Weltweit erlebt
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14 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

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Ein Abschiedsbild mit unserer Jugendgruppe CYF (Foto: EMS/Knapmeyer)
Ein Abschiedsbild mit unserer Jugendgruppe CYF (Foto: EMS/Knapmeyer)
23. Dezember 2017

#3 Beeri ven!

Annika

Annika

Kamerun
arbeitet im Presbyterian Youth Centre mit
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Was ich noch loswerden möchte

Vielleicht habt ihr es schon mitbekommen: Ich befinde mich wieder bei meiner Familie in Deutschland. Wenn ich Bekannte auf der Straße treffe, erkläre ich, dass ich weder für Weihnachten nach Hause komme, noch von selbst abgebrochen habe. Nein, der Grund ist ein anderer: Wir drei Freiwilligen aus der anglophonen Region in Kamerun wurden aufgrund der politischen Situation abgezogen. Für den 1. Januar werden weitere Unruhen erwartet und da es keine alternativen Einsatzstellen für uns im frankophonen Teil Kameruns gibt, ging es für uns am 12. Dezember zurück ins kalte Deutschland.

Der Schock, die Trauer und die Wut waren für mich groß, als wir am 1. Dezember die schlimme Nachricht bekamen. Denn gerade lief alles so, wie es sein sollte: Ich hatte endlich eine Beschäftigung in einer Schule gefunden. Wir Freiwilligen hatten Pläne für Weihnachten und Silvester, das wir gerne am Strand verbringen wollten. Ich hatte mich gefreut mehr Zeit mit meinen neuen Freund*innen zu verbringen. Und diese mit dem politischen Problem allein zu lassen kam mir ungerecht vor.

Innerhalb von zehn Tagen haben wir unsere Zelte in Kumbo abgebaut. So sind wir beispielsweise auf den Markt gerannt, um Stoff für uns und unsere Familien zu kaufen und haben diese noch zu etlichen Schneiderinnen gebracht. Die Reaktion auf die Nachricht von Seiten der Menschen in Kumbo war meistens verständnisvoll. So habe ich zum Beispiel „Safety comes before happiness“ gehört. Und was mich natürlich sehr gefreut hat: „We are waiting for you“ oder „You are already in our hearts“. Diese Reaktionen haben mich mit einem bestärkten Gefühl gehen lassen.

Und so ging es nach turbulenten zwölf Tagen nach Hause (von denen ich meine letzte Nacht in Kumbo im Krankenhaus verbracht habe, weil ich auf der Abschiedsfeier etwas Falsches gegessen habe).

Jetzt möchte ich vor allem „Beeri ven“ sagen. Das ist Lamnso, die Sprache des Nso- Volks und bedeutet „Danke euch“. Die nachfolgenden Personen haben die letzten drei Monate zu einer besonderen und wunderschönen Zeit gemacht. Sie haben mir den Abschied ganz schön schwer gemacht und das heißt doch etwas, nicht wahr? Denn Menschen müssen jemandem ans Herz gewachsen sein, wenn sie einem den Abschied schwer machen, oder? Vielleicht ist es für euch ganz interessant zu erfahren, wer die letzten drei Monate Teil meines Umfelds war.

Danke an die Pfarrersfamilie. Reverend Nganji und seine Frau, unsere „Mami“, haben uns wie ihre eigenen Kinder angesehen und sich sehr um unser Wohl gesorgt. Hatten wir ein Problem oder eine Bitte, so wurden wir angehört und es wurde sofort nach einer Lösung gesucht. In ihrem Haus waren wir immer willkommen. Reverend Nganji hat uns  auf zwei seiner Reisen in die Region mitgenommen, zum einen in seine Heimatstadt Nkambe und nach Mbiame. Obwohl Lisann und ich nie genau wussten, was uns erwarten würde, waren diese Tagesreisen lehrreich, spannend und voller „Wow-Momente“. So kamen wir einmal mit einem Hahn und einer Henne, die wir als Gastgeschenk geschenkt bekommen haben, nach Hause.

Danke an Cynthia und Emeline, unsere Schwestern. Jeden Morgen wurden wir mit „Good morning, how are you?“ begrüßt. Sie haben mich an ihrem Leben teilhaben lassen, indem sie mir gezeigt haben, wie sie kochen, waschen und wie man ein Huhn schlachtet. Sie haben uns leckeres Essen vorbeigebracht. Mit ihnen war es selten langweilig. Liebe Emeline, ich werde nie wieder mit Flipflops zur Jugendgruppe gehen, versprochen! ;)

Danke an meine Freund*innen:

Danke an Comfort für ihr strahlendes Lächeln, ihren Optimismus und ihre herzliche Art. Ganz zum Schluss hat sie mir noch die typischen Stickereien der Region beigebracht.

Danke an Brilliant, der mir tanzen auf kamerunische Art beigebracht hat. Sein ruhiges „It’s ok“ hat mich immer aufgemuntert, wenn es mal mit der Arbeit nicht so gut lief.

Danke an Nestine, die mich immer mit „Sister Aaaannikaaaa!“ begrüßt hat. Von ihr habe ich gelernt, wie man Reis mit Bohnen kocht, mein Lieblingsgericht in Kamerun.

Danke an meine Jugendgruppe CYF und die ganze Gemeinde, die mich wie ein vollwertiges Mitglied in ihre Mitte aufgenommen haben. Die mir die Chance gegeben haben unterschiedliche Leute kennenzulernen. Die mich dazu gebracht haben meinen und ihren Glauben zu hinterfragen. Und danke an CYF, die mich am letzten Tag alle im Krankenhaus besuchen kamen.

Danke an Victor, den Präsidenten von CYF. Er hat mich einen Sonntag mit in sein Dorf genommen, wo ich nochmal eine andere Lebensweise kennenlernen durfte und zum ersten Mal Palmwein getrunken habe.

Danke an Dr. Nini. Diese sympathische junge Ä´rztin hat sich um uns gesorgt, wie um ihre eigenen Schwestern und ich konnte ihr immer schreiben, wenn es mir körperlich nicht so gut ging.

Danke an Christabel, unsere zukünftige Süd-Nordfreiwillige, die wir auf ihre Zeit in Deutschland vorbereitet haben. Aber nicht nur sie hat von uns gelernt, sie hat uns viel von ihrer Kultur mit auf den Weg gegeben.

Danke an Edwin. Nicht nur für seine Pizza in seinem Restaurant, sondern auch für seinen Ratschlag für alles offen zu bleiben, den Menschen von Kamerun zu erzählen und so die Welt zu vernetzen.

Danke an meine Mitfreiwillige Lisann. Mit ihr bin ich durch Höhen und Tiefen gegangen. Und niemand versteht meine Erlebnisse in Kumbo besser als sie, denn wir haben die Reise zusammen gemacht.

Danke an alle anderen deutschen Freiwilligen in Kumbo. Sie haben mir geholfen, Kumbo mit anderen Augen wahrzunehmen und ganz neue Plätze zu erkunden.

Danke an Basil und Henry, die ich schon aus Deutschland kannte und die mir ein Gefühl von Heimat vermitteln konnten.

Danke an alle Menschen, die uns mit „You are welcome“ begrüßt haben, an die liebe Backwarenverkäuferin, an die „Avocadofrau“, „Tomatenfrau“ und die „Bananenfrau“ (so haben wir die Verkäuferinnen genannt).

Und ganz zum Schluss möchte ich noch meinem Gemeindepfarrer Eberhard Deusch danken, der mich schon in Deutschland für Kamerun begeistern konnte und gut vorbereitet hat.

Für mich ist es allerdings auch wichtig, die letzten drei Monate nicht nur durch die rosarote Brille zu sehen. Es gab die eine oder andere Schwierigkeit. Zum Beispiel waren die ersten zwei Wochen für mich überhaupt nicht leicht. Zum einen war ich krank, wir durften politisch bedingt von montags bis mittwochs nicht auf die Straße, wir hatten keine Arbeit und dazu kam noch ein Kulturschock und Heimweh. Ein Tag auf dem Markt zusammen mit Lisann und zwei deutschen Freiwilligen hat mich glücklich gemacht und so bin ich es auch bis auf ein paar Ausnahmen geblieben. Letzten Endes bin ich mit dem Gefühl gegangen, dass ich die letzten drei Monate so gut genutzt habe, wie es nur ging.

Tschüss und bis bald Kumbo, hallo Amman! Unsere Reise ist noch nicht vorbei. Für David, Lisann und mich geht es am 8. Januar in die jordanische Hauptstadt. Dort werden wir an der Theodor-Schneller-Schule arbeiten. Wir wissen noch nicht, wo genau wir unsere Jordanienerfahrungen hochladen werden, vielleicht findet ihr uns dann bald unter der Jordanienspalte zusätzlich. Ich bin dankbar über diese riesige Chance noch ein anderes Land kennenzulernen und Arabisch zu lernen.

Es werden zu meiner Zeit in Kamerun noch Beiträge folgen, die ich schon in Kumbo geschrieben habe, aber noch nicht geschafft habe hochzuladen. Schaut auch gerne bei den anderen Freiwilligen in Kamerun vorbei für mehr Berichte!

Und jetzt hoffe ich, dass ihr schöne Feiertage verbracht habt!

Liebe Grüße von Annika

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Mit dem Partnerschaftskomitee (Foto: EMS/Knapmeyer)
Mit dem Partnerschaftskomitee (Foto: EMS/Knapmeyer)
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Mit unserer "Mami" (Foto: EMS/Knapmeyer)
Mit unserer "Mami" (Foto: EMS/Knapmeyer)