Weltweit erlebt
14 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)
Im Dazwischen
Die letzten drei Monate meiner Ghana-Zeit hatte ich ausschließlich in Kumasi im Ramseyer verbracht. Ich hatte nicht wirklich das Bedürfnis, wo anders zu sein, so blieb ich die ganze Zeit dort. Der Abschied von Kumasi war ein bisschen holprig, nicht wie im Film mit einem Happy End. Der Tag, an dem ich mich ein letztes Mal in den Bus von Kumasi nach Accra setze, dieses Mal mit meinem ganzen Hab und Gut, war einer der traurigsten und doch schönsten Tage meiner Zeit in Ghana. Abschiede sind wohl nie wirklich fröhlich, und von manchen mir wichtig gewordenen Menschen konnte ich mich leider nicht gebührend verabschieden, was mich noch trauriger machte, als ich im Bus nach Accra saß.
Angekommen in Ghanas Hauptstadt wurde ich jedoch lieb von Rev. Nii Ama Ashitey im Presbyterian Head Office empfangen. Er machte es sogar möglich, dass ich in einem Presby- Guesthouse kostenlos übernachten konnte. Angekommen in meiner Übernachtungsunterkunft rief ich meine Gastfamilie und eine befreundete Familie an- und merkte, dass ich ihnen auch irgendwie wichtig geworden bin und ich ihnen fehlen werde- so wie sie mir auch fehlen!
Später kam Rev. Ashitteys Sohn vorbei, um mit mir gemeinsam essen zu gehen. Wir gingen zu einem Straßenstand und kauften uns Kenkey (eine Art Knödel aus fermentiertem Maisbrei) mit Pepper (Scharfe Soße) und Fisch. Ich war überrascht, wie anders das Kenkey in Accra schmeckte, da ich nur das in Kumasi gewohnt war. Da ich so lange in der Ashanti-Region war, habe ich mich ganz darauf eingestellt, wie die Dinge dort sind. Ich kannte mich in meiner Region in Kumasi aus, sprach und verstand immer mehr Twi, wusste auch einiges über die Kultur und hatte meine vertrauten Menschen dort!
Accra, das mehr von der Ga Kultur geprägt ist, kam mir dann natürlich ganz anders vor. Und so beendete ich den Abend mit dem guten Gefühl, Kumasi als eine Art Heimat in Ghana gefunden zu haben. Auch wenn die Zeit dort nun vorbei war.
An meinem letzten Tag in Ghana genoss ich noch einmal Fufu (ist auch eine Spezialität von den Ashantis) und ging auf den Markt Accras, um noch ein paar letzte Besorgungen zu machen. Mit einer Stoffverkäuferin und ihrer Tochter redete ich sehr lang, teils auf Twi, teils auf Englisch. Es war sehr schön, sie mit meinen Twi-Kenntnissen zu überraschen. Ich kannte mich auch gut aus mit den Preisen, und stellte fest, dass mich kaum jemand über den Tisch ziehen wollte. Es ist ein bisschen schade, wie viel Misstrauen ich anfangs ghanaischen Verkäufern gegenüber hatte, weil ich dachte, sie versuchen, einen Vorteil für sich aus meinem Unwissen und Fremdsein zu ziehen. Mit schönen Erinnerungen ging mein letzter Tag in Ghana zu Ende, auch wenn es insgesamt in dem Jahr für mich auch öfter nicht gerade leicht war.
Was ich hier, zurück in Deutschland, vermisse, ist die Offenheit und Freundlichkeit der Menschen. Die abgewandten Blicke und leeren Straßen machen mich in einem so wohlhabenden Land einsam, lassen keine Nähe zu. Natürlich gibt es hier auch offene Menschen, doch hier ist es nicht normal, einen Fremden zu grüßen und ihn zu fragen, wie es ihm geht. In Ghana ist das ganz normal, hier wird man misstrauisch über so viel Interesse. Auch ich habe mich wieder einigermaßen ans deutsche Leben angepasst, vergesse Stück für Stück manche Twi-Wörte, bin wieder mit ganz anderen Menschen und Problemen konfrontiert. Ich hätte nicht gedacht, dass es so seltsam und schwierig sein würde, wieder in der alten Heimat anzukommen.
In einem Jahr habe ich mich so an eine andere Gesellschaft gewöhnt und ihre Regeln und Normen, andere Definitionen von "gut" und "böse" kennengelernt und eine andere Mentalität. In Ghana konnte ich mir das Leben in Deutschland irgendwie gar nicht mehr vorstellen. Und bei der Rückkehr hierher war mir doch alles wieder so vertraut und so normal, dass ich total verwirrt und hilflos der Veränderung gegenüberstand. Manche Dinge habe ich von Ghana positiv in Erinnerung, andere eher weniger. Aufzufallen und viel Aufmerksamkeit zu bekommen aufgrund meiner Hautfarbe war mir manchmal zum Beispiel etwas schwierig, und auch von fremden Männern nach meiner Handynummer gefragt zu werden oder an einem Gespräch nicht teilnehmen zu können, weil ausschließlich Twi gesprochen wurde. Manche Dinge, wie die Offenheit, Toleranz und Akzeptanz vieler Menschen, die Gelassenheit im Hinblick auf die Zeit und die Musik vermisse ich auf jeden Fall. Manche Dinge, wie zum Beispiel vor dem Essen für das Essen danken, was in Ghana selbstverständlich geworden ist für mich, habe ich mir hier leider viel zu schnell wieder abgewöhnt.
Doch ich versuche, auch Teile der ghanaischen Kultur für mich aktiv hier weiterbestehen zu lassen. Versucht es einmal selbst, grüßt, wem ihr auch begegnet und wartet auf die Reaktion eures "Hallo" 's! Vielleicht reagiert der Andere gar nicht, vielleicht bekommt man aber auch ein Lächeln geschenkt. Und ein Lächeln macht ein Gesicht immer schöner und strahlender, egal, in welcher Nation.
Liebe Grüße, Hanna Obaa Yaa