Weltweit erlebt
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Weltweit erlebt

10 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

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Den Ausblick in das Tal zu werfen und die Ruhe zu genießen, war sehr entspannend. (Foto: EMS/Jeric)
In Dana
05. Februar 2017

Halbzeit

Alisa

Alisa

Jordanien
leistet ihren Freiwilligendienst in einer integrativen Blindenschule
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Kurze Übersicht über die letzten Wochen

Nach den kurzen Weihnachts- und Silvesterferien mussten die Schülerinnen und Schüler der AES viel lernen, da sie ihre Endexamen schrieben – in ihnen wird der Inhalt des gesamten Halbjahres noch einmal abgefragt. Der reguläre Unterricht fiel aus und die Kinder waren nur für wenige Stunden in der Schule. Für mich bedeutete das eher Langeweile, da kein Sportunterricht stattfand. Sportunterricht wird als weniger relevantes Fach angesehen und schon in der Vorbereitungsphase wurden diese Stunden immer wieder in andere Fächer investiert, damit die Lehrkräfte noch die letzten Inhalte vermitteln konnten.

Den Großteil meines Tages verbrachte ich nun im Lehrerzimmer und beschäftigte mich zum einen mit office work, die sich allerdings auch nur auf wenige eMails und Karten beschränkte. War diese Arbeit getan, tippte ich Englischbücher ab: Lektüren, work books, student books... An unserer Schule gibt es einen Drucker, der Schwarzschrift in die Sechspunkteschrift umschreiben und ausdrucken kann. So haben die blinden und seheingeschränkten Kinder die Möglichkeit selbst mitlesen und eigenständig arbeiten zu können.

Um wieder zum Thema zurückzukommen: Einen ganzen Arbeitstag vor dem Laptop zu sitzen und abzuschreiben kann anstrengend sein und ich war froh, wenn ein solcher Tag beendet war. Willkommene Abwechslung bekamen wir zwischendurch dann doch immer wieder, wenn uns die Schulleiterin die englischen und französischen Examen gab. Die entsprechende Lehrkraft hat die Examen bereits korrigiert und benotet, wir waren aufgefordert noch einmal einen Blick darauf zu werfen, ob sich nicht vielleicht kleine Fehler eingeschlichen haben.

Die Kinder durften eine Woche vor uns und den Lehrkräften die Schule verlassen und umso größer war dann die Freude, dass nun auch für uns zwei Wochen Ferien waren – zwei Wochen um das Land besser kennenzulernen. Unsere Ausflüge hatten ganz unterschiedliche Ziele: Das für mich am interessanteste Erlebnis war der orthodoxe Gottesdienst mit unserer Gastmutter. Morgens um viertel vor neun Uhr, eigentlich wir bereits um halb zehn Uhr loslaufen, machten wir uns mit einer ihrer Freundinnen auf den Weg. Wie viel wir verpasst haben, weiß ich nicht, aber der Gottesdienst war schon im vollen Gange. Die Kirche war sehr prachtvoll und golden geschmückt, der Altarraum war abgetrennt, vom Mittelschiff (in dem wir weiter hinten saßen) war nur der Eingang mit dem Altar sichtbar. Der Geruch von Weihrauch strömte uns beim Eintreten entgegen und wurde auch während des Gottesdienstes weiter verbreitet, manche Frauen bedeckten sich mit einem kleinen Tuch, das am Eingang bereit liegt, den Kopf. Mich erinnerte das Tuch instinktiv an die Spitzendeckchen meiner Uroma.

Wir setzten uns auf die linke Seite, wie die meisten Frauen. Die Männer saßen auf der rechten Seite. Der Gottesdienst wurde von einem dauerhaften schönen Gesang begleitet. Wenige Männer standen vorne rechts und sangen mit unterschiedlichen Stimmen, die Gemeinde setzte zwischendurch mit ein. Drei Bischöfe führten der Gottesdienst durch, einer sah wichtiger aus, in ganz schwarz gekleidet mit großem Hut, und sprach auch die Predigt, ohne Textvorlage, Stichpunkte oder ähnliches. Dafür mit einer Pause und einem auf mich gerichteten bösen Blick. Wir wussten nicht so recht, was los war, bis mich eine Frau darauf aufmerksam machte, ich solle doch bitte nicht meine Beine übereinander schlagen. Als meine Gastmutter das auch feststellte, sagte sie mir, das dürfe ich kein zweites Mal machen oder ich dürfe nie wieder mit ihr in den Gottesdienst gehen. Später habe ich erfahren, dass diese Haltung sexuell erregend interpretiert werden kann – ich werde demnächst also vorsichtiger sein und daran denken.

Unsere Reisen haben uns meistens in den Süden Jordaniens gebracht. In Madaba gab es neben einigen Kirchen mehr und weniger gut erhaltene Mosaike und Museen. Alles in allem war es sehr klein und beschaulich. So entspannt waren auch unsere weiteren Ziele: im Naturreservat Dana hatten wir einen wunderbaren Ausblick auf die Natur, konnten Ziegen, Hunde und Esel hören. Die Stille war beeindruckend und sehr ungewohnt, da ich das im vollen Getümmel Irbids bisher nicht finden konnte. So war es schade, dass wir am folgenden Tag nicht viel Zeit zum Wandern oder Spazieren gehen hatten. Denn die An- und Abreise brauchten auch ihre Zeit mit fünf und acht Stunden.

Weniger Zeit brauchten wir, um zu den heißen Quellen zu gelangen. Im Februar war es bei uns noch sehr frisch, das Wasser der Quellen jedoch angenehm warm. In Sportsachen huschten wir von der Umkleide in das Becken. Weil das Wasser in einen kleinen Bach fließt, kommt immer neues Wasser nach und nach geraumer Zeit wurde uns warm anstatt kalt, sogar Tee wurde uns serviert. Bei unserem Ausflug nach Dana und zu den heißen Quellen waren wir in Begleitung einer weiteren Person – bei uns wohnt jetzt eine dritte Freiwillige aus Deutschland, die mit uns an der Schule als Volontärin arbeitet. Ich bin gespannt, wie sich das entwickeln wird.

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In Dana gab es viele mehr oder weniger gut erhaltene Mosaike, eines ist hier zu sehen. (Foto: EMS/Jeric)
Mosaik