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10 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

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Die alte römische Stadt Jerash im Frühling (Foto: ems/Schnotz)
Die alte römische Stadt Jerash im Frühling (Foto: ems/Schnotz)
27. April 2019

Rückblick auf 4 Jahreszeiten in 8 Monaten

Lisa

Lisa

Jordanien
arbeitet in der Theodor-Schneller-Schule mit
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Zwischen den Extremen: Überschwemmungen und Hitze

Liebe Leserinnen und Leser!

Seit ich in Jordanien bin, wird mir immer bewusster wie wichtig Wetter ist und wie gerne ich Regen eigentlich mag. Im folgenden Blogpost möchte ich ein bisschen über die Jahreszeiten in Jordanien erzählen und dabei auch ein bisschen zurückblicken auf meine letzten 8 Monate hier. Während dem Schreiben sind mir sehr viele Anekdoten eingefallen, die ich sehr gerne teilen will, daher ist dieser Blogbeitrag etwas anders als die vorherigen und hoffentlich nicht zu ehrlich. 

SOMMER
Als wir im August 2018 angekommen sind, war hier fast alles vertrocknet. Die Betonung liegt auf „fast.“  
Das Gelände der Schneller-Schule ist wirklich eine Oase. Auch im August gab es grüne Flecken. Es gibt eine sehr große Olivenbaumplantage, diese Bäume waren noch grün und auch ein Teil des Gemüsegartens, der bewässert war, hatte eine grüne Wiese drumherum. Dennoch gab es sonst eher wenig Grünes. Ich erinnere mich noch an einen Moment mit meiner Mitfreiwilligen Lisa Luka, als wir das Rathaus in Amman besucht haben. Dort wurde auch im September noch ein riesiges Blumenbeet bewässert und es gab eine Wiese mit grünem Gras. Da haben wir einen kurzen Barfuß-Spaziergang mitten im Zentrum von der 4 Millionen Stadt Amman auf einem 2 Quadratmeterstück Rollrasen gemacht.

Vor meiner Ausreise habe ich mir häufig Sorgen gemacht, wie heiß es wohl wird und als wir dann da waren, war es nicht so heiß, wie ich es mir vorgestellt habe und ich habe mich ganz gut arrangiert. Aber es gibt einen heißen Samstag im September, der mir wohl für immer im Gedächtnis bleiben wird. Mit der deutschen Gemeinde haben wir die Ausgrabungsstätte des Deutschen Evangelischen Instituts auf dem Tall Ziraa im Norden Jordaniens besucht. Es war sowieso schon ein heißer Tag, dazu kam dann, dass der Berg beinahe im Jordantal liegt und dort ist es sowieso nochmal heißer, zudem gab es auf dem Berg keinen Schatten und es war sehr heiß. Wer mich kennt, weiß, dass ich sehr schnell Sonnenbrand bekomme und mich oft eincremen muss. So stand ich also zwei Stunden auf diesem Berg und habe mich permanent eingecremt und währenddessen so geschwitzt, dass ich vor Schweiß schon Gänsehaut hatte.

HERBST
Im November hat es dann zum ersten Mal geregnet und dann ging alles sehr schnell. Jordanien ist aufgeblüht, zumindest hier im Norden wurden die Wiesen langsam grün und dabei hat es immer weiter geregnet. Es ist relativ schnell abgekühlt und wir hatten wahrscheinlich drei Wochen Herbst bevor es so kalt wurde, dass ich sagen würde, jetzt ist Winter.
Der erste Regen ist mir noch gut im Gedächtnis. Es war Donnerstag, wir hatten am Vormittag Sprachschule. Ich habe am Morgen im Internet gesehen, dass es regnen soll, konnte mir das aber beim besten Willen nicht vorstellen und dachte, das es sich um einen Fehler handelt. Nach der Sprachschule hatten wir einen Ausflug nach Madaba geplant, eine Stadt südwestllich von Amman. Wir saßen im Bus als es plötzlich angefangen hat zu tröpfeln. Es hatte schon den ganzen Tag sehr stark gewindet und als es dann richtig angefangen hat zu regnen, kam auch sehr viel Regen runter. Der Bus mit dem wir gefahren sind, war wohl auch nicht auf einen solchen Wolkenbruch vorbereitet, sodass einen Deckenklappe nicht zu war, durch die das Wasser sich nur so auf die Passagiere ergossen hat. Die Straßen standen etwa einen halben Meter unter Wasser. Nach einer Stunde war es vorbei und als wir einen Stadtrundgang durch Madaba gemacht haben, hat es schon angefangen zu trocknen.
Mittlerweile weiß ich schon, dass es, wenn es so windet wie an diesem Tag, wohl gleich anfängt zu regnen. Denn so hat sich hier eigentlich jeder Regen seitdem angekündigt.

WINTER
Mit der Zeit wurde es so kalt, dass ich immer mehr anziehen musste. Da das Internat nur zwei Stunden am Tag beheizt ist, war es drinnen manchmal noch kälter als draußen. Zur Arbeit bin ich also meistens mit 5 Lagen T-Shirts, Pullover, Schal und darüber noch einer Jacke gegangen. Einmal gab es auch kein warmes Wasser in meiner family und als ich die jüngeren Mädchen duschen musste, haben die meisten nur noch geweint, weil es so kalt war. In den großen Schlafsaalzimmern wird es leider auch nicht so wirklich warm.
Anfang Dezember haben wir zum ersten Mal auch Anna und Annabelle in Irbid besucht und wollten von dort aus einen Tagesausflug in die alte Römerstadt Jerash machen. Tatsächlich hat es dann aber den ganzen Tag so geregnet, dass wir lieber drin geblieben sind. 24 Stunden Regen ohne Pause war für mich davor nicht vorstellbar.
Im Sommer war uns die Küche in unserer WG noch oft zu klein und es war sehr eng. Darüber haben wir uns im Winter immer mehr gefreut. Wenn wir den Ofen benutzt haben, wurde es immer angenehm warm, wir durften nur keine Fenster öffnen.
Zu Weihanchten waren wir ja für vier Tage in der Nabatäerstadt Petra und in Wadi Rum. Vier sehr verfrorene Tage, bei denen ich sehr dankbar für meinen Schlafsack war.
Im Januar standen dann die Prüfungen für das erste Halbjahr an. Am letzten Prüfungstag hatte ich Aufsicht mit einer Kollegin in der zehnten Klasse bei einer Mathe-Klausur, in deren Klassenzimmer auch ein kaputtes Fenster, das nicht geschlossen werden konnte. Bisher hatte ich mir angewöhnt, zumindest Handschuhe und Mütze in geschlossenen Räumen auszuziehen, weil ich mich schon sehr komisch gefühlt habe, drinnen so eingemummelt zu sein. Während der Prüfung war es allerdings so kalt, dass ich schon angefangen habe mit den Zähnen zu klappern, da habe ich alles wieder angezogen.
In den darauffolgenden Ferien bin ich mit Luka und Felix nach Ägypten gefahren und wir haben wohl die kältesten drei Wochen verpasst in denen es auch in Amman geschneit hat. Frischgeerntete Erdbeeren im Januar und 30 Grad waren aber eine schöne Abwechslung.
Manch eine/r hat vielleicht die  Überschwemmung in Amman Ende Februar mitbekommen. Die Bilder davon zu sehen, hat mich sehr erschreckt, weil einfach unvorstellbar viel Wasser in den Straßen geflossen ist.
Vor allem im Winter gab es viele Überschwemmungen und es sind leider auch einige Unglücke passiert, bei denen Menschen von plötzlichem Regen überrascht wurden, der sich schnell in reißende Fluten gewachsen hatte.

FRÜHLING
Mit Gewissheit kann ich sagen, dass der Frühling hier meine liebste Jahreszeit geworden ist. Es ist angenehm warm. Im Frühling wird alles, wirklich alles grün. Auf dem Schneller-Gelände kommen dann noch Wiesen voller Wiesenschaumkraut dazu, unglaublich viele behaarte Raupen, die die Wege überqueren und Schwärme von Spatzen, die in der Wiese sitzen und wohl die gerade erwähnten Raupen verspeisen und sich dabei sehr laut zuzwitschern.
Ende Februar haben wir einen Ausflug nach Jerash gemacht, einer alten römischen Stadt zwischen Irbid und Amman, und dort auf einer sehr grünen Wiese ein wunderschönes Picknick erlebt.

Jetzt wird es sogar schon Sommer und es wird sehr schnell immer heißer. Wir haben wieder kleine Partys im Innenhof wie letzten Sommer und manche Schüler tragen schon kurzärmlige T-Shirts. So warm ist mir dann noch nicht, aber ich werde auf jeden Fall auch diesen Sommer wieder viel schwitzen und dankbar für jeden Ventilator sein, unter dem ich kurz verweilen darf.

 

Anmerkung
Wenn von Wetter geredet wird, geht es oft auch sehr schnell um Klimawandel. Natürlich ist der in Jordanien ebenfalls zu spüren, daran, dass der erste Regen viel später kam als sonst, an den vielen Überschwemmungen, die es in den letzten Jahren noch nicht gab etc.
Direkt zurückführen auf normales Wetter oder Auswirkungen des Klimawandels lassen sich aber dann doch nicht alle Ereignisse, daher habe ich diese Komponente bewusst nicht in diesem Blogpost erwähnt.  

 

Liebe Grüße aus dem sommerlichen Jordanien
Eure Lisa

 

Die offizielle Seite des Tall Ziraa, der Ausgrabungsstätte die wir im September 2018 besucht haben: www.tallziraa.de/

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Überschwemmung in Amman im Februar 2019. Das römische Theater und dessen Vorplatz standen unter Wasser (Foto: ems/Batarseh)
Überschwemmung in Amman im Februar 2019. Das römische Theater und dessen Vorplatz standen unter Wasser (Foto: ems/Batarseh)