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10 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

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Gemeinsames Lernen in der Pause (Foto: EMS/Kollert)
Gemeinsames Lernen in der Pause (Foto: EMS/Kollert)
15. Oktober 2018

Ein Tag an der Theodor-Schneller-Schule

Lisa

Lisa

Jordanien
arbeitet in der Theodor-Schneller-Schule mit
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Liebe Leserinnen und Leser!

Mittlerweile bin ich etwa sechs Wochen in Jordanien. Gemeinsam mit meinen beiden Mitfreiwilligen Felix und Lisa Luka lebe ich in einer WG direkt in der Theodor-Schneller-Schule (TSS). Das Gelände ist unglaublich groß und wie eine Oase neben den ansonsten eher lauten Straßen drumherum. An der TSS gibt es sehr viele verschiedene Angebote, die ich noch nicht alle wirklich kenne, da ich bisher vor allem im Internat und der Schule unterwegs war. Meine Aufgaben werden mit der Zeit auch immer klarer und so stellt sich etwas wie ein Alltag in mein Leben hier ein. Im folgenden Blogpost soll es daher vor allem um meinen Tagesablauf hier gehen.

Unsere Vormittage gestalten sich unter der Woche recht unterschiedlich. Zweimal besuchen wir einen Sprachkurs im Zentrum von Amman. An den anderen Vormittagen verändert sich unser Ablauf gerade. Seit einer Woche bin ich nun noch dreimal vormittags für wenige Stunden in der Schule im Deutschunterricht dabei.

Wenn wir vormittags unseren Sprachkurs haben, stehe ich gegen 6 auf, da die Fahrt mit dem Bus oft lange dauert und wir früh losfahren. Seit ich hier bin, bin ich auch zu einer richtigen Frühaufsteherin geworden. Die Hitze nimmt über den Tag nämlich meistens schnell zu, da genieße ich die Morgen an denen es noch kühl ist, und stehe dafür auch gerne früher auf.
Bevor wir losfahren, frühstücken wir meistens in der Küche. Unser Frühstück besteht, je nach dem was wir so eingekauft haben, aus Rührei, Fladenbrot, Hummus und Käse. Das Schönste dabei ist, dass wir hier sehr viel frisches Obst und Gemüse einkaufen und so morgens gerne auch einige Pfirsiche und Bananen essen.

Um mit dem Bus fahren zu können, hebt man die Hand wenn ein Bus vorbeifährt und gibt so dem Busfahrer ein Zeichen. Bevor wir einsteigen versichern wir uns oft nochmal ob wir auch in den richtigen Bus eingestiegen sind und fragen „Raghadan?“, was uns in der Regel mit „Raghadan!“ bestätigt wird. Rhagadan ist der Busbahnhof an dem wir in einen anderen Bus umsteigen.
Wir fahren je nach Verkehr zwischen zwanzig und vierzig Minuten bis zum Busbahnhof. Im morgendlichen Berufsverkehr kommt es nämlich nicht selten vor, dass wir mit unserem Bus zwanzig Minuten im stockenden Verkehr stehen.
In Raghadan steigen wir dann in einen Stadtbus um, der uns ins Zentrum fährt. Wenn wir dort gegenüber von der Husseiny Moschee aussteigen, müssen wir noch ungefähr eine halbe Stunde den Stadthügel Jebel Weibdeh hinaufgehen, auf dem unsere Sprachschule liegt. Oft sind wir bei unserer Ankunft dort noch recht erschöpft, was sich aber schnell legt, da wir uns meistens noch kurz im wunderschönen Garten der Sprachschule ausruhen können, bevor unser Unterricht anfängt.
Zurück läuft der Hinweg quasi rückwärts ab, mit der Ausnahme, dass wir meistens noch auf dem Markt neben dem Busbahnhof Raghadan einkaufen. Das macht immer sehr viel Spaß. Mittlerweile kennen uns die Besitzer der kleineren und größeren Stände und wir werden freundlich begrüßt.
Mit frischem Obst und Gemüse im Gepäck treten wir den letzten Teil unserer Rückfahrt an.

Zurück an der Schule habe ich dann noch eine Stunde Zeit bis meine Arbeit im Internat so gegen halb zwei beginnt.
Das Internat besteht hier aus sogenannten Families, in denen die Mädchen oder Jungen gemeinsam mit einer Erzieherin oder einem Erzieher leben. Die ErzieherInnen werden hier Educator genannt. Ich bin in der Family der jüngeren Mädchen und deren Educatorin Miss Maha.
Die Mädchen kommen nach der Schule, die direkt nebenan liegt, in die Family und dort essen wir erstmal alle gemeinsam zu Mittag. Das Essen wird jeden Tag frisch in der Küche zubereitet und ist immer sehr gut, auch wenn mir immer mal wieder ein bisschen Gemüse fehlt. Nach dem Mittagessen helfe ich den jüngeren Mädchen gemeinsam mit Miss Maha beim Duschen, das ist noch etwas kompliziert, da ich die Kinder nicht immer verstehe. Den größten Teil des Nachmittags verbringe ich dann damit, mit den Mädchen in Englisch und in Deutsch ihre Hausaufgaben zu machen. Auch das ist noch recht anstrengend, da sich der Unterricht an der Schule der TSS wohl etwas anders gestaltet als ich es gewöhnt bin: Die SchülerInnen lernen schon in der ersten Klasse Englisch und Deutsch, also bereits zwei Fremdsprachen. In Englisch müssen sie als Hausaufgabe meistens einen Text lesen. Da die Mädchen in der ersten und zweiten Klasse die lateinischen Buchstaben noch nicht so gut bis gar nicht können, können sie den Text natürlich noch nicht lesen. Daher soll dieser dann mit meiner Hilfe auswendig gelernt werden. Diese Art des Lernens ist mir noch sehr fremd und es widerstrebt mir auch, mit den Mädchen die Texte auswendig zu lernen, da sie häufig nur nachsprechen und gar nicht genau wissen, um was es dabei eigentlich geht. Ich versuche momentan noch mit meinem wenigen Arabisch, ihnen den Inhalt zu erklären, was durch die Sprachbarriere aber nicht so einfach ist.
Gegen fünf Uhr nachmittags sind die meisten Hausaufgaben geschafft und alle Kinder des Internats haben eine Stunde Pause. Die verbringen wir alle gemeinsam auf dem großen Spielplatz der TSS. Dieser hat unglaublich viele Schaukeln und genug Platz zum Rumtoben und Spielen. Seit die Mädchen mein Arabisch Vokabelheft einmal in meiner Tasche entdeckt haben, werden die Pausen meistens auch dazu genutzt, mir viele neue Wörter beizubringen, die ich dann in mein Heft schreiben soll, das danach immer von einem Mädchen kontrolliert wird.
Wenn mit dem Läuten einer Glocke, die Pause beendet wurde, gehen wir gemeinsam zurück in die Wohnung der Family. Dort werden noch schnell ein paar restliche Hausaufgaben erledigt, bevor es Abendessen gibt.

Durch Umbauarbeiten in einigen Wohnungen im Internat schlafen die Mädchen nachts gemeinsam mit den älteren Mädchen in einem Schlafsaal, in einer anderen Wohnung. Nach dem Abendessen müssen sich alle in der Wohnung bettgehfertig machen und Zähne putzen. Wir gehen dann gemeinsam einmal über den Hof (was für die Mädchen meistens sehr aufregend ist, da es bereits dunkel ist) zur family der Älteren. Dort geht es dann auch ganz schnell ins Bett. Ich darf allerdings erst gehen, wenn ich mindestens ein Gute-Nacht-Lied gesungen und jeder einen Gute-Nacht-Kuss gegeben habe.

Zurück in unserer Wohnung sitze ich oft noch gemeinsam mit Lisa Luka und Felix in der Küche, in der wir uns dann über unsere Arbeit austauschen und die Hausaufgaben für den Arabisch Unterricht machen. Gegen zehn oder halb elf, falle ich dann erschöpft ins Bett. Denn morgen ist ja schon der nächste Tag.

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Im Hinterhof unserer Sprachschule in Ammans Zentrum (Foto: EMS/Kollert)
Im Hinterhof unserer Sprachschule in Ammans Zentrum (Foto: EMS/Kollert)
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Aussicht über Amman auf dem Weg zur Sprachschule (Foto: EMS/Schnotz)
Aussicht über Amman auf dem Weg zur Sprachschule (Foto: EMS/Schnotz)