Für alle Interessierten :)
Das Wichtigste für die Jungs im Internat ist wohl die Pause von 1-2 Stunden, in der wir nach draußen gehen. Die mit Abstand beliebteste Aktivität ist das Fußballspielen, das fast immer stattfindet und wichtige Möglichkeit war, um Energie abzubauen und sich auszupowern.
Das Spiel startete mit der Bildung der Teams, was bis zu 20 Minuten dauern konnte und bereits mit hitzigen Debatten ausdiskutiert wurde. Danach heißt es: ein Spiel, zwei Teams, zwei Tore für den Rest der Pause. Dabei erleben die Jungs ein breites Spektrum an Emotionen, von unbändiger Freude bis hin zu schmerzhafter Trauer und Wut, meistens abhängig vom Spielstand. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Kinder weinen, aufeinander losgehen oder sich einfach über schöne Tore freuen. Wie gesagt emotional ist hier alles dabei.
Da ich selbst Fußballer bin und jedes Mal mitspielte gewöhnte ich mich schnell an die Achterbahn der Emotionen der Kinder. Dennoch wollte ich unbedingt die Taktik und das Spiel meiner Jungs verbessern. Meistens war deren Strategie nämlich: Einer schnappt sich den Ball und versucht, alleine durchzurennen. „Tikitaka“ und Sätze wie „Ohne Passen keine Tore“ wurden zu meinen Standart-Sätzen, die ich den Kindern immer wieder eintrichterte.
Nach mehreren Monaten ständigen Erklärens und Übens wurde es tatsächlich besser. Die Kinder hörten auf, nach einem Pass stehen zu bleiben, boten sich immer wieder an und blieben in Bewegung. Besonders das einfache Durchrennen mit dem Ball wurde seltener, und das gesamte Spiel wurde besser und spaßiger für die Kinder.
Natürlich hing vieles von der Tagesform und den Launen der Kinder ab, und es gab immer noch Tage, an denen es gar nicht lief. Doch die grundsätzliche Idee vom Passspiel und Teamgeist wurde erkannt und meistens umgesetzt. An guten Tagen, wenn die Kinder motiviert und gut gelaunt waren, war ich wirklich stolz, zu sehen, wie sie schöne Spielzüge kreierten. Ich bemerkte auch, dass die Kinder sich über ein schön kombiniertes Tor viel mehr freuten als über Einzelaktionen.
In meinen letzten zwei Wochen wollte ich das Highlight unserer Fußballreise umsetzen und ein schönes Turnier für die Jungs veranstalten. Damit uns die größeren Jungs der Schule nicht den Fußballplatz streitig machen, habe ich mit jedem Lehrer gesprochen und abgeklärt, dass ich das Feld reservieren möchte. Zudem habe ich vier weitere Jungs aus einer größeren Familie ausgeliehen, da wir nur zu sechst waren, aber ein Fünf-gegen-Fünf-Spiel gewünscht wurde. Dazu wurde eine Musikbox organisiert, Matrix (Cola) und Metallions für jeden gekauft, und die Vorbereitung war abgeschlossen. Ich selbst spielte nicht mit, da ich eine neutrale und organisatorische Rolle einnehmen wollte und deshalb als Schiedsrichter fungierte. Also besorgte ich mir eine Trillerpfeife und bastelte gelbe und rote Karten. Einem professionellen Spiel mit viel Spaß stand nun nichts mehr im Weg.
Man merkte den Kindern ihre Freude und Aufregung an. Mit dem Anpfiff ging die Partie los. Für die Kinder ging es um alles, und es wurde sich nichts geschenkt. Da ich ein aufmerksamer Schiedsrichter war, lief alles regelkonform ab. Sogar einige Karten wurden verteilt, was mir besonders Spaß machte ;)
Besonders knifflig waren jedoch die Momente, wenn ich ein vermeintliches Foul oder Handspiel nicht gesehen hatte, da gefühlt jede Minute etwas passierte. In diesen Momenten umringten mich die Kinder und wollten natürlich eine Entscheidung zu ihren Gunsten. Ms. Rand, die Schwester von Ms. Raghad (der Erzieherin der Jungsgruppe), hat jedoch alles mit der Kamera aufgenommen. In solchen Situationen machte ich das Zeichen für den Videoassistenten, und Ms. Rand spielte die Szene in der Wiederholung ab. Die Kinder umringten mich wieder und erwarteten meine Entscheidung: Pfiff, Arm auf den Elfmeterpunkt – die Entscheidung war gefallen, Elfmeter. In diesen Momenten war das Spiel kaum an Professionalität zu überbieten, und ich war wirklich glücklich über den schönen Verlauf.
Mit dem Abpfiff war natürlich nur ein Team glücklich und das andere wütend und traurig – so ist der Fußball. Aber da ich für jeden eine Medaille organisiert hatte, weinte keines der Kinder, und ich hatte das Gefühl, dass alle mit dem Ausgang zufrieden waren. Die Kinder freuten sich und wollten sofort wissen, wann das nächste Turnier stattfinden würde. Ich war ebenfalls glücklich, da alles gut lief, wir eine gute Zeit hatten und ich ab und zu einen Spielzug gesehen hatte, den wir so trainiert hatten :)
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