Weltweit erlebt
ÖFP

Weltweit erlebt

10 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

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Ein Lächeln hat in Jordanien glücklicherweise die gleiche Bedeutung wie in Deutschland. (Foto: EMS/Jeric)
Schüler der dritten Klasse
28. Januar 2017

Geheimsprache?

Alisa

Alisa

Jordanien
leistet ihren Freiwilligendienst in einer integrativen Blindenschule
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Die mehr oder weniger kleinen Unterschiede

Begrüßung und Verabschiedung: Männer geben mir die Hand – wenn sie sie mir geben. Die meisten machen es, aber ich als Frau sollte sie nur entgegen nehmen. Die Begrüßung und Verabschiedung innerhalb eines Geschlechtes – also auch unter Männern – ist jedoch inniger und größer, wenn sie den Gegenüber kennen: eine Umarmung mit Küsschen links, rechts, rechts... rechts und zwischendrin der Frage wie es einem geht oder man solle es gut machen, auf sich aufpassen und bald wird man sich wiedersehen.

Warte kurz! Ich gebrauche die Gestik für stanishwoi (arabisch für „Warte kurz!“) nicht so oft, dafür sehe ich sie umso öfters. Wenn ich an der Tür meines Vorgesetzten klopfe und er ein wichtiges Gespräch führt, ist eine Geste einfacher und genauso deutlich. Für diese Geste musst du mit deiner Hand einen „geschlossenen Schnabel“ bilden. Alle Fingerspitzen berühren sich und zeigen nach oben, während die Finger nur leicht gebeugt sind. Meistens wird sie mit Schwung ausgeführt. Anfangs zeigen die Finger nach unten und werden dann nach oben gedreht.

Fertig, geschafft: Das arabische Wort „challas!“ hat viele Bedeutungen: es reicht, hör auf, fertig, geschafft. Wer dieses Wort sagt, klatsch dabei meistens in die Hände. Diese Geste begleitet das Gesagte, das Wort „challas“ fällt jedoch meistens auch. Beim Klatschen werden die Hände so bewegt, als würde man sich das Mehl von den Händen klatschen, also in einer großen Bewegung wischen die Hände klatschend aneinander vorbei. Ich selbst halte meine Hände, die Handfläche zum Körper zeigend, auf Brusthöhe und bewege sie vom Körper weg. Warum so, weiß ich nicht – aber ich mache es oft, wenn ich „challas“ sage...

Was? Warum? Wer? Die meisten Fragepronomen, vor allem aber warum und wie, werden mit einer Handbewegung begleitet: Sie wirkt sehr locker und die Finger sind nicht explizit gestreckt. Die Fingerspitzen zeigen nach oben und der Handrücken wird vom Oberkörper weg gedreht.

Nein! Diese Gestik kam mir zu Beginn frech vor, obwohl mir schon von Vorfreiwilligen davon berichtet wurde. Ein kurzes Schnalzen mit hochgezogenen Augenbrauen. Das ist alles, kein Wort, und das von einem kleinen Kind? Ja, an unserer Schule sprechen Kinder und Lehrer auf diese Weise oft miteinander und sehen das keineswegs als frech an.

Ich möchte aus dem Bus aussteigen: Wenn jemand im Bus an das Fenster klopft, bedeutet das, er möchte aussteigen – sofort. Denn feste Bushaltestellen gibt es weniger, Leute werden vom Straßenrand aufgesammelt und an jeder beliebigen Stelle auf dem Weg wieder raus gelassen. Dafür wird mit einem Geldstück oder mit der Hand am Fenster geklopft. Mit dem Fahrer wird nur selten gesprochen.

Mit den Fingern zählen: Der erhobene Zeigefinger, zeigt gestreckt nach oben. Im ersten Moment erinnerte es mich an das Ermahnen oder Ausschimpfen. Da die Hand aber nicht bewegt wird, bedeutet der erhobene Finger 1. Ich bin es auch Deutschland gewohnt, dafür den Daumen zu strecken, was gleichzeitig auch gut heißen kann – im Kindergarten zeigen sich die Kinder damit, dass sie sich lieb haben. Zeige- und Mittelfinger geschlossen nach oben zu strecken heißt 2. Die Zahl 3 dagegen wird meistens mit Mittel-, Ring- und kleinem Finger nach oben zeigend vermittelt, während Daumen und Zeigefinger ein O oder Ring bilden.

Eine kleine Geschichte dazu: Wir wollten uns ein Mal die Universität ansehen, am Eingang waren jedoch zwei Wachposten, die kein Englisch sprachen und unser Arabisch war zu schlecht. Ein Mann, der nicht sprechen konnte, zeigte uns in einer Art Gebärdensprache, was uns die Wachposten vermitteln wollten – die Uni hat nur bis drei Uhr geöffnet, wir sind zu spät...

Liebe Grüße, Alisa