Weltweit erlebt
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10 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

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v.l. Prince, Melina, Elsi, Eli, Tim, Bruno, Charly, Julia, Serbo, Ich und Flo. Fabienne war leider nicht ganz oben. (Foto: EMS/Vincon)
24. April 2017

Mount Cameroon

Milena

Milena

Kamerun
unterstützt ein Jugendzentrum und Kindergarten
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Abenteuer Mountain

Ich hatte schon Monate vor meiner Ausreise mit meinem Freund, Flo, ausgemacht, dass wenn er mich in Kamerun besucht, wir auf jeden Fall zusammen den Mount Cameroon besteigen möchten. Mount Cameroon ist ein 4095m hoher, aktiver Vulkan und somit der höchste Berg in Westafrika. Er wird auch Mount Fako (=Gipfel in Bakweri) genannt. Er steht in der Südwest-Region Kameruns, nahe dem Meer. Besteigen kann man ihn von der Stadt Buea aus, die auf 1100 m Höhe liegt. Die meisten Touristen entscheiden sich für eine 3- oder 4-Tages Tour um den Gipfel zu erklimmen. Zwar gibt es auch Zweitagestouren, diese sind jedoch nur für Supersportliche zu empfehlen. Mit ausreichend Training geht die Besteigung auch deutlich schneller, so findet jedes Jahr das "Mount Cameroon Race of Hope" statt, eines der härtesten Rennen der Welt. Die Teilnehmer rennen! den Berg in unglaublicher Geschwindigkeit hoch und anschließend wieder herunter. Der Rekord liegt bei ca. 3h und 48 min (andere Quellen reden von 4h 20min), aufgestellt von einem Kameruner. Erstaunlich wenn man bedenkt, dass die Distanz 38 km beträgt und auf dem hin- und Rückweg jeweils 3500 Höhenmeter geschafft werden müssen. Zudem ist die Strecke nicht gerade eben und man hat selten einen trittfesten Grund.

Zu unserem Glück planten genau zum Beginn von Flos Besuch, ein paar andere Freiwillige eine Dreitagestour, bei der wir uns anschließen konnten, was für uns deutlich weniger organisatorischen Aufwand bedeutete und auch den Vorteil hatte, dass die Besteigung, aufgrund der Gruppengröße, billiger wurde. Wir haben für die drei Tage ca 150 Euro pro Kopf bezahlt, jedoch war im Preis alles enthalten was man (abgesehen von warmer Kleidung und festem Schuhwerk) braucht, die beiden Guides, die Träger, Vollverpflegung mit warmen Abendessen, ausreichend Trinkwasser, Zelt (für jeweils zwei Personen), Isomatte und Schlafsack. Zu meinem Pech waren die Wanderschuhe, die ich für die Tour anziehen wollte in Flos Koffer, der leider noch ein paar Tage länger in Brüssel geblieben ist, weshalb ich mich mit meinen normalen Halbschuhen auf den Berg wagen musste, die nicht dafür gedacht waren, mit ihnen den höchsten Berg zu besteigen, den ich finden konnte. Dass die Bergbesteigung kein Spaziergang werden würde, war mir auch im Voraus bewusst und der Gedanke, dass diese anstrengende Tour direkt bevorsteht, machte mir etwas Angst. Da half es nicht unbedingt, dass ich normalerweise nicht gerne wandere und die kompletten zwei Monate zuvor keinen Sport gemacht habe. Nicht die besten Voraussetzungen für ein derartiges Vorhaben.

Tag 1:
Wir hatten bei der ganzen dreitägigen Tour bestes Wetter, im Gegensatz zu der Gruppe von Freiwilligen, die zwei Tage vor uns starteten, von denen wir einen Teil schon am Abend vor unserer Tour sahen, mit seeeehr aufmunternden Horrorgeschichten im Gepäck. Der letzte Teil der Gruppe kam uns am frühen Nachmittag entgegen. Da es bei ihnen so gestürmt hat, mussten sie den zweiten Tag aussetzen und sind an Tag drei von Hütte zwei zum Gipfel und den ganzen Weg nach unten. Zu zwölft machten wir uns am Rande des Urwaldes auf den Weg, 10 Deutsche, darunter 8 Freiwillige (unter anderem Julia und zwei andere Freiwillige aus Kumbo), 2 Gäste und die beiden kamerunischen Guides, Prince und Bruno. Die Träger gingen erst deutlich später los, überholten uns aber mit Leichtigkeit. Das Motto des ersten Tages lautete "slow and steady" (langsam und beständig) und das Tempo war sehr angenehm. Die Gruppe spaltete sich immer wieder in einzelne Grüppchen auf, je nach Lauftempo, und setzte sich nach einiger Zeit wieder zusammen. Das Tagesziel war das Erreichen von "hut 2", auf ca 2800m Höhe, möglichst vor Einbruch der Dunkelheit. Für den ersten Tag werden circa sieben bis acht Stunden Laufzeit eingeplant.Zuerst ging es ein paar Stunden durch einen wunderschönen Regenwald, danach wurde es deutlich steiler und man kämpft sich den Weg zwischen erstarrter Lava und saftig grünen Grasbüscheln hoch (ein nebenbei bemerkt toller Anblick). Der Aufstieg direkt vor Hut 2 war am steilsten und verdammt anstrengend, weshalb wir alle sehr froh waren, dass wir- kurz vor Anbruch der Dunkelheit- an unserem Ziel ankamen. Zuerst wurden wir sehr lecker von einem der Porter bekocht, bevor wir uns erschöpft in unsere Zelte zurückgezogen haben. Die Nacht war für alle nicht gerade erholsam, da es ziemlich kalt und windig war.

Tag 2:
Der anstrengendste und längste Tag, aber auch der Tag an dem wir den Gipfel erklommen haben und zu meinem Leidwesen auch der Tag an dem die Guides uns Feuer unter dem Hintern gemacht haben. Vergessen war das Motto "slow and steady", jetzt hieß es "faster" und "come on". Zuerst ging es ähnlich steil wie am Vorabend weiter, doch nach einer Weile hatten wir teils auch Ebene mit schwarzem Lavasand vor uns. Kurz vor dem eigentlichen Gipfel haben wir noch einen gigantischen Vulkankrater besichtigt. In Gipfelnähe ist es eben, mit mehreren "Hügeln", einer davon der Gipfel selbst (obwohl ich mit bloßem Auge nicht hätte erkennen können, um welchen es sich genau handelt). Als wir den Gipfel erreichten, bei strahlendem Sonnenschein und kaum Wind (was recht ungewöhnlich ist), waren wir alle unglaublich froh und erleichtert und haben ewig lange Fotos geschossen, was unsere Guides auf die Palme gebracht hat. Da wir morgens nicht so früh wie geplant loskamen, mussten wir uns anschließend ziemlich beeilen, weshalb wir den Gipfel (getankt mit dringend benötigter, neuer Energie), regelrecht runtergerannt sind. Es gab nach dem Gipfel sandige Wege, in denen man gut rennen konnte, wo es auch nichts machte hinzufallen (ja ich hab es ausprobiert). Der größte Nachteil war, dass bei jeder kurzen Pause, meine Schuhe so voller Vulkansand waren, dass ich sie kaum aufbekommen habe. Nach einiger Zeit sind wir an einem Teil angelangt, wo man seinen Weg über Felsenbrocken finden musste, zu meinem Leidwesen, hat mich einer der Guides in einem unangenehm schnellen Tempo darüber hinweggejagt, wovon ich, dank meiner nicht geeigneten Halbschuhe ziemliche Blasen an der Sohle davongetragen habe. Aus diesem Grund waren für mich die letzten drei Stunden dieses Tages eine regelrechte Tortur, denn obwohl der Weg zum Laufen recht angenehm war, tat mir jeder Schritt weh und da wir Manns Spring (unser zweites Camp) unbedingt vor Anbruch der Dunkelheit erreichen sollten, war es einfach viel zu schnell. Als wir nach einer Ewigkeit endlich Manns Spring erreicht haben (sogar noch rechtzeitig), wollte ich keinen einzigen Schritt mehr gehen.

Tag 3:
Zunächst ging es eine Stunde im gemütlichen Tempo durch eine Savannengegend, bevor wir die Regenwaldgrenze erreichten. Dort spaltete sich die Gruppe in zwei Teile auf, einen extrem langsamen Teil (eine der Teilnehmerinnen hatte eine starke Sehbehinderung und Schwierigkeiten, einen guten Tritt zu finden, weshalb sie leider nicht mit zum Gipfel kam, sondern mit den Trägern mit ist) und einen schnelleren Teil. Trotz meiner Schmerzen versuchte ich, mich an die schnellere Gruppe anzuhängen und bin zwei, drei Stunden in einem Affentempo über den unebenen, von Wurzeln übersäten Waldboden gestolpert, was mich jedoch an meine äußerste Belastungsgrenze brachte, weshalb ich vor Schmerzen weinte, als ich den Rest der Gruppe endlich einholte. Daraufhin habe ich mit Flo und einem der Guides, Bruno, eine eigene Gruppe in meinem Tempo aufgemacht, was deutlich besser funktionierte. Obwohl jeder Schritt entweder verdammt oder höllisch wehtat, je nachdem wie vorsichtig ich aufgetreten bin und wie der Untergrund war, versuchte ich, mit so wenig Pausen wie möglich auszukommen, da das Auftreten danach nur noch mehr schmerzte. Gegen Ende sind wir einfach nur zwei Stunden ohne Pause vor uns her getrottet, bis wir endlich in der Zivilisation ankamen. Was ich zusätzlich noch anstrengend fand, war das es am letzten Tag fast nur durch den Wald ging und man so das Gefühl hatte, man müsste bis zur Ewigkeit weiterlaufen. Endlich hatten wir es geschafft. Die langsame Gruppe kam fast direkt nach uns an, da Prince -der andere Guide- die Teilnehmerin mit der Sehbehinderung über zwei km auf dem Rücken trug, über den unebenen Waldboden, zusätzlich zu seinen 30 kg Gepäck! Als wir zurück bei den Freiwilligen, bei denen wir übernachtet haben, waren, konnte ich meine Füße in Augenschein nehmen und habe ganze 11 Blasen gezählt! Die größten beiden an der Sohle des rechten Fußes, eine mit gut fünf cm Durchmesser, weshalb ich auch eine Woche später noch nicht richtig auftreten konnte.

Fazit: Auch für Leute, die sich für unsportlich halten und wandern eigentlich nicht mögen und zudem keine Erfahrung darin haben, ist diese Tour ein Erlebnis, das durchaus machbar und zu empfehlen ist, man sollte es aber auf jeden Fall wirklich wollen und darauf achten, passendes Schuhwerk dabei zu haben. Die Landschaft auf dem Berg ist unglaublich schön und etwas, was ich so noch nie gesehen habe. Es hat sich für mich also trotz gewisser Unannehmlichkeiten durchaus gelohnt und ich bin froh (und ein bisschen überrascht), dass ich es geschafft habe, ich würde es nur nie wieder machen wollen. Für alle die es sich überlegen, macht es!

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über den Wolken (Foto: EMS/Vincon)
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Mit frischer Motivation sind wir den Gipfel runtergerannt (Foto: EMS/Vincon)