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14 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

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Kühe? Ja! In Umm Qais (Foto: EMS/Schnaittacher)
Kühe? Ja! In Umm Qais (Foto: EMS/Schnaittacher)
23. Juli 2023

Von Klima, Umwelt und Natur

Edgar

Edgar

Jordanien
Internat
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In Jordanien spielt das Wetter gerade verrückt. Amman hat um diese Zeit durchschnittlich 0,1 Regentage pro Monat. Diesen Juni gab es schon vier. Die Jordanier, die ich kenne, sind verwirrt. Miss Katrena, Erzieherin im Internat, bezeugt, ein solches Wetter nie erlebt zu haben. Beduinen in Wadi Rum machen sich Notizen über den merkwürdigen Niederschlag, der Sommer in der Wüste sei sonst vorhersehbarer. Ein halbes Dutzend Mal habe ich schon gehört, ein bestimmter Regentag sei der letzte Regentag bis zum Winter.

Der feuchte Frühling sagt natürlich wenig über langfristige klimatische Trends aus. Der Winter war wohl dieses Jahr trockener als sonst. Mehrmals wurde im Lehrerzimmer die Sorge ausgesprochen, ob es überhaupt einen grünen Frühling geben würde.

Das Wetter in Jordanien ist einer der prägnantesten Unterschiede zu Deutschland. Als wir Ende August in Jordanien ankamen, befand sich das Land in Mitten einer Hitzewelle. Die Temperaturen waren konstant höher, als ich es je in meinem Leben erlebt hatte. Ich freute mich über jede Wolke. Der erste Nieselregen ließ lang auf sich warten, als er im späten Herbst erschien, notierten wir dies sofort. Die Temperaturen fielen im Dezember dann auch unter 20 Grad, und sanken auch rapide in den einstelligen Bereich. Die Kälte in Jordanien, obwohl die Gradzahlen nicht so niedrig sind, ist eine andere als in Deutschland. Das eisige Wüstenklima durchdringt die Knochen.

Das stellt eine große Herausforderung dar, denn viele Häuser, auch unsere Bleibe an der TSS, sind schlecht isoliert. Statt mit Heizungen, hielt man sich bei uns mit gas- oder elektrisch betriebenen Heizkörpern warm. Der Winter glich, trotz seiner jährlichen Präsenz in Jordanien, einem Ausnahmezustand. Mehrfach gab es wegen Regen- oder Schneefall schulfrei. Zeit an der frischen Luft wurde, aufgrund der Kälte, eingeschränkt. Internatsgruppen wurden zusammengelegt, um weniger Heizen zu müssen. Ms. Katrena verbrachte viel Zeit unter der Decke, situiert neben einem Heizkörper, und trug, egal wo sie war, eine Bommelmütze.

Nicht nur die Schnellerschule, das ganze Land ging manchmal in verdutzender Weise mit dem Winter um. Wenn es stark regnete, was im Dezember und Januar keine Seltenheit ist, war eine enorme Menge an Straßen geflutet. Meine Wertschätzung europäischer Infrastruktur stieg immens. Mein Winter in Jordanien war jedoch auch sehr schön. Bewölkte Himmel erinnerten mich an Deutschland. Die Schneetage waren ein für mich tolles Ereignis, denn in Köln ist Schnee rar.

Auf den Winter folgt der Frühling, und in dem erstrahlt Jordanien in seiner ganzen Pracht. Für ein paar Monate im Jahr vergisst man die Wüste, ein grüner Teppich bedeckt weite Flächen.

Die Parks Ammans sind in dieser Zeit tatsächlich grün, ebenso die Schnellerschule. Die TSS umfasst ein riesiges Gelände, das nicht komplett bebaut, benutzt oder bewirtschaftet werden kann. Ein großer Teil des Grundstücks ist dann von hohem Gras und Blumen bedeckt. An Wochenenden, wenn Kinder und Lehrer nachhause gehen, trauen sich dann einige der dutzenden streunenden Hunde, die auf dem Schulgelände leben, aus ihren Verstecken. Die umherziehenden Rudel in der savannenartigen Umgebung geben eine ein wenig das Gefühl, man wäre auf Safari.

Der Frühling bietet eine tolle Möglichkeit, die vielen Naturreservate des Landes zu besuchen. Besonders toll sind die Feuchtgebiete in Azraq, in denen ich mehrmals war. Während sie das meiste Jahr über schon eine grüne Oase sind, vergrößert sich das Wasserreservoir während des Frühlings enorm. Zugvögel nutzen während dieser Zeit den Ort als Rastplatz. Zudem sind sie der einzige Ort in Jordanien, der einen Lebensraum für Wasserbüffel bietet. Diese sind mir zwar nicht begegnet, ihr Kot aber schon.

Ein anderes Naturschutzgebiet befindet sich in den Wäldern von Adschlun. Das im Norden des Königreichs gelegene Areal bleibt das ganze Jahr über grün. Es bietet einen wichtigen Rückzugsort für seltene Vögel und das in Jordanien sehr rare Rotwild. Durch die Wälder kann man wandern, oder man kann die neu errichtete Seilbahn „Telefreek“ nutzen, um die natürliche Schönheit des Gebietes von Oben zu betrachten - was mir bis jetzt verwehrt blieb.

Es gibt noch viele weitere Nationalparks und Reservate, die sowohl seltenen Tieren einen Lebensraum sichern, und sich hervorragend zum Wandern eignen, vor allem in den „Wadis“; großen, von Gebirgen umringten Flächen.

Dass sich Naturschutzprojekte in Jordanien lohnen, zeigt sich besonders gut im Schaumari-Wildtierreservat. Er beteiligt sich an vielen Konservierungsprojekten, unter anderem für die 1972 in der Wildnis ausgestorbene arabische Oryx-Antilope. Aus 11 Tieren, die 1978 in den Park kamen, wurden bis heute 200, was fast ein Viertel der wilden Arabischen Oryx weltweit darstellt.

Gerne präsentiert sich Jordanien auch als nahöstlicher Pionier erneuerbarer Energien. Da das Land, anders als fast jeder seiner Nachbarn, keine großen Erdölvorkommnisse hat, wird der Energiebedarf hauptsächlich durch Import gedeckt. Dass sich daran was ändern soll, wird im ersten Raum des Jordan-Museums, des größten Museums des Königreichs gezeigt. Neben Wasserkraftwerken bei Akaba und Windkraftanlagen bei Kerak fokussiert sich das Land vor allem auf Solarenergie. Das macht Sinn, denn Sonnenlicht ist eine der wenigen Ressourcen, die Jordanien zur Verfügung stehen.

So nett und schön all diese Mühen seien mögen, gibt es natürlich auch Probleme in Sachen Naturschutz. Vor allem der immensen Müllbelastung ist kaum zu entgehen. Hier hat die TSS selbst ein Problem. Obwohl ab und zu Müll entsorgt wird, entsteht auf dem Schulgelände immer wieder neuer. Besonders schlimm ist die Situation vor dem Tor der Schule, wo sich ein Plastik- und Scherbenhaufen vor einem erstreckt. Insgesamt scheinen ärmere Gebiete schlimmer betroffen zu seien. In Amman scheint es den meisten Leuten fern zu liegen, Müll in Mülleimer zu schmeißen, wenn man seinen Abfall doch praktischerweise einfach auf den Boden werfen kann. Dies ist der Fall, obwohl zumeist öffentliche Mülleimer vorhanden sind. Da allerdings im wohlhabenden Westamman meist Müllmänner beschäftigt sind, um den Müll aufzusammeln, häuft sich dieser nur in Ostamman. 

Der Umgang mit Tieren, den man in Jordanien mitbekommt, ist auch anders, als das, was ich in Deutschland gewöhnt bin. Es fängt an bei den Jungs im Internat, die gerne zu Steinen greifen, wenn sie Streuner auf dem Schulgelände sehen (aber nie treffen oder auch nur in die Nähe der Hunde kommen). 

Ein trauriges Bild bieten besonders Haustierläden. Von Wanderhändlern, die mit vielen Vögeln in winzigen Behältnissen durch die Innenstadt wandeln, zu den unzähligen Tierhändlern auf der Sha`ban 9 Str. beim „Ersten Circle“, bei denen ein großer Hund in einem kleinen Käfig, in dem weder sich bewegen, noch liegen, nicht stehen kann, keine Seltenheit ist. 

Schockierend ist auch der Umgang mit Tieren in Petra. Wadi Rum, wo die genutzten Kamele wahrscheinlich kein Lotterleben führen, erscheint als Paradies im Gegensatz zu den ausgepeitschten und geknechteten Dromedaren, Maultieren und Pferden in Petra, wo durch die Menge an Touristen, und fehlende Alternativen, die Auslastung der Tiere auch viel größer ist. Wenn Sie also in Petra sind, bewegen Sie sich bitte zu Fuß fort :)

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Dana im Schnee. War sehr kalt. (Foto: EMS/Schnaittacher)
Dana im Schnee. War sehr kalt. (Foto: EMS/Schnaittacher)
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Jordanien hat sehr viel Wüste, aber nur ein Wadi Rum! (Foto: EMS/Schnaittacher)
Jordanien hat sehr viel Wüste, aber nur ein Wadi Rum! (Foto: EMS/Schnaittacher)