Weltweit erlebt
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14 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

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Dieses Schild habe ich in einem Zug gefunden. Es soll dazu anregen, Müll nicht aus dem Fenster zu werfen. Doch von den angesprochenen Mülleimern habe ich bis jetzt nur wenige gesehen. (Foto: EMS/Janke)
15. Februar 2017

Wohin mit dem Müll?

Paula J.

Paula J.

Indien
absolviert ihren Freiwilligendienst in einem Internat
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Meine Gedanken zu diesem Thema

Vor etwa einer Woche war ich mit meiner Mitfreiwilligen Annegret auf dem Erntedankfest meiner Gemeinde. Nach dem Essen waren wir wie üblich auf der Suche nach einem Ort, an dem wir den Plastikteller mit den Essenresten entsorgen können, als unser Blick auf eine große grüne Tonne fiel. Staunend sahen wir uns an, da stand doch tatsächlich eine Mülltonne. Jetzt wird sich wahrscheinlich jeder denken, was soll das denn für eine Geschichte sein, eine Mülltonne ist jetzt wirklich nichts besonderes. Doch - hier in Indien schon. Hier landet Abfall nicht etwa im Mülleimer, sondern auf der Straße. Ob bei mir im Hostel, im Zug oder auf der Straße, der Müll ist allgegenwärtig. Hier ein achtlos weggeworfenes Bonbonpapier, da die Verpackung von der Waschseife, auf der anderen Straßenseite liegen ein paar alte Flipflops im Dreck.

Wenn ich Müll sage, meine ich im größten Sinne Plastik. Indien ist ein riesiger Plastikverbraucher. Möchte man auf der Straße ein paar Bananen kaufen, bekommt man sie in einem Plastiksack, Snacks gibt es in kleinen, portionierten Plastikverpackungen und auch Hygieneprodukte wie Shampoo und Duschgel gibt es genau abgepackt, sodass man nach jeder Haarwäsche die Plastikverpackung schön auf den Boden werfen kann. Das Hauptproblem: der Umgang mit dem Müll. Alles wird einfach auf den Boden geworfen, von Mülleimern keine Spur. Kauft man sich zum Beispiel an einem kleinen Shop ein Eis, wird die Verpackung einfach mitten auf der Straße auf den Boden geworfen, dasselbe geschieht mit ausgetrunkenen Plastikflaschen und Bananenschalen. Im Zug werden nach dem Essen die Reste sowie die Verpackung (Plastik!) durch das offene Fenster entsorgt. Und auf öffentlichen Feiern wie eben einem Kirchenfest, sammelt sich der Müll, bestehend aus Plastiktellern und -bechern, in einer Ecke, sehr zur Freude der Hunde und Schweine...

Doch bringt es etwas den Müll mit nach Hause zu nehmen? Mülleimer sind in der Öffentlichkeit meist nicht zu finden, also müsste ich alles mit in mein Zimmer nehmen. Und dann? Ist mein Mülleimer voll (von Mülltrennung will ich erst gar nicht anfangen), dann gehe ich hinter das Hostel und schütte alles auf eine "Müllhalde" hinter einem Zaun. So etwas wie eine Müllabfuhr oder Mülldeponie gibt es nämlich nicht. Mein Müll liegt dort dann, wird von Schweinen und anderen Tieren durchwühlt und irgendwann dann verbrannt. Ohne Rücksicht auf die Umwelt. Ständig steigt in der Umgebung des Hostels schwarzer Rauch auf, gesund für uns Menschen, die Tiere und Pflanzen kann das wohl nicht sein. Doch bin ich überhaupt dazu befugt, über dieses Thema zu urteilen?

Wir in Deutschland sind in der privilegierten Lage, uns über so etwas wie Müll Gedanken machen zu können. Aber haben die meisten Menschen hier in Indien nicht viel andere, wichtigere Probleme? Genügend zu Essen, ein Dach über dem Kopf und eine gesunde Familie. Ist es nicht das, was primär wichtig ist? Und wie kann man diese Problem ohne eine Institution wie die Müllabfuhr lösen? Was würden wir in Deutschland machen, wenn die Müllabfuhr plötzlich nicht mehr kommen würde? Klar, Müllberge an jeder Straßenecke sind nicht gerade ästhetisch, aber auch das würde dann wahrscheinlich passieren. Gerade in Indien wird mir bewusst, wie glücklich wir uns schätzen können. Aber auch, was für ein Müllproduzent jeder Einzelne von uns ist. Das ist hier nicht anders wie in Deutschland.

Deswegen: es muss etwas getan werden. Nicht nur in Indien. Sondern weltweit. Auch in Deutschland. Und in Indien geschieht etwas. 2014 hat der derzeitige Premierminister Narendra Modi eine Kampagne ins Leben gerufen. Die Mission "Sauberes Indien" soll bis 2019 (150. Geburtstag von Mahatma Gandhi) dafür sorgen, Probleme wie den Müll und den Mangel an sanitären Einrichtungen zu verbessern, sowie das Land von Schmutz zu befreien. Ob alle 1.25 Milliarden Menschen von dieser Aktion wissen, und sich deshalb viel bewegt, das bezweifle ich. Aber irgendwo muss man ja mal anfangen. Wie man sieht hat sich schon etwas getan. Immerhin gab es eine Mülltonne auf dem Kirchenfest. Das ist schonmal ein Anfang. Und es ist ja schließlich auch erst 2017. :)

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Auf dem Berg vor den Häusern kann man aus dem Zug geworfenen Müll erkennen. (Foto:EMS/Janke)