken. Spannend dabei waren auch die unterschiedlichen Einstellungen der Menschen gegenüber uns Fremden, die mir in Seoul nie so direkt aufgefallen ist. Mir sind nämlich Menschen begegnet, die unglaublich neugierig waren und sich auch offenkundig gefreut haben uns zu sehen, gleichzeitig sind mir aber auch sehr verschlossene und distanzierte Menschen begegnet, bei denen man die Skepsis und Zurückhaltung deutlich gespürt hat. Alles in allem hat mir dieser Trip unglaublich gut getan und auch wenn ich in dieser Zeit meine erste Erkältung bekommen habe, bin ich mit neuem Elan und neuer Kraft nach Seoul zurückgekehrt.

Ein weiteres interessantes Zusammentreffen hatte ich mit dem Northeast Asian Area Council (NEAAC), welcher sich dieses Jahr in Seoul für vier Tage getroffen hat. Das Besondere dabei war, dass es das erste Jugend NEAAC Treffen war, das heißt, es waren Jugendrepräsentanten von Taiwan, Hongkong, Japan und natürlich auch Korea da. Sie haben über die Situation in ihrem Land gesprochen und dabei verschiedene Themengebiete angesprochen, darunter Politik, Gesellschaft und auch Wirtschaft, und sie in Verbindung mit der Lage der Jugend und auch der Kirche gebracht. Für mich waren diese Tage so lehrreich, da ich nicht nur mehr über die Probleme in Korea sondern auch in anderen Ländern gehört habe. Denn als ich in Deutschland war, habe ich meist nur über die Medien von den jeweiligen Situationen in den einzelnen Ländern erfahren und dabei natürlich nur einen sehr einseitigen Bericht erhalten und weniger detailreich. Durch die Präsentationen und Gespräche der NEAAC Teilnehmer habe ich nun auch persönliche Geschichten und Perspektiven erfahren, was mir unglaublich geholfen hat alles besser zu verstehen. Außerdem wurde uns auch klar, dass wir einige Gemeinsamkeiten haben, Deutschland miteingeschlossen, denn jeder von uns hat die Erfahrung gemacht, dass junge Leute vermehrt Schwierigkeiten mit der Kirche und auch mit dem Glauben haben, zwar sind die Gründe dafür in jedem Land oftmals sehr unterschiedlich, doch das Phänomen ist überall spürbar. Neben den offiziellen Meetings haben wir viel Zeit miteinander verbracht, uns ausgetauscht und Freundschaften geschlossen. So wurde dieses NEAAC Treffen für mich auf verschiedenen Ebenen unglaublich wertvoll.

Wie man in meinen Erzählungen schon herauslesen konnte, habe ich in einer extrem kurzen Zeit jetzt schon unglaublich viel erlebt, erfahren und gelernt. Ich habe einige kleine Einblicke in die koreanische Kultur bekommen und mir einen groben Überblick über gesellschaftliche Normen und Probleme innerhalb der Gesellschaft und der Kirche verschafft. Allerdings habe ich nicht nur über Korea so einiges erfahren, sondern auch über so viele andere Länder der Welt. Mir ist dabei klar geworden wie wichtig der Austausch mit anderen ist und dass es viel mehr als die eigene kleine Welt gibt.

In den nächsten Wochen werden sich diese Eindrücke hoffentlich noch vertiefen und es bleibt weiterhin spannend welche Herausforderungen mir hier noch begegnen werden. Ich werde euch auf jeden Fall auf dem Laufenden halten wie sich mein Leben in Korea weiterentwickeln wird und welche Wege sich hier für mich öffnen.

Liebe Grüße aus Seoul

und bis zum nächsten Mal,

Annika

 

 

 

 

 

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Das NEACC Programm haben wir mit einem Late Night Dinner ausklingen lassen (Foto: EMS/Lîan Chíng-Siông)
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Die EMS-Delegation und ich vor dem Gebäude, in dem die General Assembly der PCK stattfand. (Foto: EMS/Dileep Kumar Kandula)