Advent, Weihnachten und Silvester in Jordanien
Dieses Jahr alles anders
مرحبا Liebe Leserinnen und liebe Leser,
Es ist das erste Weihnachten, welches ich nicht zu Hause gefeiert habe. Normalerweise sind die Adventszeit, Weihnachten und Silvester meine heiligsten Momente im Jahr, die ich mit meiner Familie oder Freunden verbringe und feiere. Doch wie so vieles andere ist auch das dieses Jahr anders. Hätte ich keinen Kalender hier gehabt, hätte ich nicht einmal erahnen können, dass Weihnachten war. Keine Dekorationen, keine Konzerte und keine bittere Kälte mit Schnee. Das Einzige, was mich in Weihnachtsstimmung brachte, war unsere eigens dekorierte WG-Küche und die wenigen Adventsgottesdienste in der Schneller-Kirche (auf dem Schulgelände, für alle Chirsten der Schule) und die der deutschen Gemeinde in Amman.
Für mich war es abzusehen, dass Weihnachten und alles, was dazu gehört hier im Land keine große Rolle spielen würde, aufgrund des weit verbreiteten Islams. Doch wenigstens in unserer christlichen Einrichtung dachte ich Weihnachten wiederzufinden. Aber nein, nichts. Warum? Ganz einfach. Aus Solidarität mit den Menschen in Gaza wurden hier alle festlichen Aktivitäten abgesagt. Alles, nicht mal Dekorationen, die es wenigstens die Jahre zuvor gegeben haben soll, geschweige denn das Feiern des Festes. Sogar Hochzeiten und andere Festlichkeiten werden zurzeit wegen des Krieges hier verschoben oder gar ausgelassen. So also auch ein ausgefallenes, fröhliches Weihnachten und die dazugehörigen Festlichkeiten. In privaten christlichen Kreisen wurde das Weihnachtsfest ganz einfach schlicht gehalten.
Auch die Gottesdienste und Predigten dieser Adventszeit und des Heiligabends standen hier unter einem ganz anderen Stern. Das wurde mir vor allem bewusst, als ich mich mit meiner Familie über unsere Weihnachtsgottesdienste austauschte. Während die Stimmung in ihrem Gottesdienst eine schöne, freudige war, begann die Predigt bei uns mit: „Ich würde Ihnen gerne fröhliche, jubilierende Gedanken zu Weihnachten schreiben. Das kann ich aber nicht. Zumindest nicht so einfach. Zu sehr beschäftigt und berührt mich, was gerade in Gaza, der Westbank, Israel passiert.“ (Gemeindebrief/Predigt zu Weihnachten der deutschen Gemeinde Amman)
Weihnachten haben meine Mitfreiwilligen und ich bei uns in der Schule verbracht. Allein, denn im Moment haben alle 6 Wochen frei und sind bei sich zu Hause. Sowohl die Kinder als auch die Erzieherinnen und Erzieher und Lehrerinnen und Lehrer. Wir sind also am 24.12. noch vor dem Gottesdienst der deutschen Gemeinde in Amman zusammen essen gegangen in einem schönen Restaurant mitten in der Stadt. Mit ein wenig Stress haben wir es dennoch rechtzeitig zum Gemeindezentrum geschafft, wo es dann einen Gottesdienst von ungefähr einer Stunde und mit vielen deutschen Weihnachtsliedern gab. Ich habe das sehr genossen, denn es gab mir wenigstens für einen kurzen Moment ein Gefühl von Weihnachten. Die Deutsche Gemeinde in Amman sind alles sehr liebe Menschen mit unterschiedlichem deutschem Hintergrund, die mittlerweile oder schon sehr lange in Jordanien leben. Damit sind die Gottesdienste auf Deutsch und wir haben noch außerhalb des Schneller-Geländes Kontakt mit weiteren Deutschen. Es gibt sogar einen deutschen Stammtisch, dem wir bereits einmal beigewohnt haben. Sie sind alle nicht unsere Alter, dennoch ist es immer eine nette Begegnung. Zumal es nach den Gottesdiensten noch Zeit zum Austauschen, Weintrinken (der sonst überall sehr teuer ist) und zusammen Essen gibt. Es war lustig, dass man bei der Heimfahrt nicht wirklich merkte, dass Heiligabend war. Auch unser Uberfahrer erfuhr erst von uns, dass an dem 24.12. Heiligabend ist. Zu Hause angekommen, habe ich noch mit meiner Familie telefoniert und das war der Heiligabend auch eigentlich schon. Einfach, aber schön. Am 25.12. haben wir ganz wie zu Hause selber Klöße, Rotkraut und Bratensoße ohne Braten gekocht. Unsere ganze WG zusammen. Ich war wirklich stolz auf unsere Kochkünste und so lebten meine deutschen Weihnachtsessenstraditionen auch hier in Jordanien weiter.
So manches Mal hatte ich mir gewünscht zu Weihnachten zu Hause zu sein oder mir überlegt wie es wäre. Doch ich bin froh, dass ich nicht gefahren bin und einfach mal Weihnachten, die Adventszeit und Silvester ganz anders verbracht habe. Hier, in einem Land, indem ich mich mittlerweile so wohlfühle und welches so besonders für mich geworden ist.
Ganz besonders war für mich aber unsere Silvesterfeier in der Wüste Wadi Rum im Süden von Jordanien und der Beginn des neuen Jahres 2024 mit einem kurzen Trip. In Wadi Rum (die größte Wüste in Jordanien) haben wir mit einer großen Gruppe von nationalen und internationalen Studenten ein Wüstencamp gemietet und gefeiert. In den letzten Monaten hatten wir unsere Connections hier in Amman weiter ausgebreitet und immer mehr junge Menschen kennengelernt- ob andere Freiwillige oder Studenten. Mit einer kleineren Gruppe sind wir danach die ersten Tage im neuen Jahr ganz spontan verreist. Diese kurze und spontane Reise, durch die wohl berühmtesten Orte Jordaniens: Wadi Rum, Aqaba mit direktem Zugang zum Roten Meer sowie eine Tagestour zu einem der sieben neuen Weltwunder „Petra“, waren ein unglaublicher Start ins neue Jahr. Jordanien hat einfach so viel an Diversität von Vegetationen und Orten zu bieten. Man kann sich jedes Mal etwas anders und neues anschauen und man ist dennoch jedes Mal aufs neue verblüfft, wie schön und vielfältig Jordanien ist. Doch dieses Silvester und der Anfang des Jahres 2024 werde ich so schnell wohl nicht vergessen. Es war eine sehr besondere Reise und natürlich, wie so vieles andere in diesem Auslandsjahr auch, mal wieder etwas komplett Neues.
مع السلامة
P.S. In Teilen von Jordanien ist es Frühling geworden. Dort, wo bei meiner Ankunft nichts als Sand und Geröll waren, blühen jetzt weitestgehend grünes frisches Gras und Blumen. So wie auf dem gesamten Schneller-Gelände jetzt alles grün ist… Ein ganz neuer Anblick des sonst so trockenen Landes.
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