Ankommen am anderen Ende der Welt...
Meine erste Woche auf Bali verging wie im Flug. Es gab so viele neue Eindrücke, die ich erst einmal verarbeiten musste. In der ersten Woche hatten die anderen Indonesienfreiwilligen Ida und Isabel zusammen mit mir ein Einführungsseminar in der Region Badung. Wir waren in einem kleinen Hotel untergebracht. Irene, die das Einführungsseminar geleitet hat, hat uns in den folgenden Tagen alles wichtige für unseren Start in Indonesien beigebracht. Als wir am Montag Abend müde und erschöpft vom Flug im Hotel ankamen, war schon Essen für uns gekauft worden. Es gab “Nasi Goreng” auf deutsch “frittierter Reis” ein sehr bekanntes indonesisches Gericht, das einfach und schnell zu kochen ist, aus gebratenem Reis mit Sojasauce, Chilli, Zwiebeln, Knoblauch, Frühlingszwiebeln und anderem Gemuese besteht und sehr lecker ist. Nach dem Abendessen bin ich ins Bett gefallen und konnte einfach nicht fassen, dass ich wirklich hier bin und schon meinen ersten Abend auf Bali verbracht habe, wo ich vorher noch nie Europa verlassen hatte.
Am Dienstag morgen haben wir Porridge mit Obst gefrühstückt. Es gab Bananen, Papaya und Drachenfrucht. Die Bananen und die Papaya haben viel süßer und intensiver als in Deutschland geschmeckt, Drachenfrucht war für mich neu und ich war erstaunt über die weiche Konsistenz - auch sehr lecker. Anschließend sind wir mit Irene in die Hauptstadt Denpasar gefahren um unsere neuen SIM-Karten zu kaufen, Geld abzuheben und unser endgültiges Visum von einer Behörde abzuholen. Bali zum ersten mal bei Tageslicht zu sehen war für mich sehr spannend. Auf dem Weg zur Stadt sind wir an großen Reisfeldern vorbeigefahren, von denen manche terassenartig angelegt sind und zwischen denen es keine Wege gibt. Insgesamt waren die Pflanzen in der Umgebung sehr intensiv grün und natürlich sind es ganz andere Arten als in Deutschland. Erstaunt habe ich festgestellt wie viele unterschiedliche Arten von Palmen es gibt. Außerdem ist mir aufgefallen, wieviel mehr Leute mit dem Roller unterwegs sind als in Deutschland. Alte Leute, junge Leute, Touristen, mehrere Leute zusammen auf einem Roller, Eltern mit ihren Kindern, Kinder ohne Eltern... es ist nicht übertrieben zu behaupten, dass auf Bali ab einem gewissen Alter jeder Roller fahren kann. Die restlichen Leute, die unterwegs waren fuhren Auto, Fußgänger gab es fast gar keine. Es gibt nur sehr schmale Bürgersteige zwischen den dicht aneinanderstehenden niedrigen Gebäuden und den engen Straßen. Das war für mich am Anfang hier die größte Herausforderung, weil man das in Europa ja überhaupt nicht gewohnt ist, zu einem nahen Ziel nicht hinlaufen zu können oder auch nicht wirklich Spaziergänge machen zu können. Das kann sich durchaus beklemmend anfühlen, aber zum Glück ist es in meiner Einsatzstelle in Bangli etwas besser.
Auf Bali gibt es keine Wolkenkratzer und generell nicht besonders viele hohe Gebäude, weil kein Gebäude den höchsten Tempel überragen darf, wie uns Irene erklärt hat. An den Straßenrändern gibt es viele indonesische Streetfoodläden (Warung) manchmal in Häusern mit Sitzgelegenheit und manchmal nur als kleine Wägen mit Dächern, wo man das Essen abholt und dann weitergeht. Überall liegen und laufen Hunde herum, leider sehen viele krank aus, etwas dass man von Deutschland aufjedenfall nicht gewohnt ist, so viele Hunde, die auf der Straße leben und sich von Abfällen ernähren. Leider liegt auch sehr viel Müll herum, der auch in Flüsse geworfen wird, da er nicht zuverlässig abgeholt und weg gebracht wird. Es ist für mich schwer mit anzusehen wie wenig Mitgefühl viele Menschen hier mit Tieren haben: Katzen die angeleint sind, Hühner und Schweine, die in der sengenden Hitze auf Ladeflächen von Autos transportiert werden in sehr engen Eisenkäfigen, bei denen selbst der Boden aus Metallstangen besteht und die übereinander gestapelt sind. Vögel, auch in sehr kleinen Eisenkäfigen die niemals frei sein dürfen und niemals fliegen können. Das sind einige der problematischen Seiten von Bali.
Es gibt viele indonesiche Mini-Supermärkte die Indomaret oder Alfamart heißen und in denen es Pflege-, Haushaltsprodukte und Lebensmittel zu kaufen gibt. Allerdings handelt es sich eher um Snacks und Fertigprodukte, viele Lebensmittel wie Beispielsweise Gemüse und Obst gibt es dort gar nicht. Das muss man entweder in größeren Supermärkten kaufen, von denen es hier nur wenige gibt, oder man geht zum Markt, wo die meisten Leute ihre Lebensmittel kaufen, die zubereitet oder gekocht werden müssen. Gemüse und Obst bekommt man auch oft von kleineren einzelnen Ständen am Straßenrand. Es gibt auch viele Stände, die indonesische Snacks verkaufen, wie kleine Rollen aus sticky Rice, gefüllt mit Kokosraspeln, Lebensmittelfarbe und sehr viel Zucker, oder Reisblüten mit Kokosraspeln überstreut und Zuckersirup im Inneren, oder gezuckertes Porridge aus buntem Reis.Es gibt kleine Kuchen und anderes Gebäck. Zudem liebt man hier frittierte Sachen und so gibt es frittierte Bananen, frittiertes Gemüse, frittierten Tofu, der gefüllt ist mit Glasnudeln und Sojasprossen und noch viel mehr, leckeres Zeug.
Am Mittwoch hatten wir bei einer Freundin von Irene ein wenig Sprachunterricht und sind anschließend auf dem Hotelgelände mit Irene Roller gefahren. Da wir Roller mit Automatikschaltung hatten, war es nicht allzu schwer.
Am Donnerstag haben wir ein Dorf in den Bergen im Norden von Bali besucht und wurden von den dortigen Landwirten zum Essen eingeladen. Es gab Kartoffeln und Süßkartoffeln mit Kokosraspeln überstreut. Ein Rezept mit langer Tradition in ihrer Familie, wie sie uns erzählten. Das Essen wurde auf Bananen- oder Maisblättern serviert, die in geflochtenen kleinen Körben lagen aus denen wir gegessen haben. Wie auch in Indien wird in Indonesien oft mit der rechten Hand gegessen. Zum Essen gab es selbst angebauten Biokaffee und Schwarztee beides stark gezuckert. Unsere Gastgeber haben sich sehr gefreut, dass wir ein wenig indonesisch mit ihnen sprechen konnten. Ich habe mich bei ihnen sehr willkommen gefühlt, und möchte an der Stelle die ausgesprochene Gastfreundschaft der Leute aus Bali betonen die ich bis jetzt erlebt habe und die keine Ausnahme ist. Die meisten Leute sind sehr offen und herzlich, freuen sich über Ausländer und waren interessiert mich kennenzulernen. Ich wurde oft über Deutschland gefragt zum Beispiel ob es dort kalt ist und Schnee gibt, aber auch, wie es mir in Indonesien gefällt, denn viele Leute sind stolz auf Indonesien. Viele Leute waren auch beeindruckt, als ich von meiner Arbeit hier erzählt habe. Ich habe auf Bali auch schon viele Leute getroffen die auf anderen Inseln Indonesiens geboren wurden und nach Bali gezogen sind und viele haben mir empfohlen die Städte aus denen sie kommen zu besuchen und Freunde und Bekannte genannt, die ich zu Rate ziehen könne wenn ich dort wäre. Auch in Bangli beim Skatepark habe ich Skater getroffen die aus einer anderen Region von Bali kommen und die mich eingeladen haben, mit ihnen nach dem Skaten noch im Park zu sitzen, mich mit ihnen zu unterhalten und mir angeboten haben ein Getränk aus ihrer Region zu probieren. Danach werden oft Bilder gemacht und ich wurde in ihr Dorf eingeladen. Man findet schnell neue Freunde, die Leute teilen gerne mit dir und freuen sich, dir ihre Heimat zu zeigen.
Zurück zu unserem Besuch im Dorf: nach dem wir gegessen haben, haben unsere Gastgeber uns ihren Hof gezeigt. Dort halten sie Schweine und Hühner und bauen Paprika, Chilli und Kaffee an. Zusätzlich stehen auf ihrem Gelände einige Avocadobäume. Danach sind sie mit uns zu einem nahen Wasserfall gefahren, wo man auch Baden konnte.
Am Freitag waren wir zusammen mit Irene auf dem Markt einkaufen wobei wir üben sollten auf Indonesisch Lebensmittel einzukaufen. Nach den Preisen zu fragen und die Preise zu verstehen erfordert am Anfang ein wenig Gewöhnung. In Indonesien bezahlt man mit indonesischen Rupien. Eine Million indonesische Rupien sind umgerechnet etwa 60 Euro. Als wir die Lebensmittel für das Mittagessen hatten, hat Irene uns Früchte vom Markt gekauft, die wir probieren sollten. Wir haben Schlangenfrucht und Mangostanfrucht mitgenommen. Zurück im Hotel haben wir mit Irene zusammen das Mittagessen zubereitet. Wir kochten zwei indonesische Gerichte: Perkedel Jagung (frittierte Maispuffer) und Sayur Lodeh (ein Curry aus Kokosmilch mit Tofu und Gemüse) außerdem machte Irene Bahan Ulek (eine scharfe Chillipaste aus Zutaten die mit einem Mörser zerstampft werden). In Indonesien gibt es eigentlich immer solche scharfe Pasten zum Essen, am besten bekannt als Sambal. Ich finde es ist eine sehr gute Lösung diese Pasten extra zuzubereiten anstatt die Chillis direkt in das Curry zu geben, dann kann jeder die Schärfe seines Essens für sich selbst bestimmen. Wir haben zusammen probiert und es schmeckte wirklich köstlich. Nach dem Essen hatten wir nocheinmal ein wenig Sprachunterricht und ein Übersichtsblatt mit wichtiger Grammatik bekommen. Anschließend sind wir wieder Roller gefahren und diesmal durfte ich sogar ein bisschen auf der Straße üben. Ich bin einem bekannten von Irene gefolgt und Irene ist direkt hinter mir gefahren. Ich war ziemlich aufgeregt, weil ich den Verkehr ja schon in den letzten Tagen beobachtet habe und mir alles schnell und chaotisch vorkam. Allerdings hat sich herausgestellt, dass es gar nicht so schlimm ist, wie es aussieht, wenn man selbst fährt. Es funktioniert ein bisschen wie skaten in einem vollen Park. Auf den ersten Blick sieht es chaotisch aus, aber es stößt trotzdem niemand zusammen, weil alle auf sich selbst achten und auch auf die anderen Rücksicht nehmen. Dazu können alle einschätzen wie schnell sie fahren koennen um die Abstände einzuhalten und niemanden umzufahren. Außerdem gibt es auf den Strassen ja Vorfahrtsregeln. Der Linksverkehr war gewöhnungsbedürftig für mich, aber da wir auf unserer Strecke nur nach links abgebogen sind hatte ich keine Schwierigkeiten.
Am Abend haben wir die Früchte ausprobiert, Mangostan ist eine rote runde Frucht mit dicker Schale und weißem Fruchtfleisch im Inneren. Ich finde sie ziemlich lecker. Schlangenfrucht hingegen ist nicht so mein Fall: das Fruchtfleisch ist auch weiß und schmeckt meiner Meinung nach wie die künstliche Geschmacksrichtung “grüner Apfel” mit einem Hauch von alten Socken. Die Schale allerdings ist faszinierend und sieht aus wie Schlangenhaut aus braunen Schuppen. Meinen letzten gemeinsamen Abend mit Isabel und Ida verbrachten wir mit Kartenspielen und reden, wir schickten auch eine Nachricht und Bilder an Moritz in Jordanien.
Am Samstag verabschiedete ich mich von Isabel und wir wurden in unsere Einsatzstellen gefahren, Isabel blieb in Badung und hatte nur eine Viertelstunde Fahrt vor sich und für mich ging es nach Bangli im Osten von Bali. Ida schlief noch, den sie musste erst später aufstehen um den Flieger nach Sulawesi zu nehmen, wo sie dann nach Rantepao in ihre Einsatzstelle gefahren wurde.
Auf meine Arbeit und meinen Alltag im Kinderheim in Bangli möchte ich im nächsten Blogeintrag eingehen. Bis bald und liebe Grüße aus Indonesien!
Euer Moritz
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