Weltweit erlebt
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14 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

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Zugfahrt (Foto: EMS/Rothermundt)
Zugfahrt (Foto: EMS/Rothermundt)
16. Oktober 2017

32 hours of travel and other challenges

Eva

Eva

Indien
leistet ihren Freiwilligendienst in einem Kinderheim
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German and English version

Eineinhalb Monate bin ich jetzt schon hier, in meiner neuen Heimat. Jede Woche stelle ich mit Erschrecken fest, wie schnell die Zeit doch vergeht, bald ist ein Fünftel meiner Zeit in Indien um. Aber genug der melodramatischen Einführungsworte, es ist immer noch genügend Zeit für viele neue Abenteuer und Erfahrungen.
In diesem Blogbeitrag möchte ich euch zu Beginn von dem jüngst vergangenen Wochenende berichten. Dieses habe ich nämlich nicht wie gewohnt in meiner Einsatzstelle verbracht, sondern in Dharwad. Auch bekannt als Hubbli-Dharwar, die nächstkleinere Twin City nach meiner Heimatstadt Hyderabad-Secunderabad. Sie liegt in Karnataka und ist etwa 500 km von Hyderabad entfernt. Die Strecke ist hier der springende Punkt. Obwohl es auf der Indien Karte wie ein Katzensprung erscheint, ist der Weg doch deutlich länger, als man so beim ersten Blick darauf erwartet. Das zeigt nur einmal wieder in welchen Dimensionen wir uns hier bewegen. Also hieß es für mich am Freitagabend Abfahrt, natürlich mit dem Zug. Diese Reise war aber etwas Besonderes, denn es war die erste Zugfahrt, die ich ohne Begleitung vollzog. Und zudem über Nacht im Sleepers Wagon. (Ich habe darüber schon in meinem ersten Blog berichtet) Hier stellte sich zuerst das Finden des richtigen Bahnhofs und dann des Wagons als Herausforderung dar. Zudem hatte mein Zug auch 2 h Verspätung (ja ähnlich zur deutschen Bahn), wodurch mir es nur durch Hilfe der mitfahrenden Passagiere gelang, bei der richtigen Haltestelle auch auszusteigen, denn es gibt keinerlei Durchsagen während der Zugfahrt. Die einzigen Geräusche während der Zugfahrt sind entweder auf das Wackeln des Zuges zurückzuführen oder aber auf die Händler, die alle halbe Stunde einem entweder Chai, Coffee oder irgendein Gericht verkaufen wollen. Dabei sei gesagt, das alles sehr zu empfehlen ist (außer vielleicht der Kaffee, was aber eher an der Zubereitungsweise des indischen Kaffees mit viel Milch und sehr viel Zucker liegt, welches einfach nicht meinem Geschmack entspricht).
Der Zweck dieser Reise war eine Zusammenkunft der Jugendorganisation der Church of South India in Karnataka. Leider waren die 24 h, die wir dort verbrachten weniger nützlich für uns Freiwillige, da der größte Teil des Programms inklusive der Kirche am Sonntagmorgen auf der lokalen Sprache Kannada war und somit für uns unverständlich. Trotzdem haben wir die Zeit sehr genossen, da wir uns alle (mit einer Ausnahme) dort wieder getroffen haben und eifrig unsere Erfahrungen der letzten Wochen miteinander teilen konnten. Wir wurden dort auch gebeten einen kleinen Vortrag über unsere Projekte und unsere bisherigen Herausforderungen zu halten, bevor es dann für uns alle wieder richtig Heimat ging, diesmal fast alle zumindest zuerst im selben Zug, sodass ich mich auch deutlich wohler und sicherer gefühlt habe. Der kleine Vortrag allerdings hat mich inspiriert, auch in diesem Blogbeitrag auf meine Herausforderungen einzugehen, denn wie erwartet ist natürlich nicht alles Glanz und Gloria hier.
Die erste große Herausforderung, ist nicht länderspezifisch, das hätte genauso gut in Deutschland passieren können, ich möchte sie aber trotzdem hier erwähnen.
Während meiner ersten Woche hier, bevor die Ferien in meiner Einsatzstelle begannen, wurde drei Mal eingebrochen. Das traurige ist, dass die Motivation nicht materiell war, sondern das Ziel war, Verunsicherung und Angst zu stiften. Denn bereits nach dem ersten Einbruch wurden Überwachungskameras installiert, die aber beim zweiten Einbruch alle umgedreht wurden, beim dritten Mal gelang es dem Einbrecher sogar in ein Zimmer der Mädchen zu gelangen, die ihn aber durch lautes Geschrei vertrieben haben. Natürlich waren dadurch alle Menschen in großer Sorge und Aufregung. Das Wachpersonal ist seitdem deutlich aufgestockt worden und um das ganze Gelände wird nun ein Elektrozaun gebaut. Dies ist vor allem positiv hervorzuheben, da diese Sicherheitsvorkehrungen direkt getroffen wurde und auch finanziell von der Diözese getragen werden.
Die zweite große Herausforderung bestand in meiner Registrierung beim FRRO (Foreign Regional Registration Office). Schon von vorne herein war mir bewusst, dass das ein größerer Akt, als die Registrierung bei der Polizei, die sehr schnell und freundlich von dannen ging, werden wird. Zu diesem Zeitpunkt war mir und allen anderen jedoch das Ausmaß nicht bewusst. Zuerst einmal muss eine Menge Dokumente online eingescannt und vorher bereitgestellt werden, bevor man überhaupt einen Termin dort bekommt, soweit so gut. Auch die ersten beiden Male liefen recht unkompliziert, nur zeitaufwendig ab, da immer wieder noch eine neue Art von Dokument benötigt wurde. Als dann endlich beim dritten Besuch alle Dokumente in ihrer Richtigkeit vorhanden waren, schien zuerst auch alles wunderbar zu funktionieren, bis sich nach der Mittagspause ein Vorgesetzter der bisherigen Mitarbeiterin einmischte. Ich werde nun kurz zusammenfassen, was der Inhalt des Gesprächs war, das zuerst zwischen meiner Verantwortlichen und ihm und dann gesondert in seinem Büro zwischen ihm und mir ablief. Er konnte erstens nicht verstehen, warum ich überhaupt nach Indien gekommen bin und war der Überzeugung, dass man keine Hilfe von Ausländern benötigen würde. Des Weiteren waren meine Unterlagen für ihn ein großes Problem, da er aus ihnen entnahm, dass ich mit einer kirchlichen Organisation nach Indien gekommen bin. Dies verknüpfte er sofort mit einem Missionsdienst und war sehr aufgebracht darüber, dass ich kein Missionsvisum, sondern ein Arbeitsvisum besitze, was natürlich daran liegt, dass ich hier nicht aufgrund eines Missionsdienstes bin, was ich ihm natürlich auch erklärte, er allerdings als Lüge auffasste. Ich versuchte ihm dann zu erklären, dass für mich der interkulturelle Austausch und das Kennenlernen der Kultur der Hauptgrund meines Freiwilligendienstes sei. Das konnte er allerdings überhaupt nicht verstehen, da seiner Meinung nach Indien ein Land des Hinduismus sei und man damit einhergehend mit einer christlichen Organisation die Kultur Indiens nicht kennen lernen könne.
Das Ende dieser Auseinandersetzung war dann, dass er mich aus seinem Büro warf und uns bis kurz vor Arbeitsende warten ließ, bis mir dann ein anderer Kollege endlich sowohl meinen Pass, als auch die Aufenthaltsgenehmigung in die Hand drückte. Sehr erleichtert verließen wir dann das Gebäude.

Diese Erfahrung hat mich jedoch im Nachhinein nur in meiner Arbeit hier bestärkt, denn Indien ist kein Land mit einer Monokultur. Durch jede Religion und Herkunft der Menschen entsteht hier eine beeindruckende Mischung aus Kulturen, die dieses Land auch ausmachen. Mit meinem Dienst hier, möchte ich das nicht nur den Menschen hier, sondern auch euch, und vielen anderen vermitteln. Genau deswegen ist dieses Freiwilligen Jahr nicht nur für mich, sondern auch für viele von großer Bedeutung und ich bin sehr froh, diese Möglichkeit nutzen zu können.

Das war jetzt ein sehr langer Beitrag. Chapeau an alle die es bis hier hin geschafft haben und ich bedanke mich herzlichst fürs Lesen. Bis zum nächsten Beitrag!

English version: 

One and a half months I am here already. It surprises me every day how time flies. Almost one fifth of my stay in India is over and I am feeling some kind of sadness already. However, there is still lots of time for new experiences and challenges.
The first part of this blog entry will be about my last weekend which I didn’t spend in my working place but in another twin city, called Hubli-Dharwad which is located in the state of Karnataka. The distance from Hyderabad-Secunderabad to Dharwar is about 500 km which is about 16 hours train journey for me, although it seems like a very short distance on the map of India which only shows that India has just other dimensions than Germany. The train runs mostly overnight, that’s why my fist train journey by myself without any accompaniment started on Friday night. This seems already like a challenge by itself, but there were more to come. Finding the right train station and train, not even talking about the right wagon was very complicated. So that I was very happy to when I finally reached my destination although the train was 2 hours delayed and without the help of the other passengers I wouldn’t even have known when to get out because there are no announcements in the trains. The only noise you can hear is either coming from the train itself or the people trying to sell you Chai, Coffee or any Indian meal you can imagine. The reason of my travel was a meeting of the CSI Youth fellowship of the state Karnataka. The 24 hours we (the other volunteers and myself) spent there where sadly not of much value because most of the talks were in the local language Kannada which we are not able to understand. Despite of that we were still very happy to see each other and exchange our experiences of the last few weeks. During this program we were also asked to give a little presentation about our project and the challenges we faced already before we all returned to our respective places. (this time we almost all travelled with the same train which severely increased my feeling of security.) This talk inspired me to write this blog post about the challenges I overcame in the first few weeks of my stay.
The first one happened during the first week in my respective place in Hyderabad. There were three break-ins during that time which sadly were not money or goods motivated but only to spread a feeling of insecurity and dread. After the first break-in there were already security cameras installed. However, the mischief maker turned them all around during his second break-in. And at the third one he succeeded in entering into a girls’ room. Gladly they noticed and drove him away with their screaming. This of course set us all into great feelings of sorrow and upset. Because of that they immediately increased the security and even began to build a solar fencing all around the compound.
The second challenge I needed to surmount took place in the FRRO (Foreigner Regional Registration Office) where I needed to get a residential permit after my registration at the police station. This included first of all al lot of computer work and document scanning and two visits to the office before all the documents were complete and correct. This just took a lot of time but was not a big deal. The real challenge was the third visit. After the lunch break the supervisor of the employee we talked to before got notice of my case. He was not very pleased with my request. In the following I am going to shortly explain what he told me and my warden in-charge. First of all, he was of the opinion that India does not need any help provided by a foreigner. He did not want to understand why I came here and certainly not with a Christian organization. He declared me as a missionary and was even more upset that I therefore did not have a missionary visa but an employment visa. Which obviously is because I am not a missionary, in case you needed clarification. I then tried to explain to him that I am mostly here for intercultural exchange and learning however he told me that India is a country of Hinduism and I couldn’t learn anything of the Indian culture if I came here with a Christian organization. In the end he bumped me out of his office and we waited there till the closing hours.
Shortly before the office closed another employee kindly gave me my passport and the residential permit and we very gladly left the building.

In retrospect, this experience however just encouraged me in my work here, because India is not a country with a single culture. Due to all the religions and different people, this country developed a great mixture of cultures which is very unique to this country. With my work here I am very happy to have the opportunity to show not only people like this supervisor in India, but also you and people all over the world how important intercultural exchange is.

This was a very long entry. Kudos to everyone that managed to read till the end. Until next time!

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Wir Freiwillige (Foto: EMS/Rothermundt)
Wir Freiwillige
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Kirche in Dharwad (Foto: EMS/Rothermundt)
Kirche in Dharwad