Weltweit erlebt
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14 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

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Müde, aber glücklich am Ziel (Foto: EMS/Sandherr)
Müde, aber glücklich am Ziel (Foto: EMS/Sandherr)
01. November 2017

Der Weg ist das Ziel

Miriam

Miriam

Ghana
wirkt am Presbyterian University College mit
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Mittlerweile bin ich schon ein bisschen in Ghana herumgekommen. So war ich bereits zweimal in Abetifi für die 'Graduation', also die Abschlusszeremonie der Studenten, in der Hauptstadt Accra und in der zweitgrößten Stadt Ghanas, Kumasi. Ich möchte aber gar nicht von meinen Reisezielen, sondern viel mehr von den Wegen dorthin berichten. Als Beispiel nehme ich die Fahrt nach Kumasi, weil sie auch für mich die erste weitere Reise alleine (bzw. mit Lena) war.

In Ghana gibt es kein vergleichbares öffentliches Verkehrssystem wie in Deutschland. In den Großstädten kann man zwischen sogenannten Trotros (vergleichbar mit Minibussen) und Taxis wählen. Bei mir in Agogo fahren allerdings nur Taxis. 
Vor dem Krankenhaus in Agogo liegt die Trotro-Station. Die meisten Trotros fahren in Richtung Konongo, die nächste größere Stadt. Dort führt eine große Straße entlang, die die großen Städte miteinander verbindet. Man kann zum Beispiel von Konongo direkt nach Kumasi oder Accra (Ghanas Hauptstadt) fahren.

Kumasi, wir kommen

Bepackt mit unseren Rucksäcken war es natürlich unschwer zu erkennen, dass wir eine Reise planten. Bereits als Lena und ich aus dem Krankenhausgelände traten, lief ein sogenannter Mate (die Mates sammeln im Trotro das Geld ein und schreien aus den Fenstern das Fahrtziel des Trotros) auf uns zu und zerrte uns lediglich in das Trotro. Wir waren die ersten Passagiere.

Trotros

Für Trotros gibt es keine festen Abfahrtszeiten. Ein Trotro fährt los, wenn es voll ist. Und mit voll meine ich voll: Jeder mögliche Platz wird ausgenutzt. Während wir auf mehrere Mitfahrer warteten, lehnten wir die Heiratsanträge der Fahrer ab. Nach ungefähr einer halben Stunde ging es los. Während der Fahrt hat der Mate sich aus dem Fenster gelehnt oder die Tür gar nicht zugemacht und weitere Mitfahrer aufgegabelt, indem er das Fahrtziel lautstark verbreitete. Wir haben für die eigentliche Fahrtzeit von 20-30 Minuten also ungefähr 1,5 Stunden gebraucht, weil wir ziemlich oft angehalten haben.

Frei und glücklich

Aber: Die Fahrt war wunderschön, durch grüne Palmenwälder und diverse Dörfer. Es gibt immer so viel zu gucken. Ich erinnere mich noch ganz genau, wie ich eingequetscht zwischen Lena und dem Fenster saß, mein Rucksack auf dem Schoß und ein absolutes Gluecksgefuehl verspuerte. Der Fahrtwind wehte angenehm durch meine Haare und ich fühlte mich vollkommen frei. Dazu mischte sich ein Gefühl von Dankbarkeit, dass ich hier sein darf und diese für mich zu großen Teilen unbekannte Welt erforschen und erleben darf. Ich will hier jetzt nicht zu kitschig und sentimental werden. Ich war außerdem ziemlich müde und bin fast eingeschlafen. Doch aufgrund der zu großen Teilen ungeteerten Straße und den vielen Schlag- bzw. Schlammlöchern war das unmöglich.

In Konongo sind die meisten Leute aus- bzw. umgestiegen. Hier kam es mir schon sehr viel voller und stressiger vor als in Agogo. Junge Männer - die Mates -  stürmten auf uns zu und verkündeten lautstark ihre Fahrtziele. Auch sonst war die Straße gefüllt mit allen möglichen Waren, Verkäufern und Reisenden. Wir stiegen gleich in ein größeres, aber noch engeres Trotro nach Kumasi. Dieses war vergleichsweise relativ schnell voll und deswegen hieß es bereits nach kurzer Zeit: Los geht's. 
Die Straße nach Kumasi ist viel größer und fast nahezu durchgehend geteert. Meine Umgebung fesselte mich erneut die ganze Fahrt. Nach ungefähr einer Stunde erreichten wir einen Markt von dem ich dachte, dass es schon der Central Market (der größte in ganz Westafrika) sei. Der Markt war allerdings nur ein kleiner in einem Vorort.

Meine Sitznachbarin im Trotro erfreute sich sehr an meinen begeisterten und neugierigen Blicken. Wie viele Ghanaer, beteuerte sie immer wieder, dass Ghana ein freies und wunderschönes Land sei.

Die Großstadt Kumasi

An der Universität von Kumasi sind wir umgestiegen. Die riesige Trotro Station überforderte Lena und mich ein bisschen. Das Gedränge, die Hitze und dann noch der Fakt, weiß zu sein, war in dem Moment einfach zu viel. Möglichst schnell suchten wir das nächste Trotro. Nach erneutem Umsteigen erreichten wir dann schließlich auf sehr holprigen Wegen und nach einer gefühlten Ewigkeit unser Ziel, Jacobs Einsatzstelle.

Zeit

Man kann hier niemals genau sagen, wann man an seinem Reiseziel ankommen wird. Das hat natürlich seine Nachteile, im Arbeitsalltag zum Beispiel, wenn man ein wichtiges Meeting hat und eigentlich pünktlich sein sollte. Aber deswegen ist das Zeitgefühl hier komplett anders. Für mich persönlich stellt das eine große Umgewöhnung dar. Langsam, aber sicher passe ich mich jedoch den ghanaischen Gewohnheiten an und versuche nicht zu viel vorauszuplanen und nehme mir Zeit für jede Begegnung und die vielen Gespräche auf der Straße oder bei der Arbeit.

Ich freue mich riesig auf die nächste Trotro-Fahrt nach Kumasi, die schon morgen stattfinden wird. Wieder ein neues Abenteuer, neue Menschen und viiiieeel zu sehen.

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Blick aus dem Trotro (Foto: EMS/Sandherr)
Blick aus dem Trotro (Foto: EMS/Sandherr)
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Trotro-Station in Kumasi (Foto: EMS/Sandherr)
Trotro-Station in Kumasi (Foto: EMS/Sandherr)